Fühlt „innere Scham“

Ex-Papst bittet Missbrauchsopfer um Verzeihung

Ausland
08.02.2022 13:45

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche um Verzeihung gebeten - konkrete Vertuschungsvorwürfe gegen sich aber entschieden zurückgewiesen. Er wolle seine „tiefe Scham“, seinen „großen Schmerz“ und seine „aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs zum Ausdruck bringen“.

„Ich habe in der katholischen Kirche große Verantwortung getragen. Umso größer ist mein Schmerz über die Vergehen und Fehler, die in meinen Amtszeiten und an den betreffenden Orten geschehen sind“, schrieb er in einer Stellungnahme, die der Vatikan am Dienstag veröffentlichte.

„Kardinal Ratzinger nicht an Vertuschung beteiligt“
Benedikt - der frühere Kardinal Joseph Ratzinger - steht seit Wochen heftig in der Kritik, weil ihm ein Gutachten zu Missbrauchsfällen im Erzbistum München und Freising Fehlverhalten in vier Fällen vorwirft. Gutachter gehen davon aus, dass Ratzinger in seiner Zeit als Münchner Erzbischof Priester, die Kinder missbraucht hatten, wieder in der Seelsorge einsetzte. Auch diese Vorwürfe bestritt Ratzingers Rechtsbeistand. „Das Gutachten enthält keinen Beweis für einen Vorwurf des Fehlverhaltens oder der Mithilfe bei einer Vertuschung“, heißt es darin. „Als Erzbischof war Kardinal Ratzinger nicht an einer Vertuschung von Missbrauchstaten beteiligt.“

Den Brief von Benedikt XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten im Wortlaut finden Sie HIER.

Benedikt äußerte sich auch selbst zu Vorwürfen, er habe über seine Teilnahme an einer Sitzung gelogen, in der es um die Versetzung eines Priesters von Nordrhein-Westfalen nach Bayern ging. Dieser Priester soll später in zwei oberbayerischen Gemeinden wieder mehrere Kinder missbraucht haben. Die falsche Angabe, er sei bei der fraglichen Sitzung nicht dabei gewesen, beruhe auf einem Missverständnis. 

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Dass das Versehen ausgenutzt wurde, um an meiner Wahrhaftigkeit zu zweifeln, ja, mich als Lügner darzustellen, hat mich tief getroffen.

Kardinal Ratzinger

Ex-Papst: Bezeichnung als Lügner „hat mich tief getroffen“
„Bei der Riesenarbeit jener Tage - der Erarbeitung der Stellungnahme - ist ein Versehen erfolgt, was die Frage meiner Teilnahme an der Ordinariatssitzung vom 15. Jänner 1980 betrifft“. Der Fehler sei „nicht beabsichtigt“ gewesen - und „so hoffe ich, auch entschuldbar“, schreibt Benedikt. „Dass das Versehen ausgenutzt wurde, um an meiner Wahrhaftigkeit zu zweifeln, ja, mich als Lügner darzustellen, hat mich tief getroffen.“

Fakten

Laut dem am 20. Jänner vorgestellten Gutachten wurden mindestens 497 Kinder und Jugendliche zwischen 1945 und 2019 in dem katholischen Bistum von Priestern, Diakonen oder anderen Mitarbeitern der Kirche sexuell missbraucht. Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es demnach - darunter 173 Priester und neun Diakone. Von einer viel größeren Dunkelziffer sei auszugehen.

Die Teilnahme an der Sitzung belege nicht, dass er von früheren Missbrauchstaten des Priesters aus Essen gewusst habe, betonen seine Anwälte. Die Akten zeigten, „dass in der fraglichen Sitzung nicht thematisiert wurde, dass der Priester sexuellen Missbrauch begangen hat“, schreiben sie.

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