„Krone“-Kommentar

Kettenreaktion in die Katastrophe

Kolumnen
25.06.2021 06:00

Tragödien beginnen ohne Paukenschlag: Mit ein paar kühlen Sätzen sprach Slowenien Jugoslawien die Kündigung aus. Das war laut Tito-Verfassung auch möglich, doch Tito war zehn Jahre tot und Jugoslawien in der Hand von untauglichen Serbo-Kommunisten.

Auslöser waren Unruhen im Kosovo, und die Slowenen wollten dort nicht länger Teil des serbischen Unterdrückungsapparats sein. Sprachrohr der Unabhängigkeitsbewegung war der mutige Jung-Kommunist Janez Janša, heute zum dritten Mal Regierungschef und in das Orbán-Lager abgeglitten.

Die serbo-kommunistischen Generäle wollten für Jugoslawien die Grenze zu Österreich „retten“ und setzten aus der Tito-Kaserne in Zagreb die Panzer Richtung Norden in Bewegung. In Slowenien warfen sich die Bürger entgegen, blockierten mit ihren Autos die Straßen, nahmen deren Zerstörung in Kauf.

Die jugoslawische Armee verlor den Grenzkrieg spektakulär. Das ermunterte Kroatien, auch dem „Los von Belgrad!“ zu folgen.

Der serbische KP-Chef Slobodan Milošević säuberte die unfähigen Altkommunisten aus der Generalität und ersetzte sie durch beinharte Nationalisten. Milošević zu dem kroatischen Führer Tudjman: „Ihr könnt gehen, aber ihr dürft die Serben (in Kroatien) nicht mitnehmen!“

Jetzt begann „Jugoslawienkrieg Nr. 2“; zu dem im Vergleich Slowenien nur ein Vorspiel gewesen war. Alles in den Schatten stellte dann Bosnien, gefolgt von Kosovo.

Hätte die Tragödie verhindert werden können? Die Wurzel lag im Zweiten Weltkrieg, der vor Ort ein Krieg von Kroaten gegen Serben war. Das Tito-System hatte diesen Konflikt nur eingefroren, aber nicht bewältigt.

Tito „köpfte“ die beiden großen und rivalisierenden Nationen, indem er zwei neue Bundesstaaten schuf: Den Kroaten nahm er Bosnien und den Serben u. a. Mazedonien weg.

Dennoch blieb das abgrundtiefe Misstrauen, und nach Tito befeuerte Milošević eine Angst-Aggressivität der Serben. Seit dem Blutbad von 1991- 1998 ist Ex-Jugoslawien frei von ethnischer Gewalt, als wäre nie etwas geschehen.

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