"Pressestunde"

Voves: Sparpaket soll ein “guter Mix” werden

Österreich
22.01.2012 13:17
Der steirische Landeshauptmann Franz Voves wertet die Geheimhaltungspolitik der Regierung bei den Verhandlungen zum Sparpaket als gutes Zeichen und glaubt nicht an Neuwahlgerüchte. Er habe ein "gutes Gefühl", sagte Voves am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Verhandelt wird seinen Angaben zufolge auch über eine Verkleinerung von National- und Bundesrat. Für das Jahr 2015 erwartet er eine Steuerreform zur Entlastung der niedrigen Einkommen.

Voves, dessen "Reformpartnerschaft" mit der steirischen ÖVP medial immer wieder als Vorbild für den Bund dargestellt wurde, sagte, er habe am Freitag ein "langes Gespräch" mit Bundeskanzler Werner Faymann gehabt. Nun sei er zuversichtlich, dass es der Regierung gelingen werde, einen "neuen Weg" zu gehen und Lösungen vorzulegen, die bei der nächsten Wahl "den Herrn Strache ins Trudeln bringen werden". Aber: "Dazu braucht es auch eine Bundesregierung, die jetzt im letzten Abdruck zeigt, dass sie gemeinsam für Österreich, die Republik arbeitet."

Einsparungen und Steuererhöhungen
Beim Sparpaket wünscht sich Voves einen "guten Mix" aus Einsparungen und Steuererhöhungen, ohne sich auf konkrete Werte festzulegen. Er geht allerdings davon aus, dass die Regierung zur Stärkung ihrer eigenen Glaubwürdigkeit auch Einsparungen bei der Politik vorlegen wird. Konkret plädierte Voves für eine Verkleinerung des Bundesrats von 62 auf 52 Mandatare sowie für die Rücknahme der 1971 beschlossenen Vergrößerung des Nationalrats (also für eine Verkleinerung von 183 auf 165 Abgeordnete). Kürzungen müsse man auch bei der Parteienfinanzierung überlegen, so Voves.

Auf der Einnahmenseite rechnet Voves mit einer Vermögenszuwachssteuer auf Immobilien, einem Solidarbeitrag für Spitzenverdiener (ab rund 250.000 Euro brutto), einer Erbschafts- und Schenkungssteuer mit Freibeträgen für "Häuslbauer" sowie einer Finanztransaktionssteuer in der Euro-Zone. Inklusive Bankenabgabe könnte das aus seiner Sicht 1,5 bis 2 Milliarden Euro bringen. Nötig sind die Steuern laut Voves auch deshalb, weil viele Reformen erst nach Jahren budgetwirksam würden. "All diese Reformen, die die Regierung vorschlagen wird, haben einen Timelag." Zumindest drei Jahre lang werde man daher Mehreinnahmen brauchen. 2015 sollte es aus seiner Sicht dann eine Steuerreform geben, bei der die Arbeitseinkommen entlastet werden.

Trotz Sparpaket geht Voves davon aus, dass sowohl der Semmering-als auch der Koralmtunnel gebaut werden. Beim Semmeringtunnel werde aber überlegt, den Baubeginn nach hinten zu verschieben, durch schnellere Arbeiten gegen Ende hin aber eine Fertigstellung gemeinsam mit dem Koralmtunnel zu schaffen, so der Landeshauptmann.

Bundesländer müssen auch einsparen
Weitere Sparanstrengungen wird es aus seiner Sicht auch seitens der Bundesländer brauchen: "Wir sind alle in Summe aufgerufen, noch einmal ein Stück an der Reformschraube zu drehen." Mit den mächtigen Landeschefs von Wien und Niederösterreich, Michael Häupl und Erwin Pröll, will er dieses Thema kommenden Dienstag bei einem Treffen am Rande des Nachtslaloms in Schladming besprechen.

Skeptisch ist Voves allerdings bezüglich einer raschen Umsetzung der Bildungsdirektionen auf Landesebene: "Das wird wahrscheinlich erst ein Thema sein, das sich über die Jahre lösen lässt."

"Vereinigte Staaten von Europa" wären wünschenswert
Eine neue Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern hält Voves erst für sinnvoll, wenn klar sei, in welche Richtung die Entwicklung auf EU-Ebene gehe. Er selbst plädiert für eine Vertiefung der Union in Richtung "Vereinigte Staaten von Europa" in den nächsten 10 bis 15 Jahren. Darüber werde es natürlich auch in Österreich eine Volksabstimmung brauchen. Volksabstimmungen über die nun verhandelten Euro-Rettungsmaßnahmen lehnt er jedoch ab: Hier brauche es "rasche Lösungen".

Dass er selbst Bundeskanzler werden möchte, wies Voves zurück: Er sei "mit größter Freude" Landeshauptmann der Steiermark, und: "Jene, die im Netzwerk Wiens nicht groß geworden sind, würden sich generell sehr schwertun, als bundespolitisch Höchstverantwortliche zu reüssieren."

Scharfe Kritik von ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grünen
Unzufrieden mit den Aussagen des steirischen Landeshauptmannes Franz Voves sind ÖVP, FPÖ und BZÖ. "Neue Steuern lösen keine Strukturprobleme", deponierte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch in einer Aussendung. Würde "die gesamte Breite der SPÖ" mit der gleichen Energie, mit der sie neue Steuern fordere, an den nötigen Reformen arbeiten, dann wäre die Regierung schon am Ziel, meint Rauch: "Wir müssen endlich die großen Kostentreiber dieses Landes in den Griff bekommen."

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sieht in Voves Aussagen "skurrile Ideen von der SPÖ-Ersatzbank". Kickl stößt sich insbesondere an der Vorstellung der "Vereinigten Staaten von Europa" und am Wunsch, Sozialleistungen europaweit abzugleichen. Das würde für die Österreicher "massiven Sozialabbau" bedeuten, glaubt der FPÖ-Politiker, der Voves vorwarf seine "Visionen" nicht zu Ende zu denken.

"Schwer enttäuscht" vom Auftritt des Steirers zeigte sich auch BZÖ-Landeschef Gerald Grosz. "In Graz gaukelt Voves Reformen vor und in Wien unterstützt er den Steuererhöhungswahn der lahmen Bundesregierung", kritisierte Grosz und forderte den Landeshauptmann auf, der "Stillstandsregierung" die Leviten zu lesen anstatt ihr die Mauer zu machen.

Die Grünen reagieren mit "Verwunderung". Vizeklubchef Werner Kogler begrüßte zwar dessen pro-europäische Ideen und das Bekenntnis zu vermögensbezogenen Steuern, kritisierte aber, dass Voves als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz gleichzeitig die "dringend notwendigen Staatsreformen" etwa der Schulverwaltung blockiere. "Gesundheitswesen und Spitalsplanung hat er feigerweise erst gar nicht angesprochen. Das ist enttäuschend", so Kogler in einer Aussendung.

Unterstützung aus den eigenen Reihen
Unterstützung für den Parteifreund kam lediglich aus der SPÖ-Zentrale. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sah in Voves' Aussagen ein "überzeugendes Plädoyer für mehr Verteilungsgerechtigkeit". Mit Voves fordere immerhin ein früherer Finanzvorstand die "Wirtschaftsfunktionäre der ÖVP" auf, "neben Wirtschaftswachstum und Beschäftigung auch dem sozialen Ausgleich einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen".

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