Während Taliban feiern
Videos zeigen panische Fluchtversuche aus Kabul
Während sich die Taliban nun auch in der am Sonntag eingenommenen afghanischen Hauptstadt Kabul breitmachen, versuchen zahlreiche Einwohner panisch zu fliehen. Videoaufnahmen aus Kabul zeigen, wie sich Verzweifelte an startende US-Flugzeuge klammern - für manche ein tödlich endender Fluchtversuch. Unterdessen kursieren weitere Videos im Netz, die Taliban-Kämpfer im Haus eines US-freundlichen Warlords zeigen. Die islamistischen Kämpfer machen sich im pompösen Wohnzimmer breit und lassen sich Tee und Kuchen schmecken.
Nach der Machtübernahme durch die Taliban versuchen westliche Länder fieberhaft, ihre Staatsbürger und ehemaligen Ortskräfte aus Kabul auszufliegen. Am Flughafen spielen sich chaotische Szenen ab, teilweise wurde das Rollfeld von panischen Menschen mit dem Ziel gestürmt, einen Platz in einer Maschine zu ergattern.
Einige klammerten sich an die startenden Maschinen, wie Videoaufnahmen zeigen. Ein Fluchtversuch, der für manche tödlich endete. Videoaufnahmen zeigen, wie Personen von den wegfliegenden Maschinen in den sicheren Tod stürzen (krone.at zeigt die verstörenden Szenen bewusst nicht).
Ein Mann, der in der Nähe des Flughafens lebt, schrieb der Deutschen Presse-Agentur auf Facebook, auf einem benachbarten Dach sei eine dieser Personen gelandet. Es habe gekracht, als habe es eine Explosion gegeben, schrieb der Mann. Er teilte Bilder und Videos der Leiche und sagte noch drei weitere Männer seien in der Nachbarschaft gefunden worden.
US-Soldaten feuerten vereinzelt Warnschüsse ab, auch mit Hubschraubern wurde versucht, die Verzweifelten von den Rollfeldern zu treiben, um den US-Maschinen den Start zu ermöglichen. Die Szenen lassen erahnen, wie groß die Furcht der Menschen vor einer Schreckensherrschaft der radikalen Islamisten ist, die einen Gottesstaat installieren wollen. Seit Beginn ihrer Offensive 2020 hatten die Taliban gezielt Politiker, Journalisten und Aktivisten getötet, die den Aufbau einer moderneren Gesellschaft in Afghanistan gefordert hatten. Auch Zivilisten, die mit dem US-Militär oder anderen westlichen Organisationen zusammengearbeitet hatten, wurden zum Ziel der Gotteskrieger.
Wer Mittel und Möglichkeiten hat, der flieht
Wer Mittel und Möglichkeiten hat, verlässt daher das Land. So auch der frühere Vizepräsident Abdul Raschid Dostum, der sein pompöses Anwesen in Masar-i-Scharif verlassen hat und ins benachbarte Usbekistan floh. Videoaufnahmen zeigen, wie die Taliban sich in Dostums Haus ausbreiten und sich dort Tee und Kuchen schmecken lassen. Dostum hatte nach dem Abzug der Sowjets seine eigene Miliz aufgebaut und die Kontrolle über einige nördliche Provinzen übernommen. Während der Taliban-Herrschaft in den 1990ern war er ins Exil geflohen, kehrte allerdings nach der US-Offensive 2001 wieder zurück und wurde mit Unterstützung der Amerikaner Vizepräsident unter Hamid Karzai.
Dostum werden Massaker an bis zu 3000 Taliban-Kämpfern vorgeworfen, auch sollen seine Milizen regelmäßig geplündert und vergewaltigt haben. Berüchtigt war er auch für seine häufigen Verbündetenwechsel: Zwischen 1979 und 2001 hatte er praktisch jede bedeutende Gruppierung in Afghanistan sowohl zum Verbündeten als auch zum Gegner. Die Videoaufnahmen aus seinem Haus zeigen, welchen Luxus sich Dostum dadurch anhäufte: pompöse goldene Sessel, auf denen sich jetzt die Gotteskrieger breitmachen, silbernes und goldenes Geschirr, üppiges Dekor.
Neue Schreckensherrschaft droht
Die Zivilbevölkerung in Afghanistan dürfte statt Luxus nun eine islamistische Schreckensherrschaft erwarten. Besonders die Rechte von Frauen und Mädchen waren unter den Taliban de facto nicht vorhanden. Mädchen ab acht Jahren war der Schulbesuch verboten. Frauen mussten sich in der Öffentlichkeit mit der Burka verhüllen und durften nicht mehr arbeiten. Sogar lautes Sprechen oder das Sitzen auf dem Balkon oder der Terrasse des eigenen Hauses war ihnen untersagt. Auch die Bilder, als Taliban-Kämpfer Frauen an der Strafraum-Linie des Fußballstadions in Kabul exekutierten, gingen damals um die Welt.
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