Wer ein Testament verfasst, muss sich mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen. Das Tabuthema Tod schwindet zwar, aber nur 40 Prozent der Oberösterreicher haben ihren Nachlass nach eigenem Willen geregelt
Der bislang unbekannte Erbonkel aus Amerika, der einem ein Vermögen hinterlässt. Diesen „Idealfall“, der die Freude über das Erbe mit wenig bis keiner Trauer vermischt, gibt’s so gut wie nie. Und während wir zu Allerheiligen den Verstorbenen und Erblassern gedenken, setzen sich die allermeisten Oberösterreicher nicht mit den eigenen Tod und dem Nachlass auseinander. „Nur 40 Prozent der Oberösterreicher und da vor allem die älteren, haben ein Testament verfasst“, weiß Teresa Maria Mursch-Edlmayr vom Linzer Notariat Gintenreiter. Dabei ist dies, abgesehen von Schenkungen zu Lebzeiten, der oft einzige Weg, Personen außerhalb der Kernfamilie etwas zu hinterlassen – schon Geschwister stehen außerhalb und Lebenspartner, die keinen Ehering tragen.
Je nachdem, welche Untersuchungen man zu Rate zieht, kann im Durchschnitt jeder Oberösterreicher mit einer Erbschaft in der Höhe von 80.000 Euro rechnen – im Durchschnitt wohlgemerkt. Die Arbeiterkammer hat errechnet, dass die meisten aber eher weniger bekommen, die „obersten zehn Prozent“ Werte von mindestens 300.000 €.
Es sind vor allem die alleinstehenden und kinderlosen Frauen, die sich am meisten darüber Gedanken machen, auch an Vereine Geld zu vermachen. Das merkt auch unsere Initiative, der schon 97 Organisationen angehören.
Markus Aichelburg, Projektleiter von „Vergissmeinnicht“
„Habe nichts zu vererben“
In einer Umfrage für den Verein „Vergissmeinnicht“, der sich um Testamentsspenden für wohltätige Organisationen bemüht, gaben gar 16 Prozent der Oberösterreicher an, kein Testament zu machen, weil sie „nichts zu vererben haben“. Die Veränderung der Gesellschaft zeigt sich auch beim Vererben: „Drei Prozent jener, die ein Testament haben, bedenken darin auch eine Organisation, zumeist jene, die sich um Tiere oder Kinder annehmen. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren damit verdreifacht“, sagt Markus Aichelburg, Projektleiter von „Vergissmeinnicht“.
Dass sich das Erbrecht im Jahr 2017 stark verändert hat, sei aber rund 60 Prozent der Oberösterreich nicht bewusst, weiß Teresa Maria Mursch-Edlmayr. Übrigens: Rund 150 Oberösterreicher versterben jährlich, ohne irgendeinen auffindbaren Verwandten und ihr Erbe fällt dem Staat zu – immerhin sind das fast zwei Millionen Euro.
Parentelsystem & Ehepartner
Der Ehepartner erbt neben Kindern und deren Nachkommen (1. Parentel) ein Drittel. Gibt es keine Kinder, erbt der Partner neben den Eltern des Verstorbenen zwei Drittel. Geschwister haben in diesem Fall kein Erbrecht. Ansonsten erbt der Ehepartner alles. Abgesehen vom Erbrecht des Ehepartners gilt in Österreich das Parentelsystem. Immer wenn in einem Parentel niemand mehr vorhanden ist, erbt das nächste. 1. Parentel: Kinder. Alle erben zu gleichen Teilen, ist ein Kind verstorben gehen die Anteile auf die Kindeskinder und wenn keine vorhanden sind, auf die anderen Kinder über. 2. Parentel: Eltern, Geschwister. Geschwister erben, wenn ein Elternteil oder beide bereits verstorben sind. 3. Parentel: Großeltern und deren Nachkommen. 4. Parentel: Urgroßeltern, aber nicht deren Nachkommen.
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