Bewohner gequält

Führte Personalnot zum Pflegeheimskandal?

Gericht
12.12.2022 16:20

Zwei Mitarbeiterinnen eines Sozialzentrums in Kirchberg am Wechsel und ein Manager müssen sich seit Montag in Wiener Neustadt vor dem Richter verantworten. Die schlimmen Vorwürfe weisen sie zurück, gestehen sich aber ein, dass sie während Corona mit den Aufgaben zeitweise „überfordert“ waren und ständig Personal gesucht wurde. Ob dies allein die angeklagten Missstände rechtfertigt, wird der Prozess weisen. 

Die Pflege steckt in der Krise, und das wird zur Katastrophe für all jene Menschen, die sie benötigen. Wie sich Personalnot auswirken kann, führt der Prozess um zwei Mitarbeiterinnen des Sozialzentrums Kirchberg am Wechsel (NÖ) und einen SeneCura-Manager vor Augen, der am Montag in Wiener Neustadt startete.

Von „Sitzhosen“ bis „Krätzmilben“
Laut Staatsanwalt ist die Liste der Verfehlungen lang. Sie reicht von nicht verabreichten Abendessen über das Unterlassen medizinischer Behandlung bis hin zu Freiheitsbeschränkungen: „Wenn es vermehrt zu Stürzen kam, verwendeten wir die Sitzhose. War dies länger als 24 Stunden notwendig, ordnete sie ein Arzt an“, sagte die Erstangeklagte mit sanfter Stimme. Die 49-Jährige bekannte sich, wie die Mitangeklagten, nicht schuldig.

Die Vorwürfe gegen zwei leitende Mitarbeiterinnen des SeneCura Sozialzentrums in Kirchberg am Wechsel wiegen schwer. (Bild: Elmar Gubisch)
Die Vorwürfe gegen zwei leitende Mitarbeiterinnen des SeneCura Sozialzentrums in Kirchberg am Wechsel wiegen schwer.

Auch ein Krätzmilben-Ausbruch blieb laut Anklage monatelang unbehandelt, wodurch die Betroffenen „unter brennender Haut und Juckreiz litten“. - „Die Staatsanwaltschaft hätte intensiver ermitteln müssen. Sogar der Arzt schloss Krätzmilben zunächst dezidiert aus“, weist Nikolaus Mitrovits, Verteidiger der Zweitangeklagten, den Vorwurf zurück. Als der Verdacht bestand, sei sofort gehandelt worden.

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Die Staatsanwaltschaft hätte intensiver ermitteln müssen. Sogar der Arzt schloss Krätzmilben zuerst dezidiert aus.

Anwalt Nikolaus Mitrovits vertritt die Zweitangeklagte.

Personal laut Gutachterin „enthumanisiert“
„Überforderung“ in der Corona-Zeit bestritten die Angeklagten nicht: „Es war immer herausfordernd, Personal zu bekommen“, sagt die 56-Jährige, die nach wie vor leitende Mitarbeiterin in jener Pflegeeinrichtung ist, der eine Gutachterin „ernstliche Gefahr für das Leben der Bewohner“ und „enthumanisiertes Personal“ attestierte.

Dem angeklagten Geschäftsführer wird schwere Nötigung einer Heimhelferin, die die Misstände öffentlich machte, vorgeworfen. Er soll sie durch die Äußerung, er werde sie als Privatperson auf 200.000 Euro verklagen, zur Unterschrift auf der einvernehmlichen Kündigung genötigt haben. Der Satz zu einer möglichen Klage sei in keinster Weise in Verbindung mit der Unterschrift gefallen, sagt er. Auch in anderen SeneCura-Häusern gab es Missstände, zuletzt in Lehen in Salzburg. Urteile zum Fall Kirchberg am Wechsel sollen am Mittwoch fallen.

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