12.763 Objekte wechselten im Vorjahr am Tiroler Immobilienmarkt ihren Besitzer. Das entspricht einem Rückgang um 9,4 Prozent. Die Preise für die Miete sind in allen Bezirken gestiegen. Experten der Wirtschaftskammer (WK) sehen die Politik in der Pflicht.
Eine exorbitant hohe Inflation, stark gestiegene Energiepreise, höhere Kosten für Rohstoffe sowie Lieferschwierigkeiten. All das macht sich auch auf Tirols Immobilienmarkt bemerkbar. Exakt 12.763 Verkäufe zählten Philipp Reisinger, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WK Tirol, und Obmann-Stellvertreter Arno Wimmer im Vorjahr. Im Vergleich zu 2021 wurden um 9,4 Prozent weniger Objekte verkauft. „Das Verkaufsvolumen ist um 6,8 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro gesunken“, sagt Wimmer.
Die Preise für Wohnungen im Erstbezug sind vielfach nur mehr geringfügig gestiegen, nur vereinzelt waren Steigerungen über der Inflationsrate ersichtlich.
Arno Wimmer
Hohe Nachfrage und hohe Preise im ersten Halbjahr
War das erste Halbjahr 2022 noch von einer steigenden Nachfrage sowie steigenden Preisen bei allen Immobilien gekennzeichnet, so war es im zweiten umgekehrt. „Die Nachfrage ist um 30 Prozent zurückgegangen“, sagt der Obmann-Stellvertreter, der dafür vor allem die neuen Kreditrichtlinien, die mit 1. August in Kraft traten, verantwortlich macht. Folglich sanken auch die Preise für Immobilien ein wenig.
4919 Wohnungen verkauft
Von den Immobilienverkäufen entfielen 4919 (38,5%) auf Wohnungen. Der Anteil bei den Erstverkäufen betrug 38,9 Prozent. Deutlich mehr waren es mit 61,1 Prozent bei den gebrauchten Eigentumswohnungen, die den Besitzer wechselten. „Die Preise für Wohnungen im Erstbezug sind vielfach nur mehr geringfügig gestiegen, nur vereinzelt waren Steigerungen über der Inflationsrate ersichtlich“, analysiert Wimmer dazu.
Obmann Reisinger ergänzt: „Eigentumswohnungen im Neubau legten um lediglich 2,8 Prozent in Kitzbühel bis 6,07 Prozent in Kufstein zu. In Kufstein wegen des Preisgefüges jedoch auf hohem Niveau.“
Kufstein sticht hervor
Auch bei den Einfamilienhäusern sticht der Bezirk mit der Festungsstadt als Spitzenreiter hervor: Mit einer Steigerung von 8,29 Prozent gegenüber 2021. Doch auch in den anderen Teilen Tirols zogen die Preise mit einer durchschnittlichen Steigerung von 8,21 Prozent überproportional an. Zu vernachlässigen sei der Markt bei den Reihenhäusern, sagen die Experten.
Bei den Neubauten von Mietwohnungen lagen die höchsten Steigerungen bei 6,07 bis 6,69 Prozent in den Bezirken Innsbruck, Innsbruck-Land sowie Landeck. „Keine Verwunderung, weil Wohnungssuchende mangels Alternativen am Eigentumsmarkt vielfach gezwungen sind, auf den Mietwohnungsmarkt auszuweichen“, lautet das ernüchternde Fazit von Reisinger.
Mieten in ganz Tirol teurer, Politiker sind gefordert
Apropos Miete: Die ist aufgrund des Ausweichens auf den Mietwohnungsmarkt in allen Bezirken gestiegen, jedoch zum Teil sehr unterschiedlich. Und wie sieht der Blick in die Zukunft aus (siehe auch Interview unten)? Hier appellieren Reisinger und Wimmer an die Politik. Diese müsse die Rahmenbedingungen - Stichwort Baulandmobilisierung - schaffen, damit es langfristig zu keiner Verknappung komme. „Ein zu geringes Angebot würde das Wohnen noch weniger leistbar machen.“
„Preisniveau in Tirol bleibt hoch“
Im Interview mit der „Tiroler Krone“ gibt der Schwazer Immobilienmakler Dominik Böck einen Ausblick in die Zukunft. Eine Immobilienblase sieht er nicht auf Tirol zukommen. Für jene, die hoffen, dass die Preise sinken, hat er schlechte Nachrichten.
„Krone“: Herr Böck, sinkt der Preis von Eigentumswohnungen in Tirol gerade tatsächlich?
Dominik Böck: Das hängt davon ab und ist von Objekt zu Objekt unterschiedlich. Bei manchen Wohnungen gibt es gerade tatsächlich eine Reduktion von ein paar Prozent. Das liegt daran, dass die Nachfrage gesunken, das Angebot aber gestiegen ist. Das Preisniveau in Tirol bleibt trotzdem hoch.
Warum ist das Angebot jetzt so stark gestiegen? Ist in den vergangenen Jahren so viel gebaut worden?
Es liegt nicht nur an Bauprojekten, sondern vor allem auch an der Zinslage. Die Zinsen sind gestiegen, deswegen probieren viele Besitzer, ihre Immobilien möglichst rasch zu verkaufen. Gerade in meinem Umfeld gibt es viele Eigentümer, die verkauft haben - und zwar nicht, weil sie wollten, sondern weil sie mussten.
Von einer Blase redet man nur dann, wenn zwei bis drei große Bauträger ihre Objekte um mehr verkaufen wollen als sie tatsächlich wert sind.
Dominik Böck
Gibt es in Tirol eine sogenannte Immobilienblase, die jetzt zu platzen beginnt?
Nein, hier in Tirol gibt es keine Immobilienblase. Von einer Blase redet man nur dann, wenn zwei bis drei große Bauträger ihre Objekte um mehr verkaufen wollen als sie tatsächlich wert sind. Bei uns richtet sich der Preis nach Angebot und Nachfrage. Man braucht also keine Angst haben, dass irgendeine Blase platzt.
In Kitzbühel sind die Immobilienpreise im letzten Jahr überraschenderweise gefallen. Was erklärt solche regionalen Besonderheiten?
In jedem Bezirk gibt es Dörfer oder Stadtteile, in denen die Nachfrage geringer ist als woanders. Beim Kauf ist es deshalb wichtig, sich von einem lokalen Makler beraten zu lassen, der sich mit dem Immobilienwert vor Ort auskennt.
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