Misstrauensantrag

Schreiduelle um die Pressefreiheit im Hohen Haus

Österreich
26.09.2018 19:40

Schreiduelle, Zwischenrufe, ständige Unterbrechungen - am Mittwochnachmittag ging es im Parlament heiß her. Grund dafür war eine Dringliche Anfrage der NEOS an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wegen eines Ministeriums-Mails, in dem von einer Beschränkung des Informationsflusses an „kritische Medien“ die Rede ist. Während die Oppositionsparteien Kickl massiv kritisierten, sprachen ihm die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ weiterhin ihr Vertrauen aus.

Kickl sprach von einem klaren Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Pressefreiheit. Weder er noch seine Mitarbeiter hätten diese je infrage gestellt oder in Zweifel gezogen, so der Minister, der dann auch zum Gegenangriff überging: Das Schreiben sei „das Gegenteil von Zensur“.

Kickl an Opposition: „Aufplustern ist auf Ihrem Mist gewachsen“
Der Opposition warf er eine bewusste Missinterpretation des Schreibens vor. „Diese Interpretation, das Aufplustern, das Ausrufen des Staatsnotstandes, das ist auf ihrem Mist gewachsen und entbehrt jedes Tatsachensubstrats“, so Kickl. Diejenigen, die den Vorwurf des Beschneidens der Pressefreiheit erheben, seien dieselben, die ihm etwa „vor Kurzem unterstellt haben, das BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Anm.) bewaffnet gestürmt zu haben“, sagte der Minister. Diese Vorwürfe würden in das Konzept der Opposition passen, „aber es sind keine Tatsachen“.

Verband Österreichischer Zeitungen interveniert
Scharfe Kritik übte Kickl auch daran, dass NEOS und SPÖ am Vortag kritisiert hatten, er wolle sich bei der Beantwortung der „Dringlichen“ durch Staatssekretärin Karoline Edstadler (ÖVP) vertreten lassen - eine Annahme, die sich später als eine irrtümliche Meldung seitens des Kanzleramtes herausgestellt hatte. „Wenn jetzt behauptet wird, es gäbe einen Maulkorb, eine Infosperre, einen Medienboykott oder einen Frontalangriff auf die Pressefreiheit, so ist das alles Schein und hat mit Sein nichts zu tun - und ist genauso falsch, wie Sie gestern behauptet haben, ich käme nicht hierher, um mich dem zu stellen“, so der Innenminister. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wandte sich an Kickl: Er solle sicherstellen, dass alle Medien „vollständig und diskriminierungsfrei“ informiert werden.

„Was für ein gestörtes Verhältnis haben Ihre Mitarbeiter zur Pressefreiheit?“
Die Oppositionsparteien zeigten sich empört über das Vorgehen des Ministeriums. „Herr Bundesminister, was für ein gestörtes Verhältnis haben Ihre Mitarbeiter eigentlich zur Pressefreiheit?“, fragte Nikolaus Scherak von den NEOS. Er sprach von einem „Frontalangriff auf die Pressefreiheit“, für die „selbstverständlich Kickl selbst“ verantwortlich sei. „Er ist der Chef und alles, was im Ministerium passiert, liegt in dessen Verantwortung.“ Die von Kickl vorgenommene „Distanzierung“ ändere grundsätzlich nichts an der Problematik. Hinter dem Vorgehen stecke ein „System, das einen Namen hat, nämlich Viktor Orban“, so Scherak in Anspielung auf den ungarischen Ministerpräsidenten: „zuerst Medien einschüchtern, dann zurückrudern und den Schaden bewusst in Kauf nehmen“.

Drozda: „Angriff auf die demokratische Republik“
In dieselbe Kerbe schlug der neue SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Er sprach von einem Angriff auf die demokratische Republik. Kickl werde aber mit der strikten Gegnerschaft der SPÖ rechnen müssen.

Auch Listengründer Peter Pilz versuchte, große Dimensionen herzustellen. Wie in anderen Staaten würden rechtsgerichtete Parteien versuchen, zunächst den Sicherheitsdienst zu übernehmen und danach Druck auf unabhängige Justiz und unabhängige Medien auszuüben.

Auch von der ÖVP kamen kritische Stimmen in Richtung Kickl. Der Abgeordnete Werner Amon zitierte dabei den Schriftsteller Bertolt Brecht: „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“

Kronen Zeitung/krone.at

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