Smartphone-Wucher

Handys werden teurer: 1150 € waren nur der Anfang

Digital
06.08.2018 14:34

Wer 2017 oder 2018 ein Smartphone der Oberklasse gekauft hat, musste feststellen, dass die Preise rasant steigen. Waren noch vor drei oder vier Jahren 600 bis 700 Euro für viele User die Schmerzgrenze beim Smartphone-Kauf, verlangen die Hersteller heute gerne 800 Euro und mehr für ihre Oberklasse. Apple nimmt gar 1150 Euro für sein iPhone X. Und ein Ende der Preistreiberei ist nicht in Sicht. Marktforscher gehen davon aus, dass das iPhone X nur der Anfang war.

Denn die Hochpreisstrategie funktioniert entgegen aller Unkenrufe exzellent, zeigt ein Blick auf die letzten Geschäftszahlen des iPhone-Konzerns. Apples iPhone X hat sich nicht nur gut verkauft, sondern das Unternehmen nebenbei noch zur ersten Billionen-Dollar-Firma an der US-Börse NASDAQ gemacht. Das teuerste iPhone ist also das profitabelste - und laut Apple-Boss Tim Cook auch das meistverkaufte.

Mit dem iPhone X, analysiert das IT-Portal „CNET“, habe Apple den Beweis erbracht, dass Smartphone-Käufer bereit sind, für ein Handy ähnlich viel, wenn nicht sogar mehr als für einen starken Laptop hinzublättern. Im September, wenn die nächste iPhone-Generation vorgestellt wird, wird Apple dann preislich in noch höhere Sphären vordringen, glauben Marktbeobachter. Wenn man 1150 Euro für ein Smartphone verlangen kann, findet man vermutlich auch Abnehmer für eines für 1250 Euro.

Alle Smartphone-Hersteller erhöhen die Preise
Apple sticht mit seinem über 1000 Euro teuren iPhone X zwar aus der Masse der Smartphone-Hersteller heraus, der Trend zum Hochpreis-Smartphone ist aber kein iPhone-Spezifikum. Alle großen Hersteller versuchen, es Apple gleichzutun und haben in den letzten Jahren teils erheblich an der Preisschraube gedreht. Samsung beispielsweise hat die Preise für seine High-End-Schiene Galaxy S seit 2016 um rund 15 Prozent angehoben, rechnet „CNET“ vor.

Dramatisch verteuert haben sich auch die Smartphones jener chinesischen Hersteller, die noch vor ein paar Jahren als Preis-Leistungs-Tipp gehandelt wurden. Huawei habe seine P-Serie seit dem Jahr 2016 in den USA um satte 33 Prozent verteuert. Der nicht zuletzt durch seine Kampfpreise groß gewordene Hersteller OnePlus hat die Preise für seine Top-Geräte seit 2016 ebenfalls um ein Drittel erhöht, in einigen Ländern zahlt man für OnePlus-Smartphones heute 40 Prozent mehr als 2016.

Hersteller wollen „Ultra-High-End“-Handys verkaufen
Fairerweise muss angemerkt werden, dass steigende Preise zumindest teilweise durch Inflation, teurere Komponenten und Forschung und Entwicklung bei den Herstellern verursacht werden. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Vielmehr sehen Marktbeobachter in den Preiserhöhungen der letzten Jahre den Versuch, eine neue Smartphone-Kategorie zu etablieren: das „Ultra-High-End“-Gerät. Die Luxus-Smartphones sind der Versuch der Hersteller, in einem gesättigten Markt, in dem die Käufer mittlerweile oft mehr als zwei Jahre bei einem Gerät bleiben, noch steigende Profite zu machen.

Zu sehen sind diese Bemühungen an den Durchschnittspreisen. „Obwohl die Smartphone-Verkäufe 2018 leicht sinken werden, wird der durchschnittliche Verkaufspreis auf 345 US-Dollar steigen - 10 Prozent über den 313 Dollar 2017“, weiß IDC-Analyst Anthony Scarsella. Ein Anstieg, der direkt durch die herstellerübergreifend immer teurer werdende Oberklasse verursacht wird.

Zumal die Hersteller auch keine großen Probleme zu haben scheinen, Abnehmer für ihre superteuren Smartphones zu finden. „Konsumenten sind bereit, einen Premium-Preis für ein Handy zu zahlen, weil es sich nachvollziehbarerweise um das wichtigste Produkt in ihrem Leben handelt“, sagt Ben Wood von CCS Insight. Der ständige mobile Begleiter, der alle Kommunikations-, Entertainment- und Fotobedürfnisse stillt, die der Durchschnittskunde hat, ist den Menschen offenbar viel wert.

Wie viel zahlen User für Edel-Smartphones?
Die Frage, die sich die Smartphone-Branche stellt, lautet: Wie viel? Eine ganze Menge, glauben Analysten - immerhin seien Smartphones nicht nur für viele ihr wichtigster Computer, sondern auch Statussymbol. „Die Herstellungskosten sind sicherlich gestiegen, aber ich glaube schon, dass man da auch eine Premium-Marge bezahlt, die von den Herstellern für ihre Flaggschiffe eingehoben wird, weil sie Statussymbole sind“, sagt Creative-Strategies-Nalaystin Carolina Milanesi.

Ein Blick auf den Automarkt genügt, um zu erkennen: Für ein täglich genutztes Statussymbol legen viele Menschen sehr viel Geld hin, weil es ihnen wichtig ist. Die 1150 Euro des iPhone X waren also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wirklich nur der Anfang. Analyst Wood bringt es auf den Punkt: „Als Apple das iPhone X für Tausend US-Dollar angekündigt hat, haben sie der gesamten Industrie einen Gefallen getan. Ich kann mir vorstellen, dass das auf den Gängen bei Samsung, Huawei und anderen für eine gewisse Freude gesorgt hat.“

Die Mittelklasse bleibt vorerst erschwinglich
Die gute Nachricht: Noch ist die Smartphone-Preistreiberei auf die Oberklasse beschränkt. Viel Konkurrenz in der Mittelklasse - auch durch neue Player wie Nokia - sorgt für die paradoxe Situation, dass man heute in der 300-Euro-Klasse Smartphones findet, die den edlen 900-Euro-Geräten in vielerlei Hinsicht gar nicht um so viel nachstehen.

Geräte wie das Nokia 7, das Xiaomi Mi Mix 2 oder das Moto G6 mit fast randlosen Displays, ergonomischem 18:9-Format, genug CPU-Power und alltagstauglichen Kameras zeigen: Für die meisten User ist die Mittelklasse heute völlig ausreichend. Zumindest, wenn man vor allem ein Smartphone und kein Statussymbol sucht.

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