Missbrauch in Kirche

Klasnic tritt Amt an ++ Verein: “Sie ist Täter-Beauftragte”

Steiermark
01.04.2010 19:07
"Täter-Beauftragte, nicht Opfer-Beauftragte", tönte am Donnerstag die "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" im Vorfeld des Antrittsbesuches der Steirerin Waltraud Klasnic bei Kardinal Christoph Schönborn. Die Ex-ÖVP-Politikerin sei zu kirchennah und nicht objektiv. Klasnic selbst versprach, sie werde unabhängig, ehrenamtlich und kooperativ arbeiten. Mit einem anderen Auftritt spielte sie ihren Kritikern allerdings in die Hände: Gemeinsam mit der Caritas fordert sie ein Sterbehilfe-Verbot in der Verfassung - ein bisher vor allem kirchliches Anliegen.

Die künftig von Klasnic geleitete "unabhängige Opferanwaltschaft" für Missbrauchsfälle in der Kirche hat am Donnerstag ihre Kontaktdaten bekannt gegeben. Die Telefonnummer 0664/9807817 und die E-Mail-Adresse opferschutz@gmx.at seien ab sofort freigeschaltet, sagte Klasnic in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kardinal Christoph Schönborn nach dem ersten Zusammentreffen im Erzbischöflichen Palais.

"Ich arbeite mit allen zusammen"
Als eine der ersten Aufgaben der Opferanwaltschaft sieht Klasnic die Vernetzung etwa des angekündigten staatlichen Runden Tischs, der diözesanen Ombudsstellen und der ihr unterstehenden Kommission. Auch mit den Opferorganisationen will Klasnic in Kontakt treten, sollten diese das wünschen: "Selbstverständlich, ich arbeite mit allen zusammen." Die neu eingerichtete Telefonnummer soll zudem nicht nur eine Ansprechstelle für Opfer, sondern für alle Menschen, "die etwas zu sagen haben", sein.

Kritik, Klasnic selbst sei etwa als Vorsitzende des Dachverbands Hospiz Österreich nicht unabhängig genug von der Kirche, ließ die Betroffene nicht gelten: "Ich bin Christin und auch Katholikin. Ich bin nicht bereit, aus welchem Grund auch immer, mich von dieser, meiner Kirche zu trennen." Ihre Aufgabe beinhalte hohe Verantwortung, "die ich aber auch mit Demut annehme". Ein solches Amt mache zudem Verschwiegenheit notwendig - "und für diese Verschwiegenheit möchte ich stehen".

Potenzielle Helfer "vom Richter bis zum Psychologen"
Kardinal Schönborn sicherte der Anwaltschaft nochmals Unabhängigkeit und die notwendige "finanzielle Ausrüstung" zu. Diese werde nicht aus den Kirchenbeiträgen kommen, so gebe es etwa noch Einkommen aus Grundstücken oder landwirtschaftlichen Betrieben. Bei der Entschädigung der Missbrauchsopfer in Kirchenkreisen vertraut der Wiener Erzbischof seiner eingesetzten Anwältin, die "ganz konkrete" Vorschläge machen werde. 

Klasnic erzählte, dass sich bereits viele Menschen gemeldet hätten, die in ihrer Kommission mitarbeiten wollten. "Vom Richter bis zum Psychologen, vom Militärfachmann bis zum Juristen" haben laut Klasnic schon viele Experten ihr Interesse an der Unterstützung der Kommission bekundet. Einige Kontakte seien schon "begonnen" worden. Namen werde es allerdings erst in den kommenden Wochen zu hören geben, so die ehemalige ÖVP-Politikerin.

Opfer-Plattform: "Klasnic ist eine Täter-Beauftragte"
Kein gutes Haar an Klasnic lässt hingegen die aus mehreren Organisationen (u.a. SNAP Österreich) bestehende "Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt": "Sie ist von der Kirche beauftragt, bezahlt und gelenkt und ihre Leiterin ist kirchennah. Was soll also dabei herauskommen?" "Klasnic ist eine Täter-Beauftragte, nicht eine Opfer-Beauftragte", meinte etwa Sepp Rothwangel, Leiter einer neu gegründeten Betroffenen-Gruppe. 

Die häufig erst in Gründung befindlichen Opfer-Vereine stürzen sich in ihrer Kritik vor allem auf Klasnics verschiedene Ämter in kirchennahen Institutionen. So hält sie hat den Vorsitz der "Freunde des Grazer Priesterseminars" und ist auch Vorsitzende des Dachverbandes Hospiz. In dieser Funktion trat sich auch vor dem Termin mit Schönborn am Donnerstag vor die Presse. Mit Caritas-Direktor Michael Landau schrieb sie einen Brief an sämtliche politische Parteien, der die Forderung nach einem Euthanasieverbot mit Verfassungsrang sowie den Ausbau der Hospizarbeit in Österreich beinhaltet. "Jeder Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben", so Klasnic, die von der Regierung 60 Millionen Euro für eine flächendeckende Hospizarbeit fordert. 

Die Sprecher der Opfergruppen orten auch eine Vorbelastung Klasnics in Sachen Verschleierung. In der Causa Herberstein, wo es zu Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Landesmitteln gekommen sein soll, habe Klasnic "wenig Gespür für Aufklärung und Transparenz gezeigt, weshalb sie letztlich abgewählt wurde", so die Plattform. "Insgesamt ist kaum nachvollziehbar, welche Qualifikationen die kirchenverbundene Klasnic für die Aufgabe prädestinieren, den größten Missbrauchsskandal der zweiten Republik aufzuklären."

Kommission soll neue Aufgabenstellung erhalten
Die Vereinigung regt eine neue Aufgabenstellung der von Schönborn eingesetzten Kommission an: Diese sollte kirchenintern in der Prävention von sexuellem Missbrauch aktiv werden. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte eine Anpassung der römisch-katholischen Sexualmoral an die Realität und vor allem an die Bedürfnisse der sexuell normalen Menschen sein.

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