Großer Betrug im ACV

Pässe gefälscht, weil Impfung „Blödsinn“ ist

Nicht Geld soll anfangs die antreibende Kraft für eine Mitarbeiterin des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASBÖ), die im Verdacht steht, mehrere Impfpässe im Austria Center Vienna (ACV) gefälscht zu haben, gewesen sein. Viel mehr halte sie die Impfung schlicht für „Blödsinn“. Bislang bestätigte die Polizei nur zwei Verdächtige, laut Ermittlungsakt dürften aber weit mehr Mitarbeiter in den Impfbetrug involviert sein.

Bereits seit dem Frühjahr dürfte es im ACV im groß angelegten Stil zur Ausstellung von gefälschten Impfpässen zum Nachweis einer Covid-19-Schutzimpfung gekommen sein. Die Landespolizeidirektion ermittelt bereits seit Mai gegen mehrere Verdächtigte, die beim (ASBÖ) beschäftigt waren, wegen schweren Betrugs, betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs und Urkundenfälschung.

Wie aus dem Ermittlungsakt hervorgeht, der in Teilen nun der APA vorliegt, steht der Verdacht auf systematische betrügerische Machenschaften im Raum. Es dürfte demnach deutlich mehr als zwei Verdächtige geben, die die Polizei gegenüber krone.at am Mittwoch bestätigt hatte. Laut Thomas Vescsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, stehen derzeit vier Verdächtige im Zentrum der Erhebungen.

Angehörigen und Freunden Pässe besorgt
Unter ihnen befinden sich auch Impfgegner, die zunächst sich selbst und ihren Angehörigen bzw. Freunden einen Impfpass verschafft haben sollen, ohne dass ihnen je eine Corona-Impfung verabreicht worden wäre. Der Leiter der Impfstraße erlangte Ende Mai von den Vorgängen Kenntnis, er verständigte seine Vorgesetzten, worauf die Polizei eingeschaltet wurde.

Operiert wurde mit Blankoimpfpässen, die offenbar stapelweise an Arbeitsplätzen in der Impfstraße herumlagen und die spielend leicht zu entwenden waren. Auf diesen wurden dann Chargen-Kleber der Corona-Impfstoffe angebracht. Danach wurden die gelben Pässe ausgefüllt und abgestempelt, die vermeintliche Impfung anschließend ins elektronische System eingetragen. Belastet werden die Verdächtigen von Chat-Nachrichten, die sich auf ihren Handys fanden. „Es hat funktioniert, du bist im System“, teilte etwa ein 24-Jähriger einer Kollegin mit, nachdem sie ohne Impfung einen Impfnachweis erhalten hatte.

„Man kann viel Geld damit verdienen ...“
Zunächst spielten finanzielle Beweggründe offenbar keine bzw. keine gewichtige Rolle. Die Impfung sei „Blödsinn“, meinte eine Verdächtige, nachdem sie aufgeflogen und mit der Sachlage konfrontiert worden war. Sie habe sich und ihrer Familie das Reisen wieder möglich machen wollen, führte sie ins Treffen. Rasch wurde den mutmaßlich Tatbeteiligten aber klar, „dass dieses Geschäft illegal ist, man damit sehr viel Geld verdienen kann“, wie eine 19 Jahre alte Verdächtige eine Kollegin wissen ließ, die sie zum Mitmachen überreden wollte. Die Angesprochene meldete jedoch den Vorfall.

In welchem Ausmaß Geld geflossen ist, ist ebenso Gegenstand der laufenden Ermittlungen wie die Frage, wie viele Tatbeteiligte es insgesamt unter den Mitarbeitern in der Impfstraße im ACV nun wirklich gegeben hat. Die diesbezüglichen Erhebungen dürften noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Auch jene Personen, die sich eine Impfung erkauft haben, müssen mit einem Strafverfahren rechnen.

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Wir gehen davon aus, dass es unter 100, aber mehrere Dutzend Fälle sind.

Stefanie Kurzweil vom ASBÖ

Der ASBÖ hatte zuletzt versichert, man habe die internen Abläufe angepasst und die Sicherheitsmaßnahmen verschärft, um Manipulationen beim Impfen gegen Covid-19 entgegenzuwirken. Der ASBÖ geht derzeit „von unter 100, aber mehreren Dutzend Fällen“ aus.

Mitarbeiter, gegen die sich die Verdachtslage erhärtet hatte, wurden fristlos entlassen. Zwei von ihnen werden vom Wiener Rechtsanwalt Nikolaus Rast vertreten. „Das stimmt alles nicht“, wies Rast am Donnerstag auf APA-Anfrage die Vorwürfe gegen seine Mandanten zurück.

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