Prostitutionsgesetz

Wien verbietet Straßenstrich in Wohngebieten

Österreich
30.05.2011 21:59
Der Entwurf für das neue Prostitutionsgesetz in Wien liegt vor. Kernstück der Novelle ist, dass Straßenprostitution künftig im Wohngebiet nicht mehr erlaubt sein wird. Darüber informierte die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SP) am Montagabend. Die Oppositionsparteien stehen der geplanten Novelle des Prostitutionsgesetzes jedoch skeptisch gegenüber.

Das heißt, künftig wird die - zumindest legale - Straßenprostitution in der Felberstraße, der Linzer Straße sowie in der äußeren Mariahilfer Straße der Vergangenheit angehören. Das Gesetz soll am 30. Juni im Landtag beschlossen werden und mit 1. November in Kraft treten.

"Die Straßenprostitution bleibt weiterhin erlaubt, aber nicht in Wohngebieten", betonte Frauenberger. Als Wohngebiet gelten laut der Stadträtin jene Flächen, die mehrheitlich mit Wohngebäuden bebaut sind. Zudem dürfe es keinen Straßenstrich im Kleingartengebiet, auf Friedhöfen, in Parks im Wohngebiet, in Bahnhöfen sowie Stationsgebäuden und Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel geben, präzisierte Frauenberger.

Prater und Ausfallstraßen als "Grüne Zonen"
Als Beispiele für künftig erlaubte Zonen für die Straßenprostitution nannte die Stadträtin das Erholungsgebiet Prater, Gewerbegebiete oder Ausfallstraßen. Auch der Auhof sei denkbar. In den erlaubten Zonen werden die Sex-Arbeiterinnen keiner zeitlichen Beschränkungen bei der Ausübung ihres Geschäfts unterliegen.

Unter bestimmten Voraussetzungen könnten noch zusätzliche Erlaubniszonen geschaffen werden. Zu den Voraussetzungen zählen laut Frauenberger zum Beispiel die Sicherheit der Sex-Arbeiterinnen, das öffentliche Interesse sowie eine Anhörung der Bezirksvertretung. "Theoretisch" könnten sich die Erlaubniszonen auch im Wohngebiet befinden, sagte Frauenberger, "praktisch muss man sich die Voraussetzungen ansehen".

Schutzzonen-Regelung wird hinfällig
Durch das neue Gesetz werde überdies die bisherige Schutzzonen-Regelung hinfällig, betonte Frauenberger. Die Schutzzonenregelung besagt, dass im Umkreis von 150 Metern von Schulen, Kindergärten und Kirchen die Straßenprostitution verboten ist.

Die am Montagabend präsentierte Novelle wurde von der rot-grünen Stadtregierung auf der Basis von Gesprächen mit zahlreichen Interessengruppen - etwa Anrainern, Prostituierten, Polizei und Bürgerinitiativen - sowie mit den im Gemeinderat vertretenen Oppositionsparteien ÖVP und FPÖ erarbeitet. Man habe versucht, die verschiedenen Wünsche unter einen "legistischen Hut" zu bringen, erklärte Frauenberger. Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Grünen, unterstrich, dass es sich bei dem Gesetz um das "erste rot-grüne Gesetz" handle.

Bordellbetreiber kommen an kürzere Leine
Die Novelle sieht außerdem ein strengeres Bewilligungsverfahren für Bordelle und Laufhäuser vor. Wer ein solches Etablissement eröffnen will, unterliegt künftig der Meldepflicht und braucht eine behördliche Genehmigung. "Das wird sowohl für neue als auch für alte Lokale gelten", betonte Frauenberger. Um die Betriebserlaubnis zu erlangen, müssen Betreiber etwa einen Strafregisterauszug vorlegen und eine Zuverlässigkeitsprüfung bestehen.

Für eine Genehmigung hinderlich seien zum Beispiel ungetilgte Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr oder schwerwiegende Verstöße gegen gewerbe-, sozialversicherungs- oder prostitutionsrechtliche Vorschriften. Die Regelung gilt ab Inkrafttreten des Gesetzes und betrifft zunächst Lokale, die neu eröffnen. Bestehende Betriebe müssen der Meldepflicht binnen einem Jahr nachkommen.

Strafen auch für Freier
Mit 500 Euro Geldstrafe sanktioniert werden künftig Freier, die außerhalb der erlaubten Zonen mit Prostituierten Kontakt aufnehmen oder ein Geschäft anbahnen, kündigte Frauenberger an. Bisher sah das Gesetz nur für Prostituierte Strafen vor.

Gleichzeitig wurden für die Prostituierten die Strafen herabgesetzt. Für das Anbahnen eines Geschäfts in einer verbotenen Zone (zum Beispiel im Wohngebiet) sind künftig 500 statt 700 Euro zu berappen. Bis 800 statt 1.000 Euro kostet es, wenn die Sex-Arbeiterin ohne "Deckel" unterwegs ist. Beim "Deckel" handelt es sich um den Nachweis der Gesundenuntersuchungen. Darüber hinaus kündigte die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein eine "Generalamnestie" an: Strafverfahren gegen Prostituierte, die aufgrund der alten Schutzzonenregelung eingeleitet wurden, würden eingestellt werden.

Skepsis seitens der Opposition
Insbesondere die Definition eines Wohngebiets ist den Oppositionsparteien zu unklar formuliert. Diese lasse "viele Unsicherheiten offen", erklärten die freiheitlichen Landtagsabgeordneten Wolfgang Seidl und Dietbert Kowarik am Dienstag. Der Vorschlag zum neuen Prostitutionsgesetz ist laut FP "keinesfalls der große Wurf". Die Freiheitlichen befürchten, dass auch in Zukunft ein Gutteil der Prostituierten "dort ihrer Arbeit nachgehen wird, wo es ihnen passt und für das Geschäft am besten ist". Die Herabsetzung der Strafen bei Gesetzesübertretungen sei "völlig unverständlich und mit Sicherheit ein vollkommen falsches Signal".

"Landkarte für Verbots- und Erlaubniszonen"
Differenziert" betrachtet VP-Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm die Novelle. "Mit der ins Auge gefassten, sehr unscharfen Regelung der Straßenprostitution weiß wieder niemand, wo sie nun erlaubt und wo verboten ist", erklärte er. Für ausreichende Sicherheit brauche es eine Landkarte für Verbots- und Erlaubniszonen. "Auf eine solche konnten sich SP und Grüne jedoch nicht einigen", ärgerte er sich. Der "faule Kompromiss" gehe auf Kosten der Anrainer, der Prostituierten und der Kunden.

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