krone.at-Kritik

Reise in den Osten: So gut ist der neue Asterix!

Medien
21.10.2021 00:01

Ein Tag der Freude für alle Asterix-Fans: Das neue Abenteuer „Asterix und der Greif“ ist ab heute im Handel erhältlich. Das mittlerweile 39. Album beschert uns ein winterliches Abenteuer im Schnee, bei dem es die Kult-Gallier ins „Barbaricum“ an den östlichsten Rand Europas, zum sympathischen Volk der Sarmaten, verschlägt. Ein großes Vergnügen und jede Menge Backpfeifen garantiert - davon konnten wir uns vorab für unsere Leser bei einer geheimen Lesung überzeugen.

Das fünfte Gemeinschaftswerk von Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichner) ist ein wilder Ritt durch schneebedeckte Steppen, wo unsere gallischen Freunde natürlich wieder auf jede Menge Römer treffen. Fans können jedenfalls beruhigt sein: Ferri/Conrad setzen das Werk der Comic-Genies und Asterix-Väter René Goscinny und Albert Uderzo auch in „Asterix und der Greif“ mit einer überaus spannenden und gewohnt lustigen Reise in den tiefsten Osten Europas respektvoll fort. Das Duo bringt den kleinen Gallier aber zugleich behutsam mit jeder neuen Geschichte ein weiteres großes Stück in die Moderne.

Mythisches Fabelwesen und kriegerisches Nomadenvolk
Von der hohen Qualität des 39. Albums konnte sich krone.at vorab selbst bei einer geheimen Lesung überzeugen und mit Autor Ferri in Berlin über das neue Werk sprechen (siehe auch Video oben). Asterix & Obelix bekommen es ja diesmal, soviel verrät schon der Titel, mit einem Greifen (also einem der Mythologie entsprungenes Mischwesen; meist dargestellt mit löwenartigem Leib und Adlerkopf sowie Flügeln) zu tun. Dabei hatte Ferri ursprünglich eine Parodie auf den Kalten Krieg angedacht, kam aber dann irgendwie auf den Greif, und über diesen schließlich auf das Volk der Sarmaten, wie er verrät.

Wobei wie immer bei den Geschichten der unbeugsamen Gallier zu beachten ist: Asterix soll als Unterhaltungslektüre im Popkultur-Olymp nicht als ein Geschichtsbuch verstanden werden. So gibt es DAS Volk der Sarmaten in der Forschung nicht. Vielmehr handelt es sich (was den Wert der gallischen Comic-Abenteuer aber keineswegs schmälert) auch bei den Sarmaten um eine vereinfachte Version eines komplexen Abschnitts der Menschheitsgeschichte, der sich uns in der Gegenwart nur anhand weniger schriftlicher Quellen und Ausgrabungsfunden erschließt. Von ihrer ersten Erwähnung durch Griechen und Römer, über ihre „Wiederentdeckung“ in der Renaissance bis hin zu polnischen, litauischen, ungarischen, serbischen und ossetischen Nationalismen der modernen Zeit - die Sarmaten waren in rund 2000 Jahren einer ständigen Veränderung unterworfen, wie wohl die Geschichte der Menschheit im Allgemeinen.

So handelte es sich laut Historikern - so viel gilt heute zumindest als gesichert - bei den Sarmaten ursprünglich um eine Stammeskonföderation (nord)iranischer Reitervölker, die von antiken Schriftquellen erstmals für das Jahr 513 v. Chr. erwähnt werden. Die Sarmaten waren demnach mit den Reiternomaden-Völkern der Skythen verwandt und siedelten zwischen dem 6. Jahrhundert v. Chr. und dem 4. Jahrhundert n. Chr. im Steppengebiet der späteren südrussischen und ukrainischen Gebiete.

Amazonen als Vorfahren
Wo es wieder für Asterix interessant wird: Die Sarmaten vermischten sich nicht nur mit den Skythen, sondern auch mit den Amazonen. Die Gallier steuern dann auf ihrer jüngsten Reise ein Dorf der Sarmaten an, in dem die Frauen eine hohe Stellung und kämpferische Ausstattung vorweisen. Sie stellen die Krieger, während die Männer zu Hause am Herd bleiben. Bei der Kinderbetreuung wechseln sich die Geschlechter in der Siedlung, sehr zur Verwunderung der Besucher aus Gallien, ab. Historisch ist das alles andere als an den Haaren herbeigezogen: Schon um 165 n. Chr. wurde berichtet, wie die sarmatische Königin Amage im 3. Jahrhundert v. Chr. eigenhändig den Herrscher der Krim-Skythen besiegte. Frauenpower pur!

Asterix-Autor Jean-Yves Ferri beschreibt das Sarmaten-Dorf im Gespräch mit krone.at „als eine Art Spiegelbild“ des uns allseits bekannten und geliebten gallischen Dorfes, allerdings mit umgekehrten Geschlechterrollen. „Es gibt eine Art Obelix, auch eine Asterix, und auch für die anderen Personen im Dorf gibt es Entsprechungen“, so Ferri. „Aber in diesem Dorf ist alles umgekehrt und auch die Rollenverteilung ist umgekehrt“, so der Franzose. Dies sei ein guter Ansatz, „um Reaktionen bei den Galliern zu erzeugen. Um zu sehen: wie reagieren die auf solche Situationen“.

Die Asterix-Autoren kommen damit ihrem Versprechen nach, den gallischen Abenteuern mehr weibliche Hauptfiguren hinzuzufügen - ohne dabei aber der Männerriege rund um Asterix und Obelix etwas „wegzunehmen“. Eine gefährliche Gratwanderung in Zeiten von MeToo, die Ferri und Conrad jedoch mit Bravour und einer gehörigen Prise Humor meistern. Sorgen, die Nachfolger der Asterix-Väter Goscinny und Uderzo könnten damit die Tradition der Comic-Welt der Gallier verraten, braucht sich wirklich kein Fan machen.

Immer wieder Themen, die in die jeweilige Zeit passen
Schon mit dem 38. Album „Asterix und die Tochter Vercingetorix“ hatte das Duo mit der titelspendenden Häuptlingstochter ganz bewusst eine starke Frau in den Mittelpunkt einer Asterix-Geschichte gerückt - und damit auch für einige spannende Diskussionen gesorgt. Wobei der von vielen Medien damals herbeigeschriebene Vergleich mit Umweltaktivistin Greta Thunberg „lediglich dem Zufall geschuldet“ war, wie Ferri/Conrad 2019 im Gespräch mit krone.at betont hatten. Auch beim 37. Band, „Asterix in Italien“, hatten viele Leser Anspielungen zu einem brandaktuellen Thema hineingelesen: den Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens. Das heißt aber nur, dass die Autoren immer wieder Themen finden, die in die jeweilige Zeit passen, wie sie selbst sagen.

Auch die Frauenpower des jüngsten Albums hat wohl weniger mit Feminismus zu tun, dazu sind Ferri und Conrad geschichtlich zu sehr an einen zeitlichen Rahmen gebunden, wie sie selbst stets zu bedenken geben. Dass es Ihnen dennoch gelingt, auf solch ungezwungene Art und Weise starke Frauen ins gallische Comic-Universum einzuführen, zeichnet die beiden Franzosen als kreative Köpfe hinter Asterix & Co. umso mehr aus - und kann anhand herrlicher Zitate aus „Asterix und der Greif“ ganz leicht veranschaulicht werden.

„Und Krieg ist nun mal Frauensache“
Etwa wenn die Anführerin der Sarmaten, Matrjoschka, dem „kleinen Gallier“ erklärt, dass die Römer leider nur eine Sprache verstünden, „die des Krieges. Und Krieg ist nun mal Frauensache“. Oder wenn sich Matrjoschka über ihren Gatten, den Schamanen des Dorfes, auslässt: „Heirate niemals einen Schamanen. Keinerlei Eigeninitiative. Immer heißt es nur ‚Meine Trommel, meine Trommel, meine Trommel …‘“

Der Schamane ist übrigens auch der Grund für die Reise der Gallier an den nordöstlichen Rand des europäischen Kontinents. Der Schamane und der Druide Miraculix lernten sich einst bei einem Seminar für alternative Magie im legendären Karnutenwald kennen. Wie so oft in der mehr als 60 Jahre umspannenden Geschichte von Asterix stellt eine Bekanntschaft mit „Ausländern“ somit den Ausgangspunkt für die Handlung dar. So bitten die Sarmaten die Gallier um Hilfe gegen - Sie werden es sicherlich erraten - die Römer.

Julius Cäsar hat es auf den sagenumwobenen Greif abgesehen
Julius Cäsar höchstpersönlich hat es nämlich auf den sagenumwobenen Greif abgesehen und zu diesem Zwecke eine Expedition in den unbekannten Osten Europas entsandt. Cäsar will damit die Blamage vergessen machen, die er angesichts seines Scheiterns bei der Jagd eines Einhorns kassiert hatte. Der Besitz dieses gehörnten Wesens der Mythologie blieb dem römischen Kaiser verwehrt und die „kritischen Kommentare in den Foren“ gehen dem Imperator einfach nicht aus dem Kopf. Also muss es diesmal beim Greifen ein Erfolg werden, was den verantwortlichen Dansonjus und den Geografen Globulus ordentlich ins Schwitzen bringen wird.

Und weil nur die Schamanen wissen, wo der Greif zu finden ist, werden die Römer schnell zum großen Problem für das Dorf der Sarmaten. Als dann die Gallier in der schneebedeckten Steppenlandschaft „Barbaricums“ - wie es die Römer gewohnt arrogant, aber auch mit Furcht in der Stimme nennen - eintreffen, ist die Jagd auf den Greif endgültig eröffnet. Für die römischen Soldaten scheint dabei in ihrem Aberglauben festzustehen: Der Auftrag in dieser „finsteren Region“ Europas wird sie geradewegs an den Rand der Welt führen.

Bevor das jetzt zu düster anklingen mag: Selbstverständlich ist „Asterix und der Greif“ mit ganz viel gallischem Humor gewürzt. Unter anderem mit einem wundervollen Running-Gag, der sich mit Obelix und einem Pferd durch die Geschichte zieht. Und als der gallische Vielfraß im Wald einen Wolf sichtet, ist seine Frage für echte Fans des Hinkelstein-Produzenten wohl naheliegend: „Ein Wolf. Kann man Wölfe essen?“ Asterix sei zwar eine Figur, die manchmal „ein bisschen ruppig“ sei, wie es Ferri formuliert. Aber trotz aller Streitereien gehe es bei Asterix und Obelix stets darum, anderen zu helfen und gegen die Unterdrücker zu kämpfen. Die gallischen Abenteuer sind also letztlich immer „optimistische Geschichten“ und Ferri ist überzeugt: „Wir alle, auch die jungen Leute, haben es nötig, auch mal ab und zu lachen!“

Berührende Hommage an Asterix-Vater Uderzo
Besonders schön am 39. Album: Von Uderzo, der im Vorjahr im Alter von 92 Jahren verstorben ist, nehmen die kreativen Erben mit einer berührenden Hommage Abschied, wenn auf der letzten Seite beim obligatorischen Dorfgelage eine kleine Eule mit einem Beutel über der Schulter und einer Träne im Auge aus dem Bild spaziert.

Seit dem ersten Auftritt der beiden unbeugsamen Gallier im Jahre 1959 wurden weltweit über 385 Millionen Alben verkauft. Die beliebte Reihe schreibt bereits 62 Jahre erfolgreiche Comic-Geschichte. Das 39. Asterix-Abenteuer „Asterix und der Greif“ ist ab sofort im Handel (Hardcover 14 Euro, Softcover 6,90 Euro) und online im Egmont-Shop erhältlich.

Gewinnen Sie signiertes Asterix-Album!
krone.at feiert das 39. Album mit einem ganz besonderen Gewinnspiel: Neben 20 x 1 Exemplaren von „Asterix und der Greif“ hat uns Autor Jean-Yves Ferri für einen glücklichen „Krone“-Leser ein Exemplar des neuen Abenteuers signiert und mit einer Zeichnung versehen! Nutzen Sie ihre Chance auf dieses einmalige Sammlerstück, das wohl das Herz eines jeden Fans der unbeugsamen Gallier höherschlagen lässt!

Das Gewinnspiel ist bereits beendet, wir bedanken uns für die zahlreichen Teilnahmen!

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