Voglmeir in Bruck/Mur

Nach 100 Jahren schließt das Spielzeug-Paradies

Steiermark
01.03.2023 09:11

Seit fast 100 Jahren wird bei Voglmeir in Bruck an der Mur Spielzeug verkauft. Nun lassen die Betreiber, 84 und 78 Jahre alt, ihr Lebenswerk ruhen. So lief der letzte Tag im Spielzeugparadies.

Wer als Kind, Eltern- oder Großelternteil jemals in Bruck durch die Mittergasse flaniert ist, der weiß, was passiert, sobald der Voglmeir in Sicht ist: Nase an die Scheibe! Denn dahinter wartete ein neues Miniatur-Auto neben dem Schleich-Einhorn und der Meerjung-Frau-Barbie – kurzum: eine ganze Welt aus Spielsachen.

Diese Welt hat am Dienstag, 28. Februar, um 12 Uhr ihre Türe geschlossen – vermutlich für immer. Johann und Gildrun Voglmeir, 84 und 78 Jahre alt, gehen in Pension.

„Damals herrschte eine Aufbruchstimmung“
„Wir haben 1966 geheiratet und betreiben das Geschäft seitdem gemeinsam“, sagt Johann Voglmeir. „Damals herrschte Aufbruchstimmung. Durch die Industrie gab es Wohlstand, Bruck war eine Handelsstadt“, denkt er zurück. Schon in den 1930er-Jahren hatte seine Mutter hier Spielwaren verkauft, nach dem Krieg hat das Geschäft „so richtig angefangen“ – hier bekam man alles, vom Bodenbelag über Koffer bis hin zu Kinderwägen. 1952 hat Voglmeir seine Lehre im Betrieb begonnen.

Heute blicken die Geschäftsleute auf viele gute Jahre zurück. „Es ist ein schönes Ausklingen dieser Ära“, sagt Gildrun Voglmeir. „Kinder bringen uns liebe Zeichnungen. Wir hatten immer viele Stammkunden. Zu ihnen wollen wir Danke sagen.“

Über 30-mal fuhr Johann Voglmeir auf die große Spielzeug-Messe nach Nürnberg, erkundigte sich nach Trends. Der Kern des Geschäfts war stets die persönliche Beratung. „Wir haben uns immer bemüht, das Richtige zu finden - egal, ob jemand beim Lesen schlecht war, eine motorische Schwäche hatte“, sagt seine Frau. Nicht nur Kinder hat man mit Spielen, Puzzles und Co. glücklich gemacht. „Es kamen auch Schlaganfall-Patienten, Menschen mit Behinderungen.“

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Die besten Kunden waren immer die Großeltern.

Frau Daniela, ehemalige Spielwaren-Verkäuferin

Aber irgendwann veränderte sich der Spielwaren-Handel. Große Ketten boten niedrigere Preise und größere Auswahl an, der Online-Handel setzte dem stationären zu. Die Kundenfrequenz in der Brucker Einkaufsstraße nahm ab. „In den letzten Jahren war es nur noch Liebhaberei“, sagt Voglmeir. „Wir waren eine soziale Begegnungsstätte.“

Lehrlinge kommen nach über 20 Jahren zurück
Auch ehemalige Mitarbeiterinnen sind am Dienstagvormittag noch einmal ins Geschäft gekommen. Kerstin Mandl wischt auf ihrem Handy von Foto zu Foto: „Zu Fasching haben wir uns immer alle verkleidet. Das war in den 90er-Jahren“, erzählt sie. „Mir tut es für meine Kinder leid, der Kleinste ist fünf Jahre alt, es war immer schön, mit ihnen hier herzukommen.“ Auch Frau Daniela - so ist sie bekannt - denkt zurück. „Einmal war ein junger Mann da. Er ist in Bruck aufgewachsen, lebt aber in Amerika. Er wollte das Geschäft fotografieren, um es seinen Kindern zu zeigen.“ Es sei ein „unbeschreibliches Gefühl“, so viele Kinder glücklich zu machen, sagt sie.

Melancholie liegt in der Luft, aber auch Dankbarkeit. Kunden ergattern reduzierte Stofftiere, wünschen dem Paar alles Gute für die Zukunft. Wie wird diese aussehen? „Wir haben sechs Katzen und gehen gerne bergsteigen“, sagt Johann Voglmeir. Sein Lebenswerk lässt er nun ruhen.

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