Ländervergleich

Wenn Österreich so sparen müsste wie die Griechen…

Österreich
01.07.2011 13:26
Haben die Griechen für ihren Sparkurs Mitleid verdient? Die meisten Österreicher finden das nicht. Schließlich ist das Land an seiner Lage selber schuld. Doch wie hart das Sparpaket wirklich ist, kann sich bei uns wohl niemand so recht vorstellen. krone.at hat nachgeforscht, wie ein vergleichbares Programm für Österreich aussehen würde.

Das griechische Konsolidierungspaket ist ein wahrer Koloss: 78 Milliarden Euro ist es schwer. 50 Milliarden Euro sollen über Privatisierungen hereinkommen, 28 Milliarden Euro über Einsparungen. Bis 2015 sollen die Maßnahmen vorerst laufen, pro Kopf wird jeder Grieche mit 6.902 Euro belastet.

Würde man das Programm auf das höhere Bruttoinlandsprodukt der Alpenrepublik umlegen, müssten wir bis 2015 sogar 97 Milliarden Euro einsparen. Wie könnte das gelingen?

62,2 Milliarden Euro durch Privatisierungen
Den größten Teil müssten auch bei uns die Privatisierungen beisteuern - immerhin 62,2 Milliarden Euro. Für ihre Anteile an Ex-Staatsunternehmen, die mittlerweile an der Börse notieren, könnte die Republik ca. fünf Milliarden Euro einkalkulieren, davon etwa 3,1 Milliarden für die OMV, 1,1 Milliarden für die Telekom und 800 Millionen für die Post. Blieben noch 57,2 Milliarden Euro offen.

Als nächstes könnten die ÖBB zu Geld gemacht werden, doch selbst bei einem Traum-Deal für den Staat würden hier maximal zehn Milliarden Euro herausspringen. Blieben noch die Asfinag (Wert laut Geschäftsbericht 13 Milliarden Euro), sowie die Bundesimmobiliengesellschaft (neun Milliarden) und der Grundbesitz der Bundesforste (neun Milliarden).

Ergebnis eines solchen Kahlschlags: Dem Staat entgingen mögliche Gewinne, die Bürger müssten mit höheren Mautgebühren der privaten Straßennetz-Betreiber rechnen, und die Finanzierungslücke würde immer noch 16,2 Milliarden Euro betragen - ohne dass da noch viel wäre, was man verkaufen könnte.

34,8 Milliarden Euro durch Sparmaßnahmen
Bei den Sparmaßnahmen, die 34,8 Milliarden Euro einbringen müssten, sähe es nicht viel besser aus. Wenn uns die gleiche Rotstift-Politik wie jetzt die Griechen treffen würde, müssten wir im Gesundheitswesen bis 2015 zwei Milliarden Euro einsparen, das chronisch klamme Heer bekäme jährlich 120 Millionen Euro weniger. Besonders heftig würde es die Beamten erwischen: Mehr als 100.000 Amtsstuben-Arbeiter müssten Faymann und Spindelegger an die Luft setzen, die restlichen würden 15 Prozent weniger verdienen. Bei einem angenommenen Jahreseinkommen von 50.000 Euro wären das 7.500 Euro pro Jahr weniger bzw. 625 Euro pro Monat.

Auch der Rest der Bevölkerung hätte nichts zu lachen. Der um zwei Prozentpunkte erhöhte Mehrwertsteuersatz wäre noch das geringste Übel. Vor allem die auf 8.000 Euro gesenkte Steuerfreigrenze würde erhebliche Mehrbelastungen bedeuten, ebenso wie die Krisen-Sondersteuer in Höhe von bis zu fünf Prozent des Einkommens. Die Pensionisten müssten zudem auf zehn Prozent ihrer Einkünfte verzichten, Freiberufler eine Kopfsteuer von 300 bis 500 Euro pro Jahr entrichten. Extra-Steuern auf Spirituosen und Zigaretten würden obendrein breite Teile der Bevölkerung empfindlich treffen.

Budget ausgeglichen - Wirtschaft tot
Nach Umsetzung all dieser Maßnahmen wäre zumindest das Budget wieder einigermaßen ausgeglichen. Allerdings - da sind sich Volkswirte einig - würde auch die Wirtschaft völlig abgewürgt, die nächste Krise wäre programmiert. Und so ist es wohl kein Wunder, dass die Griechen dieser Tage auf die Straße gehen – auch wenn sie keinen realistischen Gegenentwurf zum Regierungsplan vorlegen können.

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