Indios & Regenwald

Bischof Kräutler erhält Alternativen Nobelpreis

Vorarlberg
30.09.2010 10:28
Der in Vorarlberg geborene und seit Jahrzehnten in Brasilien tätige Bischof Erwin Kräutler ist einer der vier Preisträger des Alternativen Nobelpreises 2010. Wie die "Right Livelihood Award Foundation" am Donnerstag bekannt gab, werde der Bischof der brasilianischen Diözese Xingu für seinen lebenslangen Einsatz für die Rechte der indigenen Völker und für sein unermüdliches Engagement geehrt, "den Urwald des Amazonas vor der Zerstörung zu bewahren".

Der von der Theologie der Befreiung geprägte Vorarlberger setzt sich unermüdlich für die marginalisierten Indios, Kleinbauern und Landarbeiter Brasiliens ein. Seit 1981 ist er Bischof der Prälatur Xingu, der mit 350.000 Quadratkilometern und 400.000 Einwohnern flächenmäßig größten Diözese Brasiliens. Mit seinem Einsatz für die Armen und Rechtlosen sowie gegen die Umweltzerstörung riskierte Kräutler Leib und Leben - 1987 entging er einem Mordanschlag.

Mit 26 Mahren als Missionar nach Brasilien
Kräutler wurde am 12. Juli 1939 in Koblach in Vorarlberg geboren. Nach der Matura trat er in die Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut ein und studierte in Salzburg Theologe und Philosophie. Am 3. Juli 1965 wurde er zum Priester geweiht. Noch im selben Jahr ging er als Missionar ins brasilianische Amazonasgebiet. Am 7. November 1980 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Bischof-Koadjutor für die Prälatur Xingu ernannt, deren Bischof damals sein Onkel Erich Kräutler war. Am 25. Jänner 1981 wurde er zum Bischof geweiht, am 2. September 1981 trat er die Nachfolge seines Onkels an.

Die Sorge des Bischofs gilt sowohl den Indios als auch den Hunderttausenden Kleinbauern und Landarbeitern seiner Diözese, deren Rechte er gegen die großen agro-industriellen Konzerne verteidigt. Unbeirrt setzte er sich für die Menschen und die Umwelt ein, auch wenn er Morddrohungen bekam und unter Polizeischutz gestellt werden musste. Am 16. Oktober 1987 wurde der Bischof bei einem Anschlag schwer verletzt: Ein Kleinlastwagen hatte frontal sein Auto gerammt. 1983 wurde Kräutler international bekannt als "der verprügelte Bischof", als er wegen Teilnahme an einer Solidaritätsaktion von der Militärpolizei festgenommen und verprügelt wurde.

Wegen Morddrohungen unter Polizeischutz
Seit 2006 befindet sich Kräutler unter permanentem Polizeischutz. Wegen seines Einsatzes gegen den Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte hatte er mehrfach Morddrohungen erhalten. Kräutler gilt seit 30 Jahren als Gegner des Mega-Staudammprojekts am Xingu-Fluss. Der Damm wäre der drittgrößte der Welt und würde 1.000 Quadratkilometer Wald zerstören sowie ein Drittel des Hauptortes Altamira überfluten. 30.000 Menschen müssten umgesiedelt werden.

Kräutler hatte zudem rechtliche Schritte gegen eine kriminelle Gruppe unternommen, die in den sexuellen Missbrauch von Kindern verwickelt sein soll. Schließlich hatte die kompromisslose Aufklärung des Mordes an der Ordensfrau und Umweltaktivistin Dorothy Stang im Jahr 2005 gefordert, die seit 1982 eng mit ihm zusammengearbeitet hatte.

Der Amazonas-Bischof erlebte immer wieder Erfolge. Von 1983 bis 1991 war Kräutler Präsident des Indianermissionsrats der Brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI), seit 2006 hat er das Amt wieder inne. Bei der verfassunggebenden Versammlung Brasiliens 1987 setzte er sich dafür ein, dass die Rechte der Indianer in der Verfassung verankert werden. In seinen 840 Gemeinden ist der meist leger gekleidete Bischof überaus beliebt. Ob am Flughafen oder im Regenwald - er wird erkannt und mit einem "Oi, bispo" (Hallo, Bischof) begrüßt.

"Ich werde das durchziehen, bis ich 75 bin"
In seinem Buch "Mein Leben ist wie der Amazonas" schreibt Kräutler: "Ich spüre die Ohnmacht angesichts so vieler Ungerechtigkeit und bin empört über all die Ausbeutung und Plünderung der Menschen und ihrer Mit-Welt." Aber trotz aller Anfechtungen betont Kräutler, dass er als junger Priester freiwillig nach Brasilien gegangen sei: "Ich werde das durchziehen, bis ich 75 bin" - bis er das kanonische Alter für die Abdankung von Bischöfen erreicht hat.

Vier Ausgezeichnete teilen sich 200.000 Euro
Kräutler teilt sich die Auszeichnung und damit auch die Preissumme in Höhe von 200.000 Euro mit drei weiteren Preisträgern. Der nigerianische Umweltschützer Nnimmo Bassey wird ausgezeichnet, weil er - so das Auswahlkomitee - "die ökologischen und menschlichen Kosten der Ölförderung aufzeigt und mit seinem Einsatz Umweltbewegungen in Nigeria und der ganzen Welt stärkt".

Die Selbsthilfeorganisation Sappros Nepal und ihr Vorsitzender Shrikrishna Upadhyay werden ausgezeichnet, "weil sie selbst im Angesicht der Bedrohung durch politische Gewalt und Instabilität der Welt zeigen, wie die Mobilisierung von Dorfgemeinschaften Armut überwinden kann".

Die Organisation "Physicians for Human Rights-Israel" (Mediziner für Menschenrechte-Israel) wird geehrt "für ihren unbezähmbaren Geist, mit dem sie für das Recht auf Gesundheit für alle Menschen in Israel und Palästina einstehen".

Sozial orientierte Alternative zu Nobelpreisen
Der Alternative Nobelpreis (Right Livelihood Award/RLA) wird seit 1980 jährlich zumeist an vier Preisträger vergeben. Ins Leben gerufen hat ihn der schwedisch-deutsche Philanthrop und Philatelist Jakob von Uexküll. Die Auszeichnung gilt als sozial orientierte Alternative zu den traditionellen Nobelpreisen. Sie wird an Einzelpersonen und Organisationen vergeben, die mit praktischen Methoden für ein menschenwürdigeres Leben kämpfen, etwa in den Bereichen Menschenrechte, Abrüstung, Umweltschutz, Entwicklungshilfe, indigene Völker, Konsumentenschutz, Friedensforschung oder auch Wirtschaft, Bildung und Gesundheit.

Bereits drei österreichische Preisträger seit 1983
Bisher hatten zwei Österreicher den Alternativen Nobelpreis erhalten: 1983 der Ökonom Leopold Kohr und 1986 der Zukunftsforscher Robert Jungk. Beide sind mittlerweile verstorben. Die diesjährige Preisverleihung findet am 6. Dezember im Schwedischen Reichstag statt.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Vorarlberg Wetter
13° / 24°
Symbol wolkig
13° / 26°
Symbol wolkig
14° / 27°
Symbol wolkig
13° / 26°
Symbol heiter
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt