Persönliches Interview

„Will gestalten,will Bögen spannen“

Burgenland
29.11.2020 09:25

Als Kind entwarf er einen Staudamm in seiner Schweizer Heimat. Heute reguliert er die Energien eines enormen kulturellen Erbes. Die vielen Prägungen und unbekannten Seiten des Stefan Ottrubay.

Herr Doktor Ottrubay, Schloss Esterházy als Foto ist nicht unbedingt eine Überraschung,

Das Besondere ist die Perspektive: die barocke Architektur, der Turm mit der neu sanierten historischen Uhr. Und die freigelegten Originalfarben des Schlosses, somit die geschichtliche Veränderung nicht nur von Menschen, sondern auch von Gebäuden.

Inwieweit fand bei Ihnen selbst „geschichtliche Veränderung“ hin zum Burgenländer statt?

Ich freue mich, wenn auch ich nach zwanzig Jahren zum Teil schon als Burgenländer wahrgenommen werde. Ich mag dieses Land und seine Menschen sehr. Ein Teil meines Herzens ist aber natürlich in der Schweiz verwurzelt, wo ich die ersten dreißig Jahre meines Lebens verbracht habe.

Daher Ihr Foto aus Luzern.

Ich habe immer noch eine sehr emotionale Bindung zu Luzern, wo ich bis zur Matura gelebt habe. Es ist ein traumhaftes kleines Juwel. Ein Kultur-Hotspot mit touristischer DNA. Mit dem Bau der ersten Hotels um 1750 wurden die Luzerner zu Berufstouristikern, lange bevor man diesen Begriff gekannt hat. Man holte Königshäuser nach ihrer Entmachtung für einige Monate zum Zwischenhalt nach Luzern. Die Adeligen strömten herbei, um Könige zu bestaunen und die Zimmer zu guten Preisen in Beschlag zu nehmen. Hier kann man viel über Touristik und Kultur lernen.

Auch der Wein ist Teil Ihres Kulturbegriffes

Ich bin seit 25 Jahren mit dem Wein verbunden. Mit einem Cousin habe ich damals einen ungarischen Winzer mit einer kleinen finanziellen Hilfe unterstützt. Heute ist es eines der führenden Weingüter in Ungarn. Diese Erfahrung war das beste Eintrittstor ins Burgenland. Seit knapp zwei Jahren arbeiten wir auch mit modern gefertigten Amphoren, deren Materialien den Wein mit der Luft kommunizieren lassen. Da sind wir mit limitierten Projektweinen am erfolgreichen Experimentieren.

Ungarn hat Ihrer Biografie noch eine dritte Identität hinzugefügt

Ich habe 11 Jahre in Budapest verbracht. Es war die spannende Zeit der Ostöffnung. Wer sich heute für die Europawerdung interessiert, weiß, dass wir 27 Identitäten und unzählige regionale Diversitäten unter einen Hut bringen müssen. Esterházy hat sich immer als eine europäische Familie gesehen, damals natürlich eingebettet in das europäische Reich der Habsburger

die im Übrigen Schweizer gewesen sind

ja (lacht), und das ist das Schöne, dass die Stiftung heute mit ihrer Arbeit wieder in dieser Dynamik zwischen regionaler und europäischer Entwicklung steht. Nachdem der Esterházy’sche Hofstaat um 1860 weitgehend eingeschlafen war, wurden Ende des zwanzigsten Jahrhunderts durch die Entwicklung des Landes, durch Fürstin Melinda, die sehr viel aus eigenen Mitteln investiert hat, geschichtliche Bögen weitergeführt. Das mitgestalten zu dürfen erfüllt mich mit sehr viel Freude.

Sie küssen neben Kulturorten auch wertvolle Naturlandschaften wach

Das letzte Foto ist der „Herzerlteich“ im Schlosspark. Er wurde von uns und der Stadtgemeinde saniert und vor Kurzem der Öffentlichkeit übergeben. Gewässer faszinieren mich. Mit zwölf habe ich gedanklich einen Staudamm für den Kanton Appenzell entworfen, ich meinte, das wäre doch großartig zum Baden für die Touristen. Und siehe da: Im Burgenland begleiten mich die Teiche und Seen als Dauerthema.

Mussten Sie als disziplinierter, von Leistung durchformter Mensch auch lernen, Verständnis für fremde und eigene Schwächen aufzubringen?

Wer etwas schafft, macht Fehler, entdeckt bei sich und anderen Mängel. Mit den Jahren wird man sicher nachsichtiger und verzeiht auch sich selbst Fehler und Lücken. Das ist wohl Teil der persönlichen Menschwerdung eines jeden.

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