Zu brisantem Jubiläum

Faschisten pilgerten an Mussolinis Grabstätte

Ausland
28.10.2022 14:58

Der Schatten des Faschismus begleitet Italien bis heute: Anlässlich des 100. Jahrestages des sogenannten Marsches auf Rom haben am Freitag in Predappio bei Rimini mehrere hundert Alt- und Neofaschisten den ehemaligen Diktator Benito Mussolini bedacht. Am 28. Oktober 1922 hatte der damalige Faschistenführer die Regierungsgewalt in Rom an sich gerissen. So begann das faschistische Regime, das über 20 Jahre lang in Italien andauerte.

Etwa ein Dutzend Reisebusse brachten Mussolini-Anhänger aus mehreren italienischen Regionen nach Predappio, wie lokale Medien berichteten. Sie besuchten die Krypta in dem Ort, in dem der „Duce“ und seine Frau Rachele begraben sind.

Banner von Neofaschisten in Rom entfernt
In Rom wurde am Gitter einer Brücke mit Blick auf das Kolosseum ein Spruchband neofaschistischer Aktivisten mit dem Slogan „100 Jahre danach: Der Marsch geht weiter“ ausgerollt. Er wurde von der Gemeinde entfernt. Der römische Bürgermeister Roberto Gualtieri verurteilte das Spruchband als „schändlich und unannehmbar“. „Rom wird immer eine antifaschistische Stadt sein“, betonte der Bürgermeister. Auch die jüdische Gemeinschaft in Rom verurteilte das Spruchband als „sinnlose Provokation“.

Nichts aus der Geschichte gelernt? Neofaschisten provozierten in Rom mit einem Banner. (Bild: AP/LaPresse/Cecilia Fabiano)
Nichts aus der Geschichte gelernt? Neofaschisten provozierten in Rom mit einem Banner.

„Unheilvolles, tragisches Datum“
Die Senatorin auf Lebenszeit und Holocaust-Überlebende Liliana Segre bezeichnete den Marsch auf Rom als „unheilvolles und tragisches Datum in der italienischen Geschichte, das den Beginn des Faschismus markiert, der größten Katastrophe in der nationalen Geschichte des letzten Jahrhunderts“. „Das Engagement für den Frieden, die Demokratie und gegen Faschismus und Totalitarismus müssen immer zusammengehören, denn sie sind unverzichtbare Elemente eines umfassenden staatsbürgerlichen Gewissens“, betonte die 92-Jährige.

Segre überlebte als einziges Mitglied ihrer jüdischen Familie das KZ. Sie begann in den 1990er-Jahren in Schulen über ihre Erfahrungen als Mädchen in Auschwitz zu sprechen. Sie ist seit 2018 Senatorin auf Lebenszeit.

Ereignis mit Folgen für ganz Europa
Der Einfall der „Schwarzhemden“, der Anhänger des „Duce“ am 28. Oktober 1922 in der italienischen Hauptstadt gilt als Beginn der faschistischen Herrschaft in Italien, ein Ereignis mit Folgen für ganz Europa. Mussolini und seine faschistischen „Schwarzhemden“ übernahmen gewaltsam die Macht in einem nach dem Ersten Weltkrieg wirtschaftlich und sozial desolaten Italien. Der Marsch auf Rom war eine Mischung aus Staatsstreich und geordnetem Regierungswechsel.

In der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1922 stellten sich tausende „Schwarzhemden“ zum Marsch bereit und begannen damit, lokale Verwaltungsgebäude, Verkehrsknotenpunkte und Kasernen zu besetzen. Die hilflose italienische Regierung sah keinen anderen Ausweg, als zurückzutreten und den Belagerungszustand auszurufen. Als sich König Vittorio Emanuele III. aus Angst vor einem ausbrechenden Bürgerkrieg dann weigerte, das Dekret über den Belagerungszustand zu unterzeichnen, war der Weg für Mussolini frei, die Regierungsmacht in Italien an sich zu reißen.

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