Immer mehr Krisen

Minister Karner: „An der Grenze der Belastbarkeit“

Politik
21.08.2022 06:00

Wie bedroht ist die Sicherheitslage in Österreich? Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) über die Rückkehr der Asylkrise, Teuerungs-Wut, Russen-Spione und eine neue Cyber-Cobra.

„Krone“: Herr Innenminister, die Asyl-Antragszahlen haben sich in den ersten sieben Monaten auf 41.909 gegenüber 2021 verdreifacht. Ist die Asylkrise zurück?
Gerhard Karner: Faktum ist: Das System ist an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. Die Zahlen sind ernst. Daher ist es die Verantwortung des Innenministers und der Polizei, hier dagegenzuhalten. Durch intensive Grenzkontrollen auf nationaler Ebene gegen Schlepper, durch gemischte Streifen auf ungarischem Staatsgebiet und durch Beamte an der ungarisch-serbischen Grenze.

Und wir schauen auf internationaler Ebene, dass wir auch zu neuen Regelungen kommen. Wir müssen die Debatte darüber beginnen, wie wir verhindern, dass sich Menschen auf den Weg machen, sich in Hände von Schleppern begeben und dann im Mittelmeer ertrinken, in einem Kleinbus ersticken oder bei einem Unfall ums Leben kommen.

Sie waren gerade in Dänemark, wo eine sozialdemokratische Regierung eines der wohl härtesten Asylgesetze in der EU hat. Was können wir vom skandinavischen Land lernen?
Es geht darum, sich auf europäischer Ebene Verbündete zu suchen. Schauen wir uns doch an, wie etwa Verfahren in Drittstaaten funktionieren. Mit dem Ziel, zu verhindern, dass sich Menschen mit dem Schlauchboot auf den Weg machen oder in Lkw zu 50 eingepfercht werden und elendig zugrunde gehen. Es ist viel unmenschlicher, zuzusehen, wie sich Illegale in die Hände von Schleppern begeben.

Die Pandemie ist im Vormarsch, Rechtsextremismus erstarkt auch durch den Ukraine-Krieg, islamischer Terrorismus gewinnt wieder an Bedeutung, russische Desinformation ist wegen der Bundespräsidenten-Wahl im Fokus, und der Verfassungsschutz warnt aufgrund der Teuerungswelle vor Gewalt auf der Straße. Wie hoch ist die Bedrohungslage?
Es sind alle gefordert. Mein Appell: Die Gesellschaft und auch die politischen Parteien müssen einen kühlen Kopf bewahren, um eben einen heißen Herbst zu verhindern. Einerseits ist der politische Islam eine Bedrohung, auf der zweiten Seite haben wir eine Gruppe, die sich aus der Corona-Leugner-Szene herausentwickelt hat.

Ein Sammelsurium aus vielen ganz Rechten, aber auch von ganz Linken; hierbei ist die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) gemeinsam mit internationalen Behörden besonders wachsam.

Stichwort Hass im Netz. Sie haben in einem internen Schreiben „Ihre“ Polizei im Fall der von radikalen Corona-Leugnern praktisch zu Tode gehetzten Ärztin verteidigt. Haben die Behörden wirklich alles richtig gemacht?
Sehr viele haben vieles getan, um in diesem höchst tragischen Fall zu helfen. Was ich sicher nicht tue, ist, einzelne Beamte am digitalen Pranger zu opfern. Wir haben im Bereich der Cyberkriminalität - von Hackern über Deep-Fake-Videos und Betrug bis hin eben zu Bedrohungen - eine der größten Herausforderungen. Es soll bei der Kriminaldienstreform im Herbst auch eine Cyber-Cobra kommen, um entsprechende technische Möglichkeiten zu haben. Wir werden zudem über Strafhöhen reden müssen, da sind wir im Gespräch mit dem Justizressort.

Ihre deutsche Amtskollegin warnt vor Attacken auf Gasterminals. Sind wir für Angriffe gegen unsere Energieinfrastruktur gerüstet?
Wir tun alles Menschenmögliche, um solche Dinge zu verhindern. Eine latente Herausforderung ist da.

Kritiker bezeichnen Wien als sicheren Hafen für russische Agenten. Gibt es verstärkte Spionagetätigkeiten?
Auch hier ist internationale Zusammenarbeit entscheidend. Die neu gegründete DSN hat sehr rasch den Informations-Anschluss, den wir durch die Razzia im damaligen BVT verloren hatten, wiedergefunden. Das Thema Spionage ist unter genauer Beobachtung.

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