Bis vor Kurzem sei noch der gesamte Unglücksbereich "bis zum letzten Ziegel" durchsucht worden, um sicherzugehen, dass sich niemand mehr im Schuttkegel befinde. Um 4.45 Uhr, rund 21 Stunden nach dem Unglück, konnte schließlich "Brand aus" gemeldet werden. Gegen 6 Uhr wurde der Einsatz der Feuerwehren an der Brandruine größtenteils abgeschlossen.
In Spitzenzeiten seien Tausend Leute am Unglücksort im Einsatz gewesen, berichtete Bürgermeister Matthias Stadler. Neben rund 600 Feuerwehrmännern und -frauen von etwa 30 Wehren war auch ein Großaufgebot von Rettungs- und Polizeikräften sowie Mitarbeitern des Wirtschaftshofes mit den Arbeiten beschäftigt. Über 700 Atemluftflaschen wurden von den Florianijüngern für die Arbeiten benötigt. Das sei "einzigartig in St. Pölten in den letzten Jahrzehnten", sagte Bezirksfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner. 440 Tonnen Schutt wurden großteils händisch entfernt und anschließend mit zahlreichen Lkw-Fuhren zur städtischen Mülldeponie gebracht.
Ehepaar samt Familie unter Trümmern begraben
Die fünf Leichen wurden bereits ins Landesklinikum St. Pölten gebracht, wo die Obduktion durchgeführt werde. Während es für die bei der Explosion im Haus Anwesenden praktisch keine Überlebenschance gab, verdankt ein Pensionisten-Ehepaar, das unter demselben Dach gewohnt hat, sein Leben einem Ausflug. Denn Gertrude (73) und Karl (70) H. waren über das Feiertagswochenende zu Bekannten nach Breitenbrunn, ebenfalls in Niederösterreich, zu Besuch gefahren. Dort hatten sie noch am Vortag des Unglücks bei Arbeiten im Haus mitgeholfen.
Und noch eine St. Pöltnerin hatte gleichsam einen Schutzengel: Nämlich jene Krankenpflegerin, die sich seit fünf Jahren rührend um das betagte Künstler-Ehepaar gekümmert hat. Die Frau hätte nämlich – so wie immer – vor dem Zeitpunkt der Explosion gegen 7.55 Uhr bei dem Pensionistenehepaar sein sollen, um ihm beim Aufstehen und Frühstück zu helfen. Doch ausgerechnet an diesem verhängnisvollen Fronleichnamsmorgen hat die ansonsten überaus verlässliche Frau verschlafen – und wohl nur deshalb überlebt...
Heftige Explosion gegen 8 Uhr früh
Zu der Explosion war es am Donnerstag gegen 8 Uhr früh gekommen. Sie war so heftig, dass Nachbarhäuser massiv beschädigt wurden. Teilweise wurden die Fensterstöcke herausgerissen und 30 Meter weit weg geschleudert. Schwere Schäden gab es auch an in der Nähe geparkten Autos.
Sogar im Landhaus - geschätzte 300 bis 400 Meter Luftlinie entfernt - war die Explosion zu spüren. Binnen kürzester Zeit trafen zahlreiche Feuerwehren, Notarzt- und Rettungsteams am Unglücksort ein und begannen mit den Berge- und Aufräumarbeiten. Drei Anrainer mussten mit Rauchgasvergiftungen ins Spital gebracht werden.
"Nur noch Schuttberge gesehen"
"Ich bin hinaus und hab' die rauchenden Schuttberge gesehen. Da war mir sofort klar, dass das Nachbarhaus in die Luft geflogen ist", beschreibt Anrainer Josef Forster, der sich gerade rasieren wollte, die dramatischen Szenen von Donnerstag früh. Nur wenig später brachten ihn Feuerwehrhelfer aus der Gefahrenzone.
Auch für die 42-jährige Sabine Schweiger war die Gasexplosion ein Horrorerlebnis: "Ich bin in der offenen Tür gestanden, da hat mich die Detonationswelle zurück ins Haus geschleudert", erinnert sie sich, "noch bevor ich wieder auf den Beinen war, donnerte und schepperte es schon wieder." Augenzeuge Gerhard Winkler schilderte, vom Schock gezeichnet: "Schrecklich, überall Scherben, Trümmer – und der beißende Gestank mit der gigantischen Rauchwolke. Bei mir hat die Detonation sogar die WC-Anlage aus der Verankerung gerissen!"
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet
Spekulationen über die Unglücksursache oder einen möglichen Zusammenhang mit einem Stromausfall von Mittwochabend wollte man sich nach wie vor nicht hingeben. Brandtechniker vom Bundes- und Landeskriminalamt sollten Freitagvormittag ihre Ermittlungen am Unglücksort bzw. der städtischen Mülldeponie, wo der abtransportierte Schutt gelagert wurde, aufnehmen. Beide Bereiche wurden behördlich gesperrt. Unterdessen leitete das Landeskriminalamt Niederösterreich Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung bzw. fahrlässiger Gemeingefährdung ein.
An vorderster Stelle stünden nun die Betroffenen, so Bürgermeister Stadler. "Wir fühlen in diesen tragischen Stunden mit ihnen", zeigte er sich betroffen. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung und seitens der lokalen Unternehmen sei enorm gewesen - gut zwei Dutzend Wohnungen seien für die betroffenen Anrainer allein von Privatpersonen angeboten worden, dazu u. a. zahlreiche Zimmer in Beherbergungsbetrieben - weit mehr, als man gebraucht habe. "Die meisten Personen sind bereits wieder in ihren Häusern", sagte der Bürgermeister.
Zehn Tote bei Gasexplosion 1999
Das Geschehen erinnert an die Gasexplosion, die vor mehr als zehn Jahren - am 2. Dezember 1999 - ein Wohnhaus in Wilhelmsburg in einen gigantischen Trümmerhaufen verwandelte. Damals starben zehn Menschen.
Kronen Zeitung und krone.at
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.