„Krone“-Kolumne

Stolpersteine für Homosexuelle beim Blutspenden

Kolumnen
29.04.2022 08:00

Soziologin und Sexualpädagogin Barbara Rothmüller über sexuelles Risikoverhalten und die Blutspendeverordnung.

Simone ist eine nette und hilfsbereite Person. Vor einigen Jahren wollte sie wieder einmal etwas Gutes tun. Also ging Simone Blut spenden. Beim Anamnesebogen füllte sie wahrheitsgemäß aus, was gefragt wurde. Die Frage nach ihrer sexuellen Orientierung ebenfalls, obwohl sie sich wunderte, was es jemand beim Blutspenden angeht, dass sie lesbisch ist?

Das medizinische Personal interessierte sich allerdings sehr dafür. Sie wollten sie heimschicken, weil Menschen mit gleichgeschlechtlichen sexuellen Kontakten als Risikogruppe von der Blutspende ausgeschlossen seien. Simone war empört. Sie lebte zu dem Zeitpunkt seit sechs Jahren in einer verbindlichen Liebesbeziehung mit ihrer Partnerin. Warum genau sollte ihr Blut ein Risiko für irgendjemand darstellen, der dringend auf eine Blutspende angewiesen ist? Statt Dank zu ernten, musste sie sich mit der Übererfüllung von Vorgaben herumschlagen. Seit 2003 können lesbische Frauen Blut spenden. Nach längerer Diskussion wurde Simone schließlich zugelassen.

Bis heute gibt es in Österreich allerdings eine Verordnung, die Männern die Blutspende untersagt, solange sie Sex mit Männern haben. Diese diskriminierende Behandlung von hilfsbereiten Menschen wird in Zukunft hoffentlich auch in Österreich beendet. Experten sind irritiert, dass über die Situation überhaupt noch diskutiert werden muss. Menschen, die das Risiko eingehen, sich beim Sex mit einer übertragbaren Infektion anzustecken, können jegliche sexuelle Orientierung haben. Relevant dafür ist nicht, mit welchem Geschlecht man Sex hat. Ja nicht einmal die Anzahl der Personen ist für das Ansteckungsrisiko relevant.

Ein Risiko geht man vielmehr erst dann ein, wenn man ungeschützten Geschlechtsverkehr hat, also kein Kondom verwendet bei Praktiken, bei denen es zu einem Austausch von sexuellen Flüssigkeiten wie Sperma und Scheidensekret kommt. Und wie genau es heterosexuelle Männer mit der Kondomnutzung selbst bei unverbindlichem Dating nehmen, wissen die meisten Frauen nur allzu gut. Das individuelle Risikoverhalten ist also entscheidend. Nicht, in welches Geschlecht man sich verliebt. Diese Erkenntnis aus den 1990er Jahren gilt es endlich umzusetzen.

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