Fernöstlich behandelt

Mädchen nach Therapie todkrank: Ärzte vor Gericht

Wien
26.08.2020 16:26

Da kommt ein schwer krankes Kind nach rein fernostmedizinischer Behandlung in lebensgefährlichem Gesundheitszustand ins Spital. Es überlebt, hat aber noch heute mit den Folgen zu kämpfen. Jetzt, vor Gericht in Wien, schieben sich die zwei angeklagten Ärzte und die Eltern gegenseitig die Verantwortung zu.

Mit fünf Jahren wird bei Maria eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung diagnostiziert. Sie wird in einem Spital in Oberösterreich behandelt, es droht die teilweise Darm-Entfernung. Der Familie wird eine „medizinische Koryphäe“ in einem fernöstlichen Zentrum in Wien empfohlen: ein koreanischer Arzt, jetzt Zweitangeklagter, der in Österreich nur als Therapeut arbeiten darf und beim Erstangeklagten angestellt war. Der Koreaner war für die Eltern aber immer „der behandelnde Arzt“. Es gibt Akupunktur, Entgiftungskugeln, Pulver nach Geheimrezept.

Beginnendes Multiorganversagen
Bald wird Maria nur noch dort therapiert: Weil der Koreaner gesagt habe, eine Behandlung neben seiner eigenen würde alles erschweren, so die Eltern, und dass man ihm „schon vertrauen“ müsse. Regelmäßige Blutbefunde unterbleiben jahrelang. Im Juli 2019 bringen die Eltern Maria ins Spital: beginnendes Multiorganversagen!

Mutter ist selbst Krankenschwester
„Es war immer klar, dass wir komplementär, also zusätzlich zur Schulmedizin, behandeln“, sagt der erstangeklagte Allgemein- und Komplementärarzt. „Wenn ich gewusst hätte, dass da rein komplementär behandelt wird, wäre ich nie darauf hereingefallen“, so die Mutter, eine Krankenschwester, der jahrelang nicht auffiel, dass ihr Kind im Zentrum keinerlei schulmedizinische Behandlung bekommt ...

Der Erstangeklagte will ihr auch immer wieder erfolglos Blutbefunde nahegelegt haben. Sie aber sagt, der Koreaner habe das nicht für nötig gehalten. Diesem vertraute sie, weil sie verzweifelt und „dumm“ gewesen sei, er dermaßen geprahlt habe und sie sich von Danksagungen auf der Website des Zentrums blenden ließ: „Ich dachte, wir seien bei den besten Ärzten der Welt.“

Der Koreaner verantwortet sich übrigens ebenso wie sein Kollege „nicht schuldig“. Vielmehr war vorerst von ihm beim Prozess nicht zu erfahren: Richter Andreas Böhm braucht einen Dolmetscher, um den Mann einvernehmen zu können. Das geht erst beim nächsten Verhandlungstermin - Prozess deshalb vertagt. Ein Verfahren gegen die Mutter war eingestellt worden.

Silvia Schober, Kronen Zeitung

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