Geständnis überrascht

15 Jahre Haft für Mordauftrag: „Totaler Blödsinn“

Niederösterreich
21.11.2023 19:12

Es sei alles nur ein Spiel gewesen, beteuert ein Niederösterreicher im Landesgericht Wiener Neustadt. Gemeint ist das Anheuern eines Auftragskillers für seine Ex. Knalleffekt: Am Ende bricht die Fassade und er liefert doch noch ein Geständnis - 15 Jahre Haft!

„Andere gehen Boxen, ins Fitnessstudio oder laufen eine Runde als Ventil“, merkt die vorsitzende Richterin an. Denn um seine Wut gegenüber seine Ex-Lebensgefährtin abzubauen, wählte ein 53-Jähriger keine sportliche Aktivität. Er schrieb wochenlang Nachrichten auf einer Auftragskiller-Plattform hin und her - plante den Mord an der Mutter seines Sohnes. 

„Das ist doch nur eine Fantasie“
Der erfolgreiche Geschäftsführer übermittelte Name, Adresse, Bilder und auch einen konkreten Zeitraum an den vermeintlichen „Hitman“. Es sollte aussehen wie ein Unfall, seine Ex solle von einem Auto überfahren werden. 10.000 US-Dollar zahlte der Niederösterreicher auf der Plattform. Doch ernst habe er das nie gemeint. 

„Es war ein Ventil. Ein Sandsack wäre besser gewesen und sinnvoller. Mir ging es darum, dadurch entlastet zu sein und dadurch besser für meinen Sohn da zu sein. Das ist doch nur eine Fantasie, wo ich mich hinsetzen kann und mir alles Mögliche ausmalen kann“, versucht der Angeklagte dem Schwurgericht in Wiener Neustadt zu erklären. „Also ist es für Sie ein Spiel?“, hakt der Staatsanwalt nach. „Natürlich war es ein Spiel“, entgegnet der 53-Jährige, ohne zu zögern.

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Mein Mandant ist nicht davon ausgegangen, dass das tatsächlich durchgeführt wird. Er hat deppert herumgeschrieben. Er hat sich eines blöden Spieles bedient.

Anwalt Manfred Arbacher-Stöger verteidigt zusammen mit Anwalt Rudolf Mayer.

Denn ihm sei schon von Anfang an klar gewesen, dass die Website „Online Killer Market“ im Darknet eine Betrüger-Plattform war. Er hätte gesehen, dass auch ein Mord an Putin aufgetragen werden kann - um läppische 20.000 Dollar. Da sei dem Geschäftsführer klar gewesen: Das ist nicht echt.

Obsorgestreit als Hintergrund der Anklage
Also habe er einen falschen Auftrag für einen Mord an seiner Ex-Lebensgefährtin erteilt. Denn 2018 trennte sich das Paar - der Sohn war damals zwei Jahre alt. „Seit der Trennung wird zwischen den beiden ein Obsorge- und Kontaktstreit geführt“, gibt der Staatsanwalt Hintergründe. „Man hat sich einfach gehasst in dieser Zeit?“, will die Richterin wissen. Ruhig stellt der Angeklagte klar: „Ich war enttäuscht und gekränkt. Aber Hass wäre das falsche Wort. Vielleicht zornig, aber kein Hass.“

Als unauffällig bezeichnet die Gutachterin Sigrun Roßmanith den Niederösterreicher. Die größte Besonderheit: „Er ist hochbegabt. Er hat einen sehr, sehr hohen IQ.“ Zurechnungsfähig wäre er auf jeden Fall gewesen.

Plötzliches Geständnis nimmt Geschworenen Arbeit ab
Und dann die Überraschung gegen Ende des Prozesses: Der 53-Jährige gesteht, ernsthafte Mordabsichten gegenüber seiner Ex-Lebensgefährtin gehabt zu haben - er hätte versucht einen Killer engagieren. „Es war ein totaler Blödsinn“, ändert er seine Verantwortung.

Die Entscheidung fällt den Geschworenen also nicht schwer: Sie sprechen den Angeklagten schuldig der versuchten Bestimmung zum Mord. Der Geschäftsführer muss nun nicht rechtskräftig 15 Jahre in Haft. Der letztlich geständige Angeklagte nimmt das Urteil an, die Staatsanwaltschaft überlegt noch. Seiner Ex-Lebensgefährtin muss er außerdem fast 29.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Ähnlicher Fall in Graz
Erst vor ein paar Tagen wurde am Grazer Landesgericht ein ähnlicher Fall verhandelt: Ein 33-jähriger Wiener versuchte im Darknet einen sogenannten „Hitman“ für seine Ex anzuheuern. Zu einer Bluttat kam es nicht, er fiel auf einen Betrüger herein. Der IT-Techniker wurde nicht rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft wegen versuchter Bestimmung zum Mord verurteilt.

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