Düngerkrise:

Pioniere in Mondsee kennen den Bio-Ausweg

Oberösterreich
28.03.2022 08:35

Hohe Energiepreise und die Preisexplosion bei Dünger angesichts des Ukraine-Kriegs stellen die heimischen Landwirte vor große Herausforderungen. Was tun, um die Erträge auch ohne verfügbare und leistbare chemische Dünger zu sichern? Lange Zeit von Fachleuten belächelt, können Biostimulanzien hier Abhilfe schaffen, und auf natürliche Weise die Qualität des Bodens sogar steigern. Mit seinem Unternehmen Global Green Technology leistet der Oberösterreicher Daniel Kallinger in dem noch wenig erforschten Bereich Pionierarbeit, die unsere Landwirtschaft eher früher als später nachhaltig verändern wird.

Neben organischen Düngemitteln wie Gülle, Jauche oder Kompost werden in der konventionellen Landwirtschaft meist mineralische Dünger eingesetzt. Schon vor dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine war chemischer Dünger teuer geworden. Die von Russland mit dem Einmarsch im Nachbarland ausgelöste Krise hat die Preise am Düngermarkt zuletzt regelrecht explodieren lassen - und damit die Abhängigkeit auch der heimischen Landwirtschaft deutlich gemacht. Denn Russland exportierte - bis vor Kurzem - mehr Stickstoffdünger als jedes andere Land der Welt.

Biostimulanzien als biologisch-nachhaltige und leistbare Alternative
Wenn die astronomischen Preise für chemischen Dünger den Einsatz im Ackerbau unrentabel machen, müssen Landwirte jetzt schnell eine Alternative finden. Sogenannte Biostimulanzien, also Pflanzen- und Bodenhilfsstoffe, können hier Lösungen bieten, um den teuren und angesichts der aktuellen Lage immer weniger verfügbaren Mineraldünger einzusparen. Der oberösterreichische Unternehmer Daniel Kallinger sieht hier eine Zeitenwende und liefert mit seinen Rezepturen aus Mineralien und Mikrorganismen eine regional produzierte, biologisch-nachhaltige und vor allem für Bauern auch leistbare Alternative zu den chemischen Düngern.

Der 35-Jährige startete vor rund 5 Jahren zunächst im Hobbygärtner-Bereich. Obwohl sich der Unternehmer angesichts der Corona-Krise dann vor „massive Herausforderungen“ gestellt sah, verlor er nicht den Glauben an seine Idee. Die Firma nahm frisches Geld in die Hand, führte 2021 neue Produkte ein, fuhr die Produktionskapazitäten hoch und entwickelte ein neues, modernes Design für die oberösterreichische Marke: Global Green war geboren. Heute ist das Unternehmen mit Sitz in Mondsee auch mit Produkten für die Landwirtschaft und seit Kurzem auch mit biologisch-nachhaltigen Pferdepflegemitteln am Markt.

Unternehmer anfangs von Fachleuten belächelt
„Es wird immer von Problemen in der Landwirtschaft gesprochen, aber ohne konstruktive Lösungen“, erklärt Daniel Kallinger, was ihn und sein Team antreibt. Von Anfang an sei sein Ziel gewesen, biologische Alternativen zu den großflächig eingesetzten chemischen Düngern zu entwickeln. Davon ließ sich der 35-Jährige auch dann nicht abbringen, als er von Fachleuten mit den Worten: „Das kann ja nicht funktionieren“ belächelt wurde, wie er sich im Gespräch mit der „Krone“ zurückerinnert. Heute hat Global Green Technology für diverse Anwendungen die richtige Mischung im Sortiment: vom Gemüsebeet und Wein­garten über Weideland bis hin zum Fußballrasen und Ackerbau.

Wobei Biostimulanzien strenggenommen weder Dünge- noch Pflanzenschutzmittel sind, vielmehr handelt es sich um den Oberbegriff für eine neue Klasse von Produktionsmitteln. Sie bieten neue, ergänzende Wege im Pflanzenanbau, um Qualitäten und Erträge abzusichern. Nährstoffe liefern Biostimulanzien keine, vielmehr unterstützen sie Stoffwechselprozesse der Pflanze oder interagieren mit den chemischen und biologischen Bestandteilen in Kulturen und Böden. So fördern Biostimulanzien natürliche physiologische Prozesse, wie der CTO von Global Green Technology für Forschung und Entwicklung, Dr. Lukas Kramberger-Kaplan, erklärt. Der Biologe mit Fachgebiet Phytomedizin hatte Kallinger zufällig kennengelernt, ließ sich von dessen Vision überzeugen und ins Boot holen. Der Experte sieht eine Vielzahl an Vorteilen und die Qualität der Böden könne sich durch den Einsatz auf natürliche Weise sogar steigern. 

In Mondsee wird fleißig weitergeforscht
Dr. Kramberger-Kaplan spricht von einem massiven Einsparungspotenzial bei der Anwendung von Global Green-Produkten gegenüber mineralischem Stickstoffdünger. Bis zu 30 Prozent mehr Wachstum und Ertrag verspricht Global Green. Dabei will es das Team rund um Daniel Kallinger aber nicht belassen, in Mondsee wird fleißig an weiteren Innovationen geforscht. Unter der Leitung von Dr. Kramberger-Kaplan arbeite man derzeit etwa an Stickstoffbakterien auf rein biologischer Basis.

„Wenn der Landwirt das Saatgut ausbringt, wird es zuvor mit Stickstoffbakterien ‚gebeizt‘“, verrät Kallinger mit hörbarer Begeisterung in der Stimme. Wenn die Pflanze dann wachse, „zieht sie dank der Bakterien den Stickstoff aus der Atmosphäre direkt in die Pflanze rein“. In Ammonium umgewandelt, genau was die Pflanze zum Wachsen braucht. Bis zu 50 Prozent Einsparung bei chemisch-synthetischen Stickstoffdünger sieht Global Green hier machbar. „Das alles mit nur einer Anwendung (1 Liter auf 1 ha Anbaufläche ist das Ziel).

Der Einsatz der speziellen Stickstoffbakterien bedeutet übrigens auch eine deutliche Reduktion von CO₂-Emissionen, weil die Herstellung von stickstoffhaltigem Kunstdünger besonders energieintensiv ist. Stickstoffdünger wird aus Ammoniak hergestellt, der wiederum in einem CO₂-intensiven Verfahren gewonnen wird, indem Stickstoff aus der Luft mit Wasserstoff kombiniert wird. Dieser Wasserstoff stammt aus Erdgas. Knapp 80 Prozent der Herstellungskosten von Ammoniak entfallen auf Gas - auch die derzeit hohen Gaspreise wirken sich also direkt auf die Produktionskosten für Dünger und somit letztlich auf die Preise unserer Lebensmittel aus.

Vor diesem Hintergrund werden Produkte wie jene von Global Green Technology für viele Landwirte immer interessanter. Generell ist die Nachfrage seit Anfang März deutlich gestiegen. Hätte es ohne Krise und Krieg möglicherweise bis zu einem Jahrzehnt gedauert, die biologisch-nachhaltigen Alternativen am Markt zu etablieren, geschieht dies nun in rasantem Tempo. Gut, wenn es Menschen wie den 35-jährigen Oberösterreicher gibt, die es wagen, um die Ecke zu denken.

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