Britisches Talent

Dan Owen: „Habe in den Pubs fürs Leben gelernt“

Musik
16.11.2019 07:00

Mit seiner brandneuen EP „Running To The Hills“ bestätigt der erst 27-Jährige Dan Owen, dass er zu den spannendsten und talentiertesten Singer/Songwritern aus England gehört. Mit uns hat der sympathische Vollblutmusiker noch einmal seine spannende Karriere rekapituliert, erklärt, warum das Touren mit Camper so magisch für ihn ist und weshalb es ihn trotz allen Trubels am Ende doch lieber aufs ruhige Land verschlägt.

(Bild: kmm)

Die einen haben erst vor wenigen Tagen ein bombastisches Open-Air-Konzert im neuen Wiener Neustädter Stadion angekündigt, der andere tingelt mit seinem Camper von Ort zu Ort, grillt sein Essen an örtlichen Seen und spielt vor einer Handvoll Musikliebhaber. Die einen haben mit „Run To The Hills“ einen Jahrhundert-Metalsong geschaffen, der andere taufte seine brandneue, samtig-weiche EP „Running To The Hills“ und inszeniert sich selbst auf dem Comic-Coverartwork als der, der er eben ist: ein Wanderer zwischen Klängen und Welten, stets den Weg als Ziel sehend und immerfort kreativ. Ansonsten sind Iron Maiden und Dan Owen beide Briten, dann war es das aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Der 27-jährige Owen mit dem Teenager-Gesicht und einer durchdringenden Bass-Stimme ist aber nicht erst seit diesem Kurzwerk einer der spannendsten Singer/Songwriter der internationalen Szene. Sein Gespür für memorable Kompositionen und stichhaltige Texte hat er im Herbst 2018 im Wiener Flex bewiesen - auf eine livehaftige Fortsetzung in Österreich müssen wir indes noch etwas warten.

Ewige Erinnerungen
Die Tour im letzten Herbst ist dem sympathischen Jungspund aber noch gut in Erinnerung. Zu dritt im Camper durch 13 Länder, 26 Konzerte spielend und gesamt 7000 Meilen zurücklegend. Ein musikalisches Nomadenleben, wie es sich viele Erträumen, wofür aber nur wenige geschnitzt sind. „Ich war anfangs auf einem Majorlabel und wenn jemand an dich glaubt, dann gibt er dort mehr Geld für dich aus, als du dir vorstellen kannst“, resümiert er im Gespräch mit der „Krone“, „mittlerweile mache ich aber alles selbst und bin froh, wenn ich nach einer solchen Tour ohne Verlust aussteige. Es ist auch nur möglich mit meinen zwei besten Freunden eine solche Sieben-Woche-Reise anzutreten, denn sonst würden wir uns wohl die Schädel einschlagen. Die Erinnerungen an solche Ausflüge sind aber für immer und ewig gespeichert.“

Die große Konzertluft hat der Vollblutmusiker schon vor ein paar Jahren geschnuppert, als er mit der famosen Birdy in Europa unterwegs war - damals freilich nicht im eigenen Camper mit Esbit-Kocher und ungemütlichem Klappbett. „Ich kann mich noch sehr gut an den Auftritt im Wiener Konzerthaus erinnern, unglaublich. Ich habe weltweit kaum wo einen besseren Sound gehabt und die Leute haben sogar geschrien, als ich spielte. Ich weiß noch nicht mal, ob die wussten, wer ich bin, aber das Gefühl war gut“, lacht er, „außerdem macht meine Schwester gerade ihren Doktor und ist dafür in Wien. Nebenbei bin ich auch noch Onkel geworden, was natürlich noch viel schöner ist.“

Bier und Musik
Bevor es zu den träumerischen Europareisen und ersten Top-Konzerten kam, stählte sich Owen in den Pubs seiner Heimat. Dort durfte Owen schon als Kind mit, obwohl seine Eltern nicht wirklich musikalisch sind. „Für meinen Dad war es immer eine schöne Ausrede, ein paar Biere trinken zu können. Manchmal sind wir erst um 2 Uhr heim und um 6 musste ich aufstehen und in die Schule gehen. Ich habe mir die alten musikalischen Hasen angesehen und ihren Geschichten gelauscht. Noch heute bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass ich dort mehr fürs Leben gelernt habe als in der Schule.“

In der 70.000-Einwohner-Stadt Shrewsbury kennt man Dan noch als jungen Gitarristen und nicht als weltenbummelnden Musiker mit Chance auf eine wirklich große Karriere. „Daheim habe ich wirklich jedes Pub gespielt. Ausnahmslos. 15 Minuten spielen, dann ein Pint, dann wieder 15 Minuten spielen. Das war die pure Energie. Irgendwie sprach sich das herum und am Ende waren die Pubs voll bis ganz hinten. Es waren für mich die besten Lehrwerkstätten.“ Bekannt wurde er mit einem Cover des Allergrößten, Bob Dylan. „Ballad Of Hollis Brown“ hatte es Owen angetan, erstmals wurde er dank dem Internet auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt. „Anfangs wollte ich zu viel erzwingen. Ich ging nach Nashville, schrieb schnell fünf Songs und traf den legendären Willie Nelson auf einer Party. Ich musste erst lernen, auf die Bremse zu treten, weil man sonst alles übereilt.“

Trauerverarbeitung
Den wichtigsten Ratschlag bekam er vom legendären Mick Fleetwood, den er ebenfalls in den USA kennenlernte. „Du wirst nur gute Sachen erleben, wenn du die schlechten im Leben annehmen kannst.“ Mit dieser Prämisse im Kopf fertige Owen sein Debütwerk „Stay Awake With Me“, eine samtnostalgische Rückschau auf sein buntes und ereignisreiches Leben. „Der wichtigste Song für mich war ,Fall Like A Feather‘, der meinem geliebten, verstorbenen Großvater gewidmet ist. Er starb zu Weihnachten 2017. Meine ganze Familie war da, aber ich spielte ein Konzert in Italien. Das hat mich mitgenommen und ich konnte die Sache erst verarbeiten, als ich ein paar Tage später daheim mit einem Kumpel diesen Song schrieb. Ich habe dann die Demoversion aufs Album gegeben. Sie ist zwar nicht sauber, aber pur und unverfälscht. Ich finde, das hat dieses Thema verdient.“

Owens Songs sind von einer gewissen Zeitlosigkeit durchzogen und folgen nicht zwanghaft Trends, was mitunter daran liegt, dass im jungen Musiker selbst eine „alte Seele“ steckt, die sich gerne durch die Platten der 70er-Jahre wühlt. In seiner Heimat war er früher immer „Blues Boy Dan“, davon hat sich Owen auch mit der EP „Running To The Hills“ endgültig emanzipiert. „Nur um das klarzustellen: ich liebe den Blues über alles. Der Spitzname kam auch nicht von ungefähr, aber ich höre heute auch Pop, Rock, Heavy Metal, EDM oder Reggae. Als ich meine ersten Songs selbst schrieb, war die ,Blues-Polizei‘ in meiner Heimat etwas außer sich, aber ich nun einmal Dan Owen und daran müssen sich auch andere gewöhnen.“ Auch vom „früher war alles besser“-Gedöns hält er wenig. „Bullshit. Hör dir doch nur Bands wie Greta Van Fleet, die Rival Sons oder Goodbye June an. Sie haben nur das Pech der späten Geburt, sind aber trotzdem allesamt hervorragende Musiker mit tollen Songs.“

Kind vom Land
Auch wenn die Karriere unaufhaltsam voranschreitet, will Owen die Camper-Romantik noch nicht ganz begraben. „Wir haben teilweise vier Tage lang nur eiskalt geduscht und durch irgendeinen Fehlmechanismus konnten wir nur Wasser laufen lassen, wenn das Fenster geschlossen war. Frag mich aber nicht warum“, erinnert er sich lachend zurück. Wichtig für das komplette Wohlbefinden ist dabei auch das private Glück. Mit seiner Freundin ist er schon mehr als eine Dekade zusammen, sie unterstützt die Träume des 27-Jährigen ohne Wenn und Aber. „Sie hat mich als jemanden kennengelernt, der in den West Midlands mit seiner Gitarre von Pub zu Pub zog. Wichtig ist nur, dass wir beide klare Ziele im Leben haben. Irgendwann ein Haus am Land und eine kleine Farm. Dafür arbeiten und sparen wir. Wir sind keine Kinder der Stadt.“ Bis dahin kann sich Owen noch den Traum des Nomadendaseins erfüllen - und sich dabei zu weiteren „Wandering-Songs“ inspirieren lassen.

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