„Genieren Sie sich!“

Familienclan angeklagt: Betagte Frauen bestohlen

Gericht
11.10.2023 15:02

In Wien muss eine ganze Familie vor Gericht Platz nehmen. Ihnen sind besonders betagte Frauen zum Opfer gefallen: „Sie sind hilfsbereit“, beschreibt die Staatsanwältin. Die Serben spielten eine Notsituation vor, räumten den Opfern dann die Wohnung leer. „Ich hoffe, dass Sie sich genieren!“, ruft die Enkelin eines Opfers den Angeklagten entgegen.

Die Anklagebank im Saal 16 des Wiener Landesgerichts ist voll besetzt: „Es ist ein Familienclan mit einer Vorgehensweise, die an Dreistigkeit nicht zu überbieten ist“, beschreibt die Staatsanwältin die acht Angeklagten, die alle den gleichen Nachnamen tragen - vier Männer und vier Frauen. Mit Tricks verschafften sich die Serben Zugang zu Wohnungen - besonders von alten Damen.

Gold und Schmuck fehlten nach Einladung zum Tee
„Bei mir hat es geläutet. Jemand hätte seinen Schlüssel vergessen“, schildert eine bereits 90-Jährige als Zeugin. „Ich kann eine arme Schwangere doch nicht im Regen sitzen lassen.“ Also lud sie zwei Angeklagte zum Tee ein - als sie gingen, waren Gold und Schmuck weg. Insgesamt betrage ihr Schaden 22.770 Euro. Was für die Wienerin aber wirklich zählt: „Das Geld ist mir wurscht. Ich möchte meinen Schmuck zurück. Damit sind viele Erinnerungen verbunden.“

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Ich hoffe, dass Sie sich wenigstens ein bisschen genieren für das, was Sie Leuten antun.

Die Enkelin eines betagten Opfers (80)

Ein 80-jähriges Opfer schleppt sich mithilfe eines Rollators in den Zeugenstand. Ihr erging es ganz ähnlich: „Eine Frau ist gekommen und hat gefragt, ob sie hereinkommen kann und sich wärmen. Draußen sei es kalt.“ Die betagte Frau bot ihr Getränke und Essen an. Auch ihr fehlte danach Geld. „Ich hoffe, dass Sie sich wenigstens ein bisschen genieren für das, was Sie Leuten antun“, faucht ihre Enkelin den acht Angeklagten entgegen, bevor sie ihrer Oma wieder aus dem Verhandlungssaal hilft.

Schlüsseltresore an Eingangstüren aufgebrochen
Es sind nur zwei von vielen Opfern, die im Prozess in Wien aussagen können - manche sind nämlich bereits verstorben. Die angeklagten Taten liegen bereits drei Jahre zurück. Abgesehen vom Vorspielen einer Notsituation operierte der Familienclan nach einer weiteren Vorgehensweise: Aufbrechen von Schlüsseltresore an Eingangstüren. Dann räumten sie die Wohnungen leer.

Während die Staatsanwältin von objektivierten Beweisen spricht - DNA-Treffer, Wiedererkennung durch Opfer, Telefonauswertungen -, sehen das die Verteidiger Peter Philipp und Alexander Philipp anders: „Es gibt nicht nur diese eine Tätergruppe. Da gibt es zehn, 50, ja sogar 100.“ Man könne nicht alle Einbruchsdiebstähle dem Familienclan zuordnen.

Doch zumindest ein Teil war für den Schöffensenat beweisbar: Drei der Angeklagten werden freigesprochen, „es fehlt an Substrat“. Fünf Familienmitglieder fassen wegen unter anderem Einbruchsdiebstahls und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung elf Monate bedingt bis 24 Monate teilbedingt aus. Außerdem müssen sie den Schaden bei den Opfern wiedergutmachen. Die Urteile und die Freisprüche sind nicht rechtskräftig.

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