Lobbying-Affäre

Ernst Strasser drohen bis zu zehn Jahre Haft

Österreich
22.03.2011 07:30
Für den zurückgetretenen EU-Abgeordneten Ernst Strasser könnte es knüppeldick kommen: Wegen der Lobbyisten-Affäre drohen dem Ex-Delegationsleiter der ÖVP bis zu zehn Jahre Haft. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft kündigte am Montag eine Prüfung an, ob Strasser den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt hat.

Laut Martin Ulrich, dem Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA), müsse jedoch zunächst geklärt werden, inwieweit die Immunitätsbestimmungen für EU-Abgeordnete einer Ermittlung im Wege stehen.

Gemäß Bestimmung im Strafgesetzbuch macht sich strafbar, wer als Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für sich fordert, annimmt oder sich versprechen lässt. Das Gesetz sieht dafür einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren Haft vor. Wer allerdings "die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begeht", dem drohen ein bis zehn Jahre Haft.

Undercover-Reportage kostete Strasser Job
Strasser war am Sonntag als Europaabgeordneter zurückgetreten. Zur Stolperfalle für den ehemaligen ÖVP-Innenminister wurde eine Korruptionsreportage der britischen "Sunday Times". Strasser stimmte zwei Undercover-Reportern zu, für 100.000 Euro pro Jahr ihre Anträge im EU-Parlament einzubringen. Die Reporter hatten die Unterredungen auf Video aufgezeichnet und veröffentlicht.

KStA ermittelt seit fast einer Woche
Der KStA war der Vorwurf seit vergangenem Dienstag bekannt. Sie hatte daraufhin umgehend Vorermittlungen aufgenommen. "Zunächst müssen wir die Vorfrage klären, ob sich der Verdächtige noch auf seine Immunität berufen kann", so KStA-Sprecher Ulrich. Diese Frage werde sich "sehr zeitnah" entscheiden. Man hoffe, dass das Präsidium des EU-Parlaments spätestens in der kommenden Woche die Anfrage beantworten wird, ob nach Strassers Rücktritt von seiner politischen Funktion die Immunitätsbestimmungen auf ihn noch anzuwenden sind.

Klar ist, dass Strasser grundsätzlich dem österreichischen Strafgesetzbuch unterliegt. Dieses bezieht sich auch auf österreichische Staatsbürger, die als Amtsträger bei internationalen Organisationen tätig sind.

Sollte tatsächlich ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit eingeleitet werden, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass beim zu untersuchenden Vorgang - den von den Enthüllungsjournalisten inszenierten Gesprächen mit Strasser - Verjährung vorliegt. Laut Strafgesetzbuch beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, wenn die Handlung mit mehr als einjähriger, aber höchstens fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Bei einer Strafdrohung von fünf bis zehn Jahren erhöht sich die Frist auf zehn Jahre.

Pirker feiert Comeback
Nachfolger von Strasser im EU-Parlament wird Hubert Pirker. Der 62-Jährige war schon von November 1996 bis Juli 2004 und dann von Februar 2006 bis Juli 2009 Europaabgeordneter. Bei den Wahlen 2004 und 2009 verlor er sein Mandat. Schon 2005 profitierte er allerdings von einem vorzeitigen Abgang: Da konnte er zurückkehren, weil Ursula Stenzel Bezirksvorsteherin von Wien-Innere Stadt wurde.

Köpferollen in Brüssel geht weiter
Das Köpferollen in der Lobbyisten-Affäre ging am Montag unterdessen munter weiter. Auch der slowenische Europaabgeordnete Zoran Thaler trat zurück, nachdem er britischen Enthüllungsjournalisten auf den Leim gegangen war. Er wolle damit zu einer restlosen Aufklärung "dieses Kompromittierungsversuchs" beitragen, sagte der slowenische Ex-Außenminister bei einer Pressekonferenz in Ljubljana. Er habe nichts Ungesetzliches gemacht, betonte er.

Der ebenfalls unter Korruptionsverdacht stehende rumänische Abgeordnete und Ex-Außenminister Adrian Severin iwurde von den Sozialdemokraten (S&D) im EU-Parlament aus der Fraktion ausgeschlossen. Severin weigere sich aber trotzdem weiter, sein Amt als Europaabgeordneter niederzulegen, sagte ein Sprecher von Fraktionschef Martin Schulz. Severin soll als Lobbyisten getarnten Reportern 12.000 Euro für die Veranlassung einer Gesetzesänderung im EU-Parlament in Rechnung gestellt haben.

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