Telekom-U-Ausschuss

Wirbel um Absage eines Zeugen – Vorführung droht

Österreich
26.01.2012 15:21
Der U-Ausschuss zu diversen Korruptionsaffären hat gleich am ersten Tag der Zeugenbefragungen zu drastischen Mitteln gegriffen: Weil Telekom-Regulator Georg Serentschy, der erste Zeuge zur Causa Telekom, nicht erschien, wurden am Donnerstagvormittag in einer nicht öffentlichen Sitzung ein Antrag auf eine Ordnungsstrafe und eine neuerliche Ladung beschlossen, wie die Vorsitzende Gabriela Moser (im Bild) von den Grünen mitteilte.

Serentschy habe sich am Mittwoch mit der Frage an sie und Verfahrensanwalt Klaus Hoffmann gewandt, ob er am Donnerstag erscheinen müsse, und die Antwort sei gewesen, dass eine Anwesenheit erforderlich sei, so Moser. Er könne lediglich bei der einen oder anderen Frage Gründe darlegen, warum er sich der Antwort entschlägt.

Serentschy sei über die Rechtslage belehrt worden und am Donnerstag trotzdem nicht erschienen. Deshalb habe man beim Bezirksgericht Innere Stadt die Verhängung einer "angemessenen Ordnungsstrafe" (eine Geldstrafe, Anm.) beantragt. Weiters beschlossen wurde Serentschys neuerliche Ladung für die Ausschusssitzung am 31. Jänner um 9 Uhr unter Androhung der polizeilichen Vorführung bei neuerlichem Nichterscheinen.

"Natürlich hat Serentschy durch sein gesetzwidriges Verhalten jetzt die Möglichkeit, sich mit anderen Beschuldigten abzubesprechen", kommentierte Grünen-Mandatar Peter Pilz später in seinem Blog das Fernbleiben.

"Stehe später auf jeden Fall zur Verfügung"
In einer Aussendung betonte der Chef der Regulierungsbehörde RTR, er wolle sich lediglich über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informieren, um sein Recht auf ein faires Verfahren zu wahren. Er habe den Ausschuss ersucht, die Befragung zu verschieben, da er erst vor 24 Stunden Kenntnis davon erlangt habe, dass er zum selben Gegenstand, der im parlamentarischen Untersuchungsausschuss behandelt wird, von der Staatsanwaltschaft seit mindestens zehn Monaten wegen einer anonymen Anzeige als Beschuldigter geführt wird.

Bei einer späteren Einvernahme werde er dem U-Ausschuss "auf jeden Fall" zur Verfügung stehen. Seine Kooperationsbereitschaft zeige sich auch darin, dass die von ihm geleitete Behörde RTR-GmbH dem U-Ausschuss 15.000 Seiten Akten zur Verfügung gestellt habe.

Als Leiter der RTR ist Serentschy indirekt Hüter über die Telefonietarife in Österreich. Denn seine Behörde regelt - wenn sich die Betreiber nicht selbst einig werden, was meist der Fall ist -, welche Zusammenschaltungsentgelte sich die Netzanbieter untereinander verrechnen, wenn ein Anruf von einem Netz ins Netz des Mitbewerbers übergeben wird. Und sie regelt auch, wie viel sich die Anbieter beim Universaldienst gegenseitig abknöpfen. Genau dieser Dienst ist es, der Serentschy ins Visier der Justiz brachte.

Ministerialrätin: "Habe Telekom-Entwurf eingearbeitet"
Pünktlich anwesend war dann die für die Ausarbeitung der Universaldienstverordnung zuständige leitende Beamtin in der Fernmeldebehörde, Ministerialrätin Eva-Maria Weissenburger. Sie sagte aus, von ihrem Vorgesetzen Christian Singer (Leiter Abteilung II Fernmeldebehörde) den Hinweis bekommen zu haben, den 2006 von der Telekom Austria vorgelegten Entwurf zur Novellierung der Universaldienstverordnung zu übernehmen. Insgesamt sei die Novellierung auf eine Vorlage der Telekom zurückzuführen (siehe Infobox). Druck aus dem Kabinett des damaligen Verkehrsministers Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) sei ihr keiner bekannt, so die Ministerialrätin.

Antrag bezüglich einer Vollständigkeitserklärung beschlossen
Im weiteren Verlauf der Sitzung beschloss der Ausschuss einen Antrag bezüglich einer Vollständigkeitserklärung von übermittelten Akten. Darin werden das Innen-, Justiz-, Finanz- und Verkehrsministerium aufgefordert anzugeben, ob die übermittelten Akten zu den ersten beiden Beweisthemen vollständig sind bzw. wann mit der vollständigen Übermittlung zu rechnen sei. Dies wertete Moser als "eindeutiges Signal". Man akzeptiere den Status der Übermittlung nur dann, wenn Begründungen vorliegen, warum Akten nicht da seien.

Erst am Mittwoch hatte es wieder eine Debatte über die schleppende Übermittlung von Akten gegeben. Moser wartete eigenen Angaben zufolge noch am Vormittag auf Akten aus dem Innenministerium. BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner warf der ÖVP vor, Akten zurückzuhalten: "Es werden alle jene Akten zurückgehalten, wo wir Hinweise und Verdachtslagen auf massive ÖVP-Malversationen haben." Am Nachmittag seien dann doch noch heiß ersehnte Akten eingelangt, die inhaltlich auch Auskunftspersonen betreffen, die für die Sitzung am Donnerstag geladen waren.

Innenministerium wies Vorwürfe zurück
Im Innenministerium wurde der Vorwurf der mangelhaften Aktenlieferung zurückgewiesen. "Das Ministerium hat alle Akten übermittelt", unterstrich ein Ressortsprecher. Konkret habe man die Unterlagen an die Staatsanwaltschaft geschickt, denn Informationen aus "Ermittlungsakten mit kriminalpolizeilichen Bezug" würden über die Behörde weiter an den Ausschuss gehen - und nicht direkt.

Genau das stieß Moser aber auf. "Wir untersuchen ja nicht kriminalistisch, wir untersuchen politisch", betonte sie. Man habe Unterlagen angefordert, in denen es um "Dinge geht, die für die Staatsanwaltschaft nicht relevant" seien. Genau die bekomme man aber gar nicht zu Gesicht, wenn der Weg über die Staatsanwaltschaft genommen werde, da die Behörde in ihren Akten naturgemäß nur strafrechtlich Relevantes vermerke.

Insgesamt zwölf Zeugen in drei Sitzungen
Bei der Causa Telekom steht konkret die angebliche Einflussnahme auf Gesetze und Verordnungen in Ministerien im Mittelpunkt. Für den ersten Termin sowie die darauffolgenden Sitzungen am 31. Jänner und am 1. Februar zu diesem Themenkomplex wurden insgesamt zwölf Auskunftspersonen in den Ausschuss geladen. Darunter sind neben Serentschy auch etwa Ex-Telekom-Manager Rudolf Fischer und Ex-Infrastrukturminister Hubert Gorbach, der am 1. Februar erwartet wird.

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