PIIGS unter der Lupe

Wie die Euro-Sorgenkinder mit der Krise umgehen

Ausland
21.09.2011 18:37
Die Schuldenkrise hält die Regierungen in Europa weiter in Atem. Allerdings ist die Entwicklung in den Euro-Krisenstaaten, die unter der Abkürzung PIIGS (Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien) laufen, unterschiedlich. Nachfolgend der aktuelle Stand der Dinge bei den Euro-Sorgenkindern.

In Portugal hat sich die Lage in den Monaten nach der Unterzeichnung des Hilfsabkommens mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds im Mai deutlich entspannt. Vieles deutet darauf hin, dass das ärmste Land Westeuropas dieses Jahr das Ziel, das Haushaltsdefizit von 9,1 Prozent (2010) auf 5,9 Prozent des BIP zu senken, erreichen wird.

Für das kommende Jahr (Defizit-Ziel: 4,5 Prozent) verlangt die Troika der internationalen Finanzkontrolleure von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds allerdings zusätzliche Sparanstrengungen in Höhe von einer Milliarde Euro.

Die Wirtschaftsleistung wird nach Schätzung der Notenbank in Lissabon dieses Jahr um 2,2 und 2012 um 1,8 Prozent schrumpfen. Finanzminister Vitor Gaspar sicherte aber zu, das Land werde 2013 wieder ein Wachstum von 1,2 Prozent und 2014 von 2,5 Prozent schaffen. Die Arbeitslosigkeit beläuft sich auf 12,3 Prozent, die Troika erwartet bis 2013 einen Anstieg auf das Rekordniveau von 13,5 Prozent.

Sorgenkind Italien hat im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Euro-Zone. Um dem entgegenzuwirken, hatte das Land zuletzt zwei Sparpakete im Volumen von zusammen mehr als 100 Milliarden Euro verabschiedet. Italien, dessen Staatsverschuldung im Juni auf 1,9 Billionen Euro stieg, wird nach letzten Schätzungen der EU-Kommission im laufenden Jahr auf einen Schuldenstand von 120,3 Prozent des BIP kommen. Für 2012 schätzt die Kommission 119,8 Prozent.

Allen Sparanstrengungen zum Trotz fällt die internationale Bewertung der Lage negativ aus - erst recht nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's in dieser Woche (siehe Infobox). Die zuletzt verabschiedeten Reformen reichen der Agentur zufolge nicht aus. Und es könnte noch schlimmer kommen: Der Ausblick ist laut Standard & Poor's negativ. Die OSZE prognostizierte für den Stiefelstaat Stillstand beim Wachstum im laufenden Jahr. Der IWF senkte seine Erwartungen für 2012 von 0,7 auf 0,5 Prozent des BIP.

Fehlende wachstumsfördernde Maßnahmen sind auch ein Hauptpunkt der Kritiker der Sparmaßnahmen der Regierung von Silvio Berlusconi. Die Arbeitslosenquote liegt in Italien bei etwa 8,6 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit nimmt dabei dramatische Züge an: 28,6 Prozent der 15- bis 24-Jährigen waren im März 2011 ohne Job. Mehr als 40 Prozent der unter 25-Jährigen suchen schon länger als ein Jahr eine Beschäftigung.

Irland stand im November 2010 wegen seines maroden Bankensystems vor der Staatspleite und wurde mit einem Hilfspaket von EU und IWF gerettet. Der frühere "keltische Tiger" erhielt als erstes Land Hilfen aus dem Rettungsschirm EFSF. Irland bekommt internationale Kredite in Höhe von 67,5 Milliarden Euro, 17,5 Milliarden Euro steuert das Land aus eigener Kraft zu dem Hilfspaket bei. Die strengen Auflagen hält Irland ein, wie die vierteljährlichen Ortsbesuche der internationalen Kontrolleure ergeben.

Inzwischen sind wieder erste Lichter am Ende des Tunnels zu sehen. Die Wirtschaft wächst leicht, wenn auch vor allem von Exporten getrieben. Die Arbeitslosigkeit ist mit 14,5 Prozent aber weiter hoch.

Das Rekorddefizit von 32 Prozent des BIP aus Vorjahr ist Vergangenheit - in diesem Jahr werden es nach IWF-Berechnungen weniger als 10,5 Prozent werden. Die Gesamtverschuldung liegt bei derzeit rund 160 Milliarden Euro.

In Griechenland schrumpfte die Wirtschaft vergangenes Jahr um 4,5 Prozent. Finanzminister Evangelos Venizelos geht dieses Jahr von einem weiteren Rückgang von 5,5 Prozent aus. Die Arbeitslosigkeit übertrifft 16 Prozent mit steigender Tendenz.

Obendrauf macht der griechische Staat trotz harter Sparprogramme weiterhin neue Schulden. Damit scheint auch das Ziel, das Defizit von 10,5 Prozent des BIP 2010 in diesem Jahr auf 7,6 Prozent zu drücken, unerreichbar zu sein. Die Troika drängt vehement darauf, diese Marke zu erreichen. Dabei hat es die Regierung bisher nicht geschafft, den Staatsapparat zu verschlanken. Daher sind neue Sparmaßnahmen unausweichlich.

Spanien schaut gebannt auf das Niveau der Zinsen, die der Staat für seine Anleihen zahlen muss und die beinahe beängstigende Höhen angenommen haben. Die Regierung meint, die Lage der Staatsfinanzen sei im Grunde nicht so schlecht, Spanien sei vielmehr ein Opfer der - von der Griechenland-Krise ausgelösten - Unruhe auf den Finanzmärkten.

Madrid hat im Rahmen von Sparprogrammen Beamtengehälter gekürzt und Renten eingefroren. Zudem wurde eine Schuldenbremse in die Verfassung aufgenommen. Das Land leidet aber darunter, dass die Wirtschaft praktisch stagniert und es von seiner Arbeitslosenquote von über 20 Prozent nicht herunterkommt.

Nach einem Bericht des IWF wird Spanien sein Ziel erreichen, das Budgetdefizit 2011 auf sechs Prozent (2010: 9,2) des BIP zu senken. Bis 2013 sind nach Ansicht des IWF aber weitere Reformen notwendig. Am 20. November finden in Spanien Neuwahlen statt, bei denen alles auf einen Sieg der Konservativen über die sozialistische Regierung hindeutet.

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