Lokalaugenschein

Ist Fleisch aus Tirol für uns die bessere Wahl?

Tirol
01.03.2022 18:00

Experten sind sich einig: Für Tier, Klima und Mensch ist in puncto Fleisch neben Reduktion die Regionalität wichtig. Die „Krone“ war für einen Lokalaugenschein auf einem Tiroler Bio-Hof.

Eine Woche ist das kleine Kalb erst alt. Im Laufstall ruht es sich am Strohboden gemütlich aus, mit anderen Kälbern und den Mutterkühen tollt es draußen im Schnee herum. Der urige Bio-Hof Ried am Bichlach steht im Bezirk Kitzbühel. Besitzer und Bauer Werner Hofer verdeutlicht: „Mein Hausverstand sagt mir ganz klar: Es ist auf jeden Fall besser, wenn ich ein gesundes Lebensmittel esse als irgendein Tier, das bereits krank ist.“

Personen, die die Schreckensbilder von regelrechten Fleischfabriken gesehen haben, verbinden Produktion und Konsum oft mit kranken Lebewesen, Leid und Respektlosigkeit. Klimabedenken und Sorge vor multiresistenten Keimen tragen häufig zum Entschluss bei, kein oder weniger Fleisch zu essen.

Höhere Standards in Tirol
„Die Umwelt- und Tierwohlstandards im Ausland sind geringer als in Tirol“, sagt Hofer. Beispielsweise gebe es bei der Rinderzucht in Österreich die dauernde Anbindehaltung nicht mehr (seit dem Jahr 2005, Anm.) – ebenso wenig Kühe, die nie ans Tageslicht kommen. Nach wie vor werden Tiroler Tiere allerdings über lange Strecken von A nach B transportiert – zum Beispiel zum Mästen nach Italien. „Wir machen das seit ein paar Jahren nicht mehr“, zeigt sich Hofer stolz.

Österreichs Importe und Auswirkung auf die Umwelt
Laut der Tiroler Ernährungserhebung 2015 essen Tiroler um rund 149% und Tirolerinnen um rund 22% mehr Fleisch als empfohlen. Der Konsum ist hoch, das sieht auch Hofer: „Wir brauchen in Österreich doppelt so viel Kalbfleisch wie wir Kälber haben.“ An Fleisch mangelt es trotzdem nicht: Wir importieren. Zwischen 2011 und 2013 waren es bei Rindfleisch durchschnittlich 18%, bei Schweinefleisch 25% und bei Geflügel 44% der konsumierten Ware.

Oft beziehen wir aus Deutschland, aber auch aus Ungarn, den Niederlanden, Slowenien, Italien, Polen und Brasilien - laut Agrarmarketing kommen bei Rindfleisch noch die USA und Australien dazu. „Importiert wurde hauptsächlich aus Ländern (EU, Anm.), in denen der Druck auf Ökosysteme und Biodiversität pro produzierter Tonne an Fleisch relativ ähnlich wie in Österreich war“, erklärt Nicolas Roux vom Institut für Soziale Ökologie an der BOKU Wien. Er ist auch einer der Autoren der Studie, aus der die Importzahlen stammen.

„Alles zusammengerechnet erhöhen Importe an Fleisch, Milchprodukten und Eiern den Druck auf Ökosysteme und Biodiversität um 1% im Vergleich zu der hypothetischen Situation, in der alle in Österreich konsumierten Tierprodukte in Österreich produziert gewesen wären“, erklärt Roux. Um die ökologischen Auswirkungen von Fleisch und Tierprodukten zu reduzieren, müsse man den Konsum reduzieren“, meint er.

Die Wahl des Futters spielt eine wesentliche Rolle
Auch die Wahl des Futtermittels spielt eine große Rolle bei den Auswirkungen auf die Umwelt. Maximilian Gritsch von Bio Austria erklärt, dass die Tiere in Tirol mit Gras, Heu, Kraftfutter und meist hier angebautem Mais gefüttert werden. Aber auch Kraftfutter aus Südamerika werde eingesetzt – Stichwort Regenwaldrodung. Laut der Tiroler Landwirtschaftskammer kommt hingegen Futter nie aus Südamerika und Kraftfutter aus Österreich oder den Nachbarländern. Neben dem Transport hätten laut Gritsch die Art des Anbaus, Pestizide und mineralische Dünger Auswirkungen auf die Umweltbilanz. Generell habe Fleisch den höchsten Emissions-Rucksack: Er sei 8- bis 30-mal so hoch wie bei pflanzlichen Produkten. Bio-Produkte würden jedoch besser abschneiden.

Für Gritsch ist aber auch klar: „Die Milch- bzw. Fleischproduktion passt zu Tirol.“ In vielen Gegenden sei Ackerbau nicht möglich. Rindfleisch weise zwar die meisten Emissionen aller Fleischsorten auf, solches aus Weidesystemen auf mittlerer und niedriger Intensitätsstufe - damit fast immer auch Bio-Rindfleisch - habe aber einen wichtigen Stellenwert für die Ernährungssicherheit und fördere die Biodiversität im alpinen Grünland. Ausschlaggebend sei dabei, dass die Tiere mit gutem und natürlichem Futter, bestenfalls aus Österreich, versorgt werden.

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