Feiert 70. Geburtstag

Suzi Quatro: Ewige Schlüsselfigur im Rock-Business

Musik
02.06.2020 06:00

Als sie 1973 mit ihrem Debütalbum die Rockwelt aufrührte, konnte man noch nicht ahnen, dass sie den Weg für Frauen im Rock‘n‘Roll dermaßen ebnen würde. Heute ist Suzi Quatro eine lebende Legende, voller Tatendrang und Kreativität. Am 3. Juni feiert sie ihren 70. Geburtstag. Wir haben sie zum Gespräch gebeten.

(Bild: kmm)

„Mein Einfluss auf die gesamte Rockszene? Das ist leicht zu beantworten. Ich habe die Türen für alle Frauen aufgebrochen.“ Suzi Quatro, tatsächlich kein Künstlername, findet im Interview mit der „Krone“ klare Worte. Wenige Stunden vor ihrem Auftritt in der ausverkauften Wiener Stadthalle F und wenige Wochen vor dem Shutdown der kompletten Kulturwelt war noch Zeit für einen gemütlichen Plausch mit der Frau, die dieser Tage ihren 70. Geburtstag feiert, aber physisch, als auch psychisch mindestens zwei Dekaden jünger wirkt. Mit ihrem Debütalbum 1973 stieß sie sich selbst ins Rampenlicht, Singles wie „Can The Can“, „48 Crash“ und „Daytona Demon“ eroberten nicht nur die Charts, sondern veränderten die gesamte Musikwelt nachhaltig. Noch vor einer Debbie Harry und einer Joan Jett lachte sie neben Filmikone Farah Fawcett von den Postern der Pubertierenden. Natürlich in ihrem programmatischen Einteiler mit Reißverschluss, der wenig Platz für den Körper, aber umso mehr für die Fantasie vorsah. So war das eben, in den frühen 70er-Jahren.

Rock-Pionierin
„Vor mir gab es in dem Business keine Frau, die Erfolg hatte. Egal, ob als Bassistin, Sängerin oder allgemein als Rockmusikerin. Der Grund für meinen Erfolg war, dass ich nie bewusst feministisch dachte, sondern mich einfach nur als Musikerin sah. Mein größter Erfolg überhaupt in meiner Karriere war, dass ich den Weg für Frauen in der Rockmusik bereitet habe - und das, ohne bewusst eine weibliche Musikerin zu sein.“ Über die Ansichten des Feminismus der damaligen Zeit lässt sich gut diskutieren, nicht aber über die Präsenz, mit der Quatro die Rockszene in den 70er-Jahren nachhaltig veränderte. Wie für alle Pionierinnen war auch der Weg für Quatro nicht einfach. In einer männerdominierten, von Machismen durchzogenen Szene der Eitelkeiten kämpfte sie wie eine Bärin für Erfolg und Anerkennung. Gute Songs, Ehrlichkeit und Beharrlichkeit führten sie schrittweise an die Spitze.

„Dabei musste ich überhaupt nie Stufen erklimmen“, sagt sie mit bestimmter Miene, „ich habe einfach alles, was ich mache, immer todernst genommen. Ich hatte sehr viel Respekt vor mir selbst und wusste, dass ich sehr gut sein muss, um auch von anderen respektiert zu werden. Mir war wichtig, niemals von jemandem abhängig zu sein und alle Schritte im Leben aus der Seele und dem Herzen zu machen.“ Dass sie schon so früh in ihrer Karriere Hit um Hit landete, ließ sich die Sängerin niemals zu Kopf steigen. „Ich stand schon immer mit beiden Beinen fest am Boden. Ich habe meine Arbeit nie mit dem Ego betrachtet, sondern mit Stolz gesehen - das sind zwei grundverschiedene Paar Schuhe. Suzi Quatro gibt es auf der Bühne und privat. Natürlich gibt es da genügend Gemeinsamkeiten, aber auch ausreichend Unterschiede, die mir zeit meines Lebens wichtig waren.“

Heimat bleibt Heimat
Suzi Soul nannte sich Quatro nur ganz am Anfang ihrer Karriere. Da hat sie noch Balladen von Otis Redding interpretiert und sich die ersten Sporen auf der Bühne verdient. Ab dem Debütalbum war sie eine konstante Größe im Showbusiness, hatte in den 70ern noch unzählige Hits und mit dem Chris-Norman-Duett „Stumblin‘ In“ 1978 die fast bei jedem großen Künstler vorhandene Nummer der persönlichen Scham, die man aber über die restliche Karriere hinweg nicht mehr sich selbst ablösen kann. Obwohl Quatro schon mit 21 nach Großbritannien zog und dort heute mit ihrem langjährigen deutschen Ehemann und Manager lebt, sieht sich die gebürtige Detroiterin immer noch als Amerikanerin. „Das wird sich auch nie ändern. Meine Familie und meine Kinder leben in England, aber es ist immer die neue Heimat. Meine Wurzeln sind in den USA und deine DNA wird sich nie ändern.“

Die Zahl 70 macht der Frontfrau überhaupt keine Sorgen. „Ich habe den 60. und 65. Geburtstag jeweils mit einer großen Party in Detroit gefeiert. Dieses Mal will ich das alles eher ruhig begehen. Mir sind Geburtstage aber ohnehin egal. Es ist eine weitere Zahl, was solls.“ Viel wichtiger ist ihr da schon die Betriebsamkeit. Touren ist aufgrund des Corona-Virus ohnehin nicht möglich, doch mit „No Control“ hat sie 2019 ein wirklich starkes neues Rockalbum veröffentlicht. Geschrieben und aufgenommen mit ihrem Sohn, was auch für eine erfahrene Künstlerin wie Quatro eine neue Erfahrung war. „Er hatte eine klare Vision vom Sound und mich in eine Position zurückgebracht, die ich verloren glaubte. Suzi Quatro klingt auf dem Album zeitgemäß und nicht nach Nostalgie.“ Die Familienbande hat beide gleichermaßen beflügelt. „Natürlich gab es dort und da Diskussionen, aber wir haben wirklich professionell gearbeitet. Wir schreiben übrigens auch schon gemeinsam am nächsten Album. Da könnte sich 2021 etwas tun.“

Liebkind der Working Class
Ein noch wichtigeres Projekt war eine Musikdokumentation über sie und ihre Karriere, die mittlerweile fertiggestellt und auch global ausgestrahlt wurde. „Das Feedback darauf war überwältigend und es war ein großer Traum, der mich die letzten Jahre verfolgt hat.“ Der Film von Liam Firmager lässt langjährige Wegbegleiter als auch Musiker wie Alice Cooper oder Debbie Harry zu Wort kommen und zeigt, warum Quatro mit ihrer ehrlichen und offenen Art gerade bei den „Working Class Heros“ in Europa und Australien stets einen hohen Stand hatte. Als nächstes soll auch noch ein Film über ihr Leben kommen. Nur ein Prinzip, hat sie bis heute streng durchgehalten: „Niemals über Politik zu reden, denn ich bin Entertainerin. Natürlich habe ich meine Standpunkte und Sichtweisen, aber das wird bei mir völlig von der Kunst getrennt. Ich bin hier, um die Leute zu unterhalten, und nicht, um sie zu belehren.“ Hoffentlich noch sehr lange - Happy Birthday!

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