Stadtgeschichte

Der „geheime“ Baumeister des Wiener Parlaments

Politik & Wirtschaft
08.01.2023 09:30

Am 14. und 15. Jänner lädt das generalsanierte Parlament zu Tagen der offenen Tür. Seit 140 Jahren fasziniert das Architekturjuwel die Menschen, das immer noch seine Geheimnisse birgt. Wesentlich beigetragen zur Entstehung des Prachtbaus hat ein Mann, der fast in Vergessenheit geraten war.

Wer hat das Parlament errichtet? Theophil von Hansen werden die meisten sagen. Stimmt schon, Hansen zeichnete die Pläne, ist der Architekt. An der Baustelle selbst waren Dutzende Maurer, Handwerker, Bildhauer, Goldschmiede, Tischler tätig – und Conrad Rumpf, ihr Oberpolier, Hansens Mann für den praktischen Feinschliff.

Erstaunlich: Über Rumpf, ein kaiserlich geehrter Stadtbaumeister, der an etwa jedem dritten Prunkbau an der Ringstraße mitgewirkt hat – war bisher wenig bekannt. Nun hat sein Urenkel, der Wiener Künstler Johann Rumpf, das Leben seines Ahns akribisch aufgerollt. „Als Kind hat mir meine Mutter erzählt, dass mein Urgroßvater ein ganz wichtiger Mann in Wien gewesen ist, doch ich fand kaum Spuren von ihm“, so der Maler und Bildhauer. Acht Jahre lang wühlte er sich durch Aktenberge in Österreich und Deutschland, ließ vergilbte Dokumente in Kurrentschrift übersetzen. Und wurde fündig.

Conrad Rumpf (1845–1932) wächst in Frankfurt am Main auf, absolviert Maurerlehre und Kunstschule und heuert schließlich bei der Union-Baugesellschaft in Wien an. Die Union ist so etwas wie die Strabag des 19. Jahrhunderts. Ein großer Baumulti, der Wien ein neues Gesicht geben wird.

Justizpalast, Burgtheater, Rathaus, Sacher, Akademie der Bildenden Künste, das Weltausstellungsgebäude im Prater, Markthallen und eben das Reichsraths-Gebäude (heute Parlament) - überall mischt die Union unter Rumpf mit. Kaiser Franz Josef schenkt ihm dafür Orden und Siegelring.

Der bärtige Herr mit strengem Blick hat außer Architektur aber noch andere Interessen. In einem Buch sorgt sich Rumpf bereits 1901 um den Feinstaub in der Stadt. Die Kutschen wirbeln viel Dreck auf, das Steinpflaster ist für Anrainer zu laut. Der Witwer rät, sämtliche Straßen Wiens zu asphaltieren. Aus gesundheitlichen Gründen, wie er in der Publikation ausführt.

Trotz aller Geschäftigkeit: Zur reichen Klasse der Hauptstadt steigt der Wahl-Wiener nie auf. Der Vater von vier Kindern stirbt 1932 in seiner eher bescheidenen Wohnung im 8. Bezirk. Hinterlassen hat er uns Baukunst, die noch viele Generationen erfreuen wird.

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