Liebe, Gewalt & Geld

Ben Afflecks “The Town – Stadt ohne Gnade”

Kino
22.09.2010 13:46
Boston. Backstein-Beauty mit Ostküstenflair – die Geistesschmiede Harvard im nahen Cambridge. Dass hier kriminelle Energie gärt, scheint auf den ersten Blick paradox. Und doch enthüllt eine FBI-Verbrechensstatistik die dunkle Seite des Bostoner Bezirkes Charlestown, wurden hier doch Mitte der 90er-Jahre Banken und Geldtransporte am laufenden Band überfallen – lukrativer Nebenverdienst des mafiös organisierten irischen Mobs. So erzählt es uns Ben Affleck in seiner zweiten Regiearbeit "The Town - Stadt ohne Gnade", einem Ensemble-Film im Thriller-Gewand rund um einen Bankräuber, der sich in eines seiner Opfer verliebt.

Doug MacRay (Affleck) ist gleich zu Beginn des Films mit seinem treuen aber unberechenbaren Jugendfreund Jim Coughlin (Jeremy Renner) in Aktion. Jim nimmt bei dem Überfall eine Geisel, die Filialleiterin Claire Keesey (Rebecca Hall). Sie wird bald wieder freigelassen. Als sich aber herausstellt, dass sie nur wenige Häuserblocks von den Gangstern entfernt in Charlestown wohnt, wird es gefährlich. Um zu verhindern, dass Jim ihr etwas antut, übernimmt Doug Claires Beschattung und verliebt sich prompt in sie.

Das von Affleck miterarbeitete Drehbuch - basierend auf Chuck Hogans Roman "Prince of Thieves" ("Endspiel") - versucht in der Biografie der Hauptfigur den Schlüssel zur Handlung zu finden. Von der Mutter schon als Kind verlassen, der Vater (Kurzauftritt für Chris Cooper) im Gefängnis, knabbert Doug daran, dass er sich leichtsinnig eine Karriere als Eishockey-Spieler vermasselt hat. Kurz: Doug will neu anfangen und Claire erscheint im richtigen Moment auf der Bildfläche.

Die Kontraste sprechen eine deutliche Sprache: Hier malerisch-renovierte Altbauten, der schlaue aber zaudernde Doug und die zerbrechliche Claire, da schäbige Pubs, der gefährliche Jim und die hartgesottene Krista (Blake Lively), Jims Schwester und Dougs Teilzeit-Geliebte. Doch so nahe die beiden Welten im Problemviertel Charlestown beieinander liegen, so schwer ist der Ausbruch aus dem irischen Unterwelt-Milieu mit seinen festen Loyalitäten, verkörpert durch Dougs enge Bindung an Jim. Jeremy Renner ("The Hurt Locker") zeichnet ihn als netten Typ, der ansatzlos zu den skrupellosesten Taten fähig ist und Doug zur ewigen Freundschaft verpflichtet. Renner macht Jims ständig lauernde Gewalttätigkeit spürbar, der Showdown mit dem FBI - das nur auf einen Fehler der Gang wartet - scheint unausweichlich.

Und das sagt "Krone"-Kinoexpertin Christina Krisch zum Film:
Gesiebte Luft und Herzschmerz: Vor diesem Hintergrund inszeniert Ben Affleck ein Krimi-Drama, in dem er auch gleich den Hauptpart übernimmt: als Doug MacGray und Anführer einer räuberischen Gang, der sich in eine kurzfristig genommene und wieder freigelassene Geisel verliebt! Und gerade diese etwas unglaubwürdige Lovestory kollidiert mit dem ansonsten atmosphärisch einwandfreien und durchwegs exzellent besetzten Geld-Thriller, der in seinen besten Momenten an Scorseses "The Departed" erinnert. Brillant: Jon Hamm als FBI-Hai.

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