„Neugierig, dankbar“

Plassnik: Glühende Europäerin geht in Pension

Politik
21.05.2021 08:42

„190 cm blonder Eigensinn“ hat sie eine türkischen Zeitung 2005 genannt. Konsequenz und körperliche Größe kann man der glühenden Europäerin und früheren Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) nicht absprechen. Seit ihrem Ausscheiden aus der Politik ist sie als Botschafterin tätig - derzeit in der Schweiz. Ende Mai geht die bald 65-Jährige in Pension.

Die ausgebildete Diplomatin war in ihrer Zeit als Außenministerin (2004 bis 2008) international durchaus angesehen, auch wenn die breite Öffentlichkeit in Österreich ihre Erfolge nicht immer so anerkannte. Dass sie die Sahara-Geiseln nach deren monatelangen Gefangenschaft persönlich heimholte, gilt als einer ihrer größten Prestige-Erfolge.

Starre Haltung gegenüber Türkei
Viel Aufsehen erregte Plassnik, als sie 2005 bei ihren EU-Amtskollegen durchsetzte, dass die Beitrittsgespräche mit der Türkei „ergebnisoffen“ geführt werden. Ihr britischer Amtskollege Jack Straw wollte ihr dafür die „Tapferkeitsmedaille“ verleihen. Ihre Standhaftigkeit hatte aber auch ein persönliches Nachspiel: 2011 legte sich die Türkei gegen Plassniks Kandidatur für das Amt der OSZE-Generalsekretärin quer.

Plassnik gilt als glühende Europäerin. Sie sparte nicht an Kosten, als es darum ging, das Außenministerium in Ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten umzubenennen. Durch Kennzeichnung von durch die Union ermöglichten Projekten wollte sie Bewusstsein schaffen, dass Europa auch für die Österreicher so einiges tut. Im November 2008 trat sie aus Unzufriedenheit über den zwischen der SPÖ und ÖVP vereinbarten EU-Kompromiss zurück. Sie hatte sich in den Regierungsverhandlungen zum rot-schwarzen Kabinett von Werner Faymann vergeblich bemüht, die SPÖ von der Forderung nach Volksabstimmungen über wichtige EU-Verträge abzubringen.

Kein einfaches Verhältnis zu den Medien
Plassnik wechselte als ÖVP-Abgeordnete in den Nationalrat. Ende 2011 wurde sie österreichische Botschafterin in Paris, 2016 übernahm sie die Botschaft in Bern. Bei politischen Mitbewerbern, Journalisten und auch ihren Untergebenen galt die gebürtige Kärntnerin als schwierig. Plassnik trat oft unterkühlt auf und hatte wie ihr Förderer Wolfgang Schüssel kein einfaches Verhältnis zu den Medien. Auch die Schweizer Medien hatten manchmal ihre Not mit ihren Formulierungen. Für viel Kritik sorgte etwa, als die Diplomatin sich angeblich genervt darüber zeigte, dass die Schweizer so viel Wert auf ihre Einzigartigkeit legen würden. Nur: Laut Plassnik wurden ihre Aussagen in den Medien falsch wiedergegeben.

Diskretes Privatleben
Auch Klatschspalten sind nicht das ihre, ihr Privatleben hält Plassnik diskret. Gesehen wurde sich höchstens bei Kulturevents. Als Leidenschaft gilt das Sammeln von Converse-Turnschuhen und ein manchmal mutiges Mode-Statement.

Innenpolitische Berichte machen Plassnik „betroffen“
Aktuelle innenpolitische Berichte aus Österreich machen sie „betroffen“, sagt Plassnik und kritisiert die Opposition und Teile der Medien. „Klar“ werde sie in der Schweiz „gelegentlich“ auf die österreichische Innenpolitik wie den Ibiza-U-Ausschuss, die ÖBAG-Chat-Protokolle und Ermittlungen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder angesprochen, berichtet sie. „Was mich persönlich dieser Tage beim Blick auf meine Heimat betroffen macht, ist der völlig überzogene Tonfall, in dem die Opposition und Teile der Medien unterwegs sind.“ Da gehe es nicht mehr um die Sache. „Das ist Selbst-Hysterisierung. Geht uns wirklich das Bewusstsein verloren, dass es in der Politik unsere gemeinsame Pflicht ist, der Republik Österreich und ihren Menschen zu dienen?“ Plassnik würde sich „mehr Respekt füreinander wünschen“.

Zu ihrer persönlichen Zukunft sagt Plassnik in einem APA-Interview, dass sie mit „Neugierde und Dankbarkeit“ in Pension gehe. „Jetzt darf ich eine Seite umblättern und mich auf mehr Freiheit in Wien freuen. Die Themen, die mir immer wichtig waren, bleiben: Europa, Zukunft, Frauen, Wissensvermittlung, Österreich international.“

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