12 Jahre Haft

Sorgerechtsstreit endete mit einem Auftragskiller

Gericht
17.11.2023 14:36

Er hätte Angst um das Leben seines Sohnes gehabt - deswegen soll ein Wiener IT-Techniker einen „Hitman“ für seine Ex-Frau angeheuert haben. „Ich hab sofort geschrieben, dass ich den Auftrag widerrufe“, schwört er vor dem Grazer Landesgericht. Das glauben ihm die Geschworenen aber nicht.

„Jason Dark“ nannte sich der Angeklagte im Darknet, als er für seine Ex-Frau einen Auftragskiller suchte, letztlich auch bestellte. Von diesem filmreifen, bedrohlich wirkenden Namen ist vor Gericht in Graz aber nicht mehr viel übrig. Mit gesenktem Kopf, hängen Schultern und weinerlich sitzt der 33-Jährige auf der Anklagebank. 

Immer wieder bricht seine Stimme, als er unaufhörlich sagt: „Ich hatte Angst um das Leben meines Sohns.“ Denn der mittlerweile 4-jährige Bub stand im Mittelpunkt eines „massiven Obsorgestreits“, so die Staatsanwältin.

Geburt des Sohnes brachte Probleme in der Ehe
2018 lernte der Wiener die spätere Mutter seines Kindes im Internet kennen - sie kommt aus Brasilien. Schnell wird geheiratet, neun Monate später kommt der gemeinsame Sohn zur Welt. „Mit dem Kind hat sich das Verhältnis der Eltern zunehmend verschlechtert“, schildert die Anklägerin. Das Ehepaar ließ sich scheiden, der 33-Jährige zog zurück zu seinen Eltern in die Steiermark. 

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Das Opfer sollte möglichst qualvoll umgebracht werden: Es soll der Kopf abgeschnitten werden und das innerhalb von einer Woche. Das soll mit Fotos dokumentiert und diese als Beweis übermittelt werden.

Staatsanwältin gibt die Forderungen von „Jason Dark“ wieder

„Dieser Obsorgestreit war das Motiv für den Hass des Angeklagten gegenüber seiner Ex-Frau“, beginnt die Staatsanwältin ihre Schilderungen des geplanten Auftragsmordes. Tagelang habe der Mann mit einem vermeintlichen „Hitman“ korrespondiert. Die Chat-Nachrichten, die das FBI den österreichischen Behörden zukommen hat lassen, sind erschreckend: „Das Opfer sollte möglichst qualvoll umgebracht werden. Es soll der Kopf abgeschnitten werden und das innerhalb von einer Woche. Das soll mit Fotos dokumentiert und diese als Beweis übermittelt werden“, fasst die Anklägerin zusammen.

„Hitman“ entpuppte sich als Betrug
Dafür habe der IT-Techniker 6000 Euro in einer Kryptowährung überwiesen. Damit nicht genug, hätte er auch versucht eine Waffe mit Schalldämpfer zu kaufen, sich in Folge selbst als Auftragskiller angeboten. Zu einem Mord kam es aber nicht - das Angebot im Darknet entpuppte sich als Betrug. 

„Es ist richtig, er hat das zu einem gewissen Zeitpunkt gemacht und das auch gewollt“, räumt Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger ein. Nur einen wesentlichen Punkt hätte die Staatsanwaltschaft außen vor gelassen - sein Mandant pfiff sofort am nächsten Tag den bestellten Killer zurück: „Er hat nicht schlafen können und er hat dann den Auftrag zurückgezogen.“ Warum das nicht in den Chat-Nachrichten zu finden ist? Bei den Protokollen handle es sich um Fragmente, dass bestätigt sogar das FBI, führt Arbacher-Stöger aus. Die fehlenden Teile der Korrespondenz ließen sich nicht mehr rekonstruieren. 

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In dem Fall zahlt es sich aus zu kämpfen, weil da jemand sitzt, der eigentlich nicht hier sitzen sollte.

Anwalt Manfred Arbacher-Stöger fordert einen Freispruch wegen des Rücktritts vom Versuch.

Auch der 33-Jährige selbst erinnert sich mit zitternder Stimme: „In der Nacht als ich zugestimmt hab, hab ich nicht mehr schlafen können. Ich hab mir die ganze Zeit gedacht, das ist nicht richtig, das kann ich nicht machen. Am nächsten Tag hab‘ ich sofort geschrieben, dass ich den Auftrag widerrufe. Dass das ein Fehler ist. Der soll das nicht machen, ich wollte eigentlich nur, dass mein Sohn in Sicherheit ist.“

Mit kleinem Sohn nach Paraguay geflüchtet
Denn genau da hatte er Bedenken im Hinblick auf die Mutter des kleinen Buben. „Es war so, dass fast ausschließlich ich mich um meinen Sohn gekümmert habe.“ - schon kurz nach der Geburt wäre seine Ex-Frau übergriffig geworden, hätte dem Kind Mund und Nase zugehalten, wenn es weinte. „Immer wenn ich ihn gesehen habe, hat er ‘Papa, Papa‘ gerufen - eigentlich geweint. Ich hab einfach riesige Angst um sein Leben gehabt und deswegen bin ich mit ihm nach Paraguay.“ Dort lebte der Wiener ein dreiviertel Jahr mit seinem Sohn. Ein Verfahren wegen Kindesentziehung gegen ihn wurde jedoch eingestellt.

Auf die Ladung des Opfers wird in der Verhandlung verzichtet. Die Frau lebt mit dem Sohn seit einiger Zeit in Südamerika. Es sei ohnehin nicht davon auszugehen, dass sie vor Gericht erscheinen werde. 

„War in psychischer Ausnahmesituation“
Der Richter in Graz stellt dem besorgten Vater eine Frage, die ihn in Tränen ausbrechen lässt: „Wie geht es Ihnen damit, dass ihr Kind in der Gewissheit aufwächst, dass sein Vater seine Mutter umbringen wollte?“ - „Es tut mir von ganzem Herzen leid. Ich war in einer psychischen Ausnahmesituation“, schluchzt der Angeklagte. Betont aber wieder, dass er von dem Auftrag zurückgetreten wäre. 

Das sieht die Staatsanwältin aber auch am Ende des Prozesses anders: „Hat er die Polizei gewarnt? Nein, hat er nicht. Hat er das Opfer gewarnt? Nein, hat er nicht. Er ist nicht zurückgetreten. Er hat nicht alles getan, um die Durchführung des Mordes zu verhindern. Zeigen Sie ihm und allen anderen, dass ein Auftrag zum Mord kein Kavaliersdelikt ist!“, fordert sie die Geschworenen auf.

12 Jahre Haft wegen verstuchter Bestimmung zum Mord
Und dem folgen die Laienrichter auch einstimmig und sprechen den Wiener der versuchten Anstiftung zum Mord schuldig. Dafür muss er nun 12 Jahre in Haft. Zwar sei der Angeklagte unbescholten, die Begehung im engen Familienkreis komme aber erschwerend dazu. Das Urteil ist nicht rechtskräftig: Verteidiger Die Staatsanwaltschaft meldet Strafberufung an - 12 Jahre sei zu wenig.

Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger nimmt drei Tage Bedenkzeit. Gegenüber der „Krone“ kritisiert er: „Aus meiner Sicht haben sich die Geschworenen nicht ausreichend mit dem Rücktritt auseinander gesetzt.“

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