Doch bei Sitzung dabei

Missbrauchsgutachten: Ex-Papst korrigiert Aussage

Ausland
24.01.2022 11:20

Ein Gutachten zu sexuellem Missbrauch im deutschen Erzbistum München und Freising hat den damaligen Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger, den späteren Papst Benedikt XVI., schwer belastet und in Erklärungsnot gebracht. Nun hat das einstige Oberhaupt der katholischen Kirche eine wesentliche Aussage zu dem Missbrauchsgutachten korrigiert und eingeräumt, doch an einer Ordinariatssitzung am 15. Jänner 1980 teilgenommen zu haben. Der Fehler sei aber „nicht aus böser Absicht heraus geschehen“, sondern „Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“.

Dies tue ihm „sehr leid“ und er bitte, dies zu entschuldigen. Allerdings sei in der betreffenden Sitzung „über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters nicht entschieden“ worden. Vielmehr habe man lediglich der Bitte entsprochen, dem Mann „während seiner therapeutischen Behandlung in München Unterkunft zu ermöglichen“. Wie es zu dem Versehen kam, will Benedikt XVI. in seiner „noch ausstehenden Stellungnahme“ erklären.

Eine ausführliche Stellungnahme will der ehemalige Papst, der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München-Freising war, zu einem späteren Zeitpunkt abgeben, sagte sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein gegenüber Kathpress. Der 94-Jährige bitte um Verständnis, dass die vollständige Durchsicht des 1900 Seiten starken Gutachtens noch Zeit benötige. Die bisherige Lektüre der Ausführungen, so die Erklärung, erfülle ihn „mit Scham und Schmerz über das Leid“, das den Opfern zugefügt worden ist.

Fehlverhalten in vier Fällen?
Das vom Erzbistum selbst in Auftrag gegebenes Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), das am Donnerstag veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt wurden. Benedikts Rolle ist besonders brisant. Ihm werden vier Fälle von Fehlverhalten angelastet. Er hat die Vorwürfe in einer Verteidigungsschrift zurückgewiesen. Die Gutachter gehen davon aus, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die Wahrheit gesagt hat.

Die Gutachter bekundeten unter anderem erhebliche Zweifel an Aussagen von Benedikt XVI. zu einem besonders brisanten Fall eines Wiederholungstäters. Die Causa sorgte als „Fall Peter H.“ bereits mehrfach für internationale Schlagzeilen. Bei der betreffenden Ordinariatskonferenz im Jänner 1980 ging es darum, diesen Priester aus der Diözese Essen in München aufzunehmen. Ob während der Sitzung auch über die Vorgeschichte von Peter H. gesprochen wurde, konnten auch die WSW-Gutachter nicht mit Sicherheit klären. Benedikt XVI. hatte jedenfalls in seiner ersten, 82-seitigen Stellungnahme im Rahmen der Anhörung, die in das Gutachten aufgenommen wurde, bestritten, an der Sitzung überhaupt teilgenommen zu haben.

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