Direkt aus einem indischen Suppentopf hat der Steirer Peter Praschag eine gefährdete Engmaul-Weichschildkröte gerettet. 15 Jahre Nachzucht haben heuer endlich gefruchtet.
Acht Augenpaare spähen aus dem Sand hervor. Sie warten, bis ein Fisch an ihnen vorbeischwimmt. Dann kommt die schnellste Zunge der Welt zum Einsatz und saugt, für uns nicht erkennbar, die Beute ein. „Derzeit fangen wir aber noch Fische für sie, die kleiner als ein Zentimeter sind“, verrät Zoologe Peter Praschag. Schon die wenigen Engmaul-Weichschildkröten machen den Mitarbeitern von „Turtle Island“ in Graz eine Menge Arbeit, vielleicht auch, weil sich darunter bereits ein kleiner Gourmet befindet: „Einem der acht Jungtiere füttern wir schon kleine Fischstücke mit der Pinzette. Auch Dosenfisch verspeist es gerne.“
Suppentopf stand schon bereit
Dass es diese acht kleinen Reptilien überhaupt gibt, grenzt an ein Wunder – Leidenschaft, Zufall und harte Arbeit machten es möglich. Dazu müssen wir aber erst ins Jahr 1999 nach Nord-Indien zurückblicken: Am Brahmaputra-Fluss geben Fischer Praschag den Tipp, dass eine Frau am Markt die einzige Engmaul-Weichschildkröte gekauft hatte. Er macht die Käuferin ausfindig und sich per Rikscha auf den Weg. Er kommt gerade noch rechtzeitig: Denn am Herd der Inderin steht der Suppentopf schon bereit.
„Der Panzerrand gilt als Delikatesse, Fischer fangen die Tiere darum gezielt. Oft werden sie auch illegal nach China importiert“, erklärt der Steirer. Deshalb und weil ihr Lebensraum für Bauvorhaben zerstört wird, ist sie vom Aussterben bedroht. „Es ist schwer zu sagen, wie viele Exemplare es noch gibt.“ Also rettete der Zoologe die damals 2-jährige „Chitra“ und exportierte sie legal nach Österreich.
Nach 15 Jahren klappte es heuer im Herbst
Immer wieder fuhr Praschag zum Fischmarkt: „Männchen zu finden, Genehmigung zu erhalten, und dass die Schildkröten den Transport überleben, sich hier eingewöhnen, ist eine aufwändige und schwierige Sache.“ Umso größer war die Freude heuer im Herbst, als der Zuchtversuch nach 15 Jahren gelang: „Das ist die größte Anerkennung! Jahr für Jahr haben wir uns die Zähne daran ausgebissen.“ Sonst ist das nur einem Zoo in San Diego (USA) gelungen. In Graz haben von 44 Eiern acht Jungtiere überlebt. „In der Natur produziert die Schildkröte über 300 Eier, nur extrem wenige überleben.“ Und künftig wird noch mehr Nachwuchs erwartet. Ziel ist es, ihn irgendwann wieder in die Natur zurückzubringen.
Sein erstes Wort als Kind war „Kroti“
Woher Praschag all die Energie nimmt? „Schon mein Vater hat Schildkröten gehabt, mein erstes Wort war „Kroti“, als Kind habe ich ohne eine Schildkröte neben mir nicht gegessen. Mit vier Jahren wusste ich, dass ich Zoologie studiere.“ So kam es auch. Der Steirer hat durch sein Engagement bereits vier Standorte von „Turtle Island“ steiermarkweit aufgebaut. Sie beherbergen die artenreichsten Schildkröten der Welt. Die möchte er künftig auch Besuchern öffentlich zugänglich machen. „Wir suchen gerade noch nach Investoren.“
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