„Vorarlberg Kodex“

Wenn sich ein Wahlkampfgag verselbstständigt…

Vorarlberg
09.11.2023 06:25

Der „Vorarlberg Kodex“, der u. a. Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten soll, ist in aller Munde. Nun soll daraus sogar ein „Österreich Kodex“ werden. Das Problem: Es gibt nichts, was man kopieren könnte.

In Vorarlberg gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: Wenn es etwas vermeintlich Wichtiges zu verlautbaren gibt, dann macht das der Landeshauptmann höchstselbst.

Nach diesem Kriterium war die Vorstellung des „Vorarlberg Kodex“ für Asylwerber in der vergangenen Woche kein sonderlich bedeutender Anlass: Bei der diesbezüglichen PK waren „nur“ ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück und der für Integrationsfragen zuständige Landesrat Christian Gantner zugegen, von Markus Wallner jedoch keine Spur. Und das aus gutem Grund: Denn die PK war im Prinzip eine Parteiveranstaltung der ÖVP, bei welcher ein paar Überschriften zum „Kodex“ hochgejazzt wurden. Gibt es diesen Kodex überhaupt in schriftlicher Form? Nein! Wurden im Vorfeld die rechtlichen Fragen geklärt, etwa, ob es überhaupt zulässig ist, Asylwerber zur gemeinnützigen Arbeit zu verpflichten? Nein! Hat man sich mit dem grünen Koalitionspartner abgesprochen? Nein!

Das, was Frühstück und Gantner einen „Kodex“ nannten, ist also bestenfalls eine Absichtserklärung, künftig Asylwerber stärker in die Pflicht zu nehmen, sofern dies gesetzlich überhaupt möglich ist.

Vom Erfolg des eigenen „Produkts“ überrascht
Vor allem aber wollte die Vorarlberger ÖVP ein Jahr vor der Landtagswahl ein klares Signal und Richtung FPÖ setzen und hat daher kurz einmal den rechten Blinker aktiviert. Die Botschaft: Wer will, dass es eine härtere Linie gegen Asylwerber gefahren wird, braucht nicht die Freiheitlichen zu wählen.

Allerdings haben die Ländle-Schwarzen nicht damit gerechnet, dass die Thematik umgehend von überregionalen Medien aufgegriffen wurde. Selbst Wallner zeigt sich überrascht darüber, dass der „Vorarlberg Kodex“ derart hohe Wellen schlägt. Und er wirkt auch ein wenig peinlich berührt, wenn er nun Sätze wie diese herauspressen muss: „Die Details müssen erst noch erarbeitet werden - in ein paar Wochen kommt ein Vorschlag von uns“, „Ob Asylwerber zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden können, muss das Innenministerium abklären“. 

Zitat Icon

Die Details müssen erst noch erarbeitet werden - in ein paar Wochen kommt ein Vorschlag von uns. Ob Asylwerber zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden können, muss das Innenministerium abklären

Landeshauptmann Markus Wallner

Und plötzlich ist die ÖVP in der Bringschuld
Dass sich der „Vorarlberg Kodex“ so verselbstständigt hat, ist nicht zuletzt ein Lehrstück darüber, wie in Österreich Politik funktioniert: Da reichen oft schon ein paar Überschriften - und das Heer der Ahnungslosen setzt sich in Bewegung. Die Pointe: Jetzt muss die ÖVP tatsächlich liefern - und zwar einen „Österreich Kodex“.

Ansonsten geht der Schuss nämlich nach hinten los. Und das alles nur, weil sich ganz im Westen ein paar ÖVP-Politiker eingeredet haben, sie müssten jetzt in Sachen Asylpolitik ein wenig im Revier der FPÖ wildern und zudem einer den Geistesblitz hatte, ein loses Konstrukt an Gedankenfetzen gleich zum „Kodex“ zu erhöhen… 

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