Jahrelang habe er die Demütigungen seiner Ehefrau hinuntergeschluckt, sagt Daniel S. (46) beim Mordprozess in Wels aus. Am 8. Jänner griff er zur Waffe und erschoss seine Gattin Simone vor den Augen des Stiefsohnes. An den genauen Tathergang kann er sich nicht mehr erinnern. Die Geschworenen sprachen ihr Urteil schnell und einstimmig: 20 Jahre Haft wegen Mordes, nicht rechtskräftig.
„Ich bekenne mich schuldig, Euer Ehren.“ Mit einem gewissen Sinn für Dramatik trat Daniel S. am Donnerstag in Wels vor den Geschworenensenat. Der ehemalige Förster soll am 8. Jänner seine am Küchentisch sitzende Frau Simone mit einem Kopfschuss aus seiner Glock 17 getötet haben. Vor den Augen des Stiefsohnes, der nur einen Meter entfernt von der Mutter am Tisch saß und ein Dosengulasch aß. Dann rief er die Polizei. Seine Tat war der erste Femizid 2022.
Das „Warum“ kann der 46-Jährige gebürtige Deutsche auch vor dem Richter nicht erklären. „Ich bin in ein emotionales Loch gestürzt, in eine Abwärtsspirale.“
„Lupenreiner Mord“
Für Staatsanwalt Günther Diplinger handelt es sich um einen „lupenreinen Mord“, für den „ein Lebenslang im Raum steht“. Verteidiger Michael Lanzinger hingegen brachte gleich zu Beginn des Prozesses Totschlag mit einer Höchststrafe von zehn Jahren ins Spiel.
Ehepaar wollte vor Coronamaßnahmen nach Schweden flüchten
Bei der Schilderung des Tattages betonte der Angeklagte, dass er nichts Schlechtes über seine Frau sagen wolle. Um dann ausführlich zu schildern, wie ihn die fünffache Mutter seit Jahren gedemütigt und unter Druck gesetzt hätte. „Ich habe ihr nichts recht machen können.“ Einig war man sich in der Ablehnung der Coronamaßnahmen. Deshalb wollte man trotz aller Differenzen nach Schweden auswandern.
Auf die Schilderung der Tat hingegen verwendete er nur wenige Minuten, erzählte, dass er nach einem neuerlichen Streit im Keller Schnaps und Bier getrunken habe und sich dann mit der Pistole aufs Sofa gelegt habe. Sein Stiefsohn vermutete vor der Polizei, dass sich Daniel S. nur schlafend gestellt, in Wahrheit aber auf der Lauer gelegen habe. Der Angeklagte, der zum Prozess eine schwarze Krawatte als Symbol der Trauer angelegt hatte, erklärte, dass er schon länger an Mord und Selbstmord gedacht hatte.
„Versteckter Narzisst“
Psychiaterin Adelheid Kastner bezeichnet ihn als „versteckten Narzissten“. Eine Persönlichkeitsstörung konnte sie nicht diagnostizieren. Die Beratung der Geschworenen begann am späten Nachmittag, dauerte kaum zwei Stunden und war einstimmig und folgte der Anklage. Weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft gaben eine Erklärung ab, daher ist es noch nicht rechtskräftig.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.