„Krone“-Lokalaugenschein im Kloepfer-Geburtsort nach dem Wirbel um die „Bücherverbannung“: Die Eibiswalder stehen hinter dem umstrittenen NS-Dichter, der jetzt wieder in aller Munde ist.
„Willkommen im Kloepfermarkt“ grüßt Eibiswald die Autofahrer. Schon vor Jahrzehnten setzten die Touristiker der Schilcherlandgemeinde auf Werbung mit ihrem berühmtesten Sohn - und stellten diese Holztafel an der Ortseinfahrt auf. Nun ist Hans Kloepfer nicht nur in der Weststeiermark wieder in aller Munde, rund um die Grazer „Bücher-Affäre“ gingen diese Woche vor allem in der Landeshauptstadt die Wogen ordentlich hoch.
Einen ähnlichen Wirbel um Kloepfer gab das zuletzt im Jahr 2017, als der Mundartdichter seinen 150. Geburtstag gefeiert hätte. Im Vorfeld von Festivitäten in Eibiswald prallten Verehrer und Gegner wie so oft aufeinander. „Damals wollten offenbar Burschenschafter aus Graz ein Gedicht von Ottokar Kernstock anstimmen, dessen Melodie von Hans Kloepfer stammt. Der Bürgermeister zog die Notbremse und sagte den Festakt ab“, erinnert sich Karl Schober, als er uns die Tür zum Kloepfer-Museum aufsperrt. Der Eibiswalder war 29 Jahre lang SPÖ-Ortschef von Pitschgau und ist heute Obmann des Kulturvereins.
„Fehler der Person werden thematisiert“
Im Geburtshaus des umstrittenen Autors bemüht man sich um Bildungsarbeit. Kontextualisierung werde großgeschrieben, vor allem bei Führungen, und man thematisiere auch die Fehler der Person, betont der Eibiswalder. „Man muss den Leuten klar sagen, es war ein politischer Irrweg, den Kloepfer eingeschlagen hat. Gerade als Akademiker hätte er diesen erkennen müssen - und da gibt es auch keine Entschuldigung dafür.“ Im Übrigen sei dessen gesamte Familie vom Nationalsozialismus geprägt gewesen.
Was Schober allerdings sauer aufstößt: Früher standen die Bücher eines Schriftstellers im Vordergrund und überragten seine Biografie, jetzt schlage das Pendel in die andere Richtung. „Ich halte nichts davon, die Werke eines Autors allein unter dem Blickwinkel eines Fehlverhaltens zu betrachten. Sonst hätten wir eine arme Kultur. Wer ist frei von Schuld? Und wer ist der Zensor?“ Menschenverachtende Literatur sei jedoch ohne Frage abzulehnen.
„Wir zeigen im Haus die Vielfalt der Persönlichkeit Hans Kloepfers, als Mediziner, Chronist und Heimatdichter. Er sprach selbst ja gar nicht Dialekt, sondern schrieb nur in weststeirischer Mundart." Auch Kloepfers Zeugnisse liegen hinter einer Vitrine: Im Grazer Gymnasium kassierte der Schüler einst in Deutsch sogar ein Befriedigend.
Das wird einige in ihrer Kritik vermutlich bestätigen - aber der Identifikation der meisten Eibiswalder mit ihrem Kloepfermarkt-Namensgeber nicht schaden.
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