Ehepaare vor Gericht

Die eigenen Kinder mit Folter-Videos „erzogen“

Steiermark
11.06.2018 14:18

Polizisten und Justizwachebeamte vor dem Eingang, einige im Gebäude und viele im Verhandlungssaal! Das Grazer Straflandesgericht glich am Montag einem Hochsicherheitstrakt, dabei sahen die vier Angeklagten, zwei Ehepaare bosnischer Abstammung, aber österreichische Staatsbürger, alles andere als furchterregend aus. Ihre Taten, sofern sie so passiert sind, waren es allerdings schon!

Während der eine Angeklagte die einstündige Darstellung des Staatsanwaltes ohne Regung zur Kenntnis nahm, wischte sich der andere immer wieder Tränen aus den Augen. Den vier Angeklagten (zwei Ehepaare) wird die Teilnahme an einer terroristischen Organisation (IS) sowie Quälen und Vernachlässigung ihrer insgesamt acht unmündigen Kinder vorgeworfen. Nachdem die vier Angeklagten vor Jahren in Graz einem radikal-islamistischen Gebetsverein (der Redaktion bekannt) beigetreten waren, bekamen die Kinder immer wieder grausame Propagandavideos zu sehen. „Sie mussten mit fünf, sechs, sieben Jahren Filme anschauen, in denen Menschen geköpft oder zu Tode gefoltert wurden“, prangerte der Staatsanwalt an. Im Dezember 2014 reiste man dann mit Sack und Pack von Graz aus nach Syrien, um sich dem IS anzuschließen, die acht Kinder sollten vor Ort eine entsprechende Ausbildung erhalten. Im April 2016 erfolgte die Flucht aus Syrien.

Urteil teilweise aufgehoben
Der 39-jährige Erstangeklagte wurde bereits rechtskräftig verurteilt, weil er für den IS Scharfschützen ausgebildet haben soll, außerdem wurde er vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Er wurde ebenso wie der zweite Mann und die 40-jährige Frau zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt, bei der 44-Jährigen blieb es bei neun Jahren. Das Urteil wurde teilweise aufgehoben, weil die Fragestellung an die Geschworenen nach Meinung der Höchstrichter nicht ganz korrekt war.

Einer der Verteidiger gab zu bedenken, man müsse bei der Bewertung der Anklage auch die „mediale Islamkritik“ berücksichtigen und nicht „Politik und Religion“ vermischen. „Hätten sie ihre Kinder in radikal-katholischem Sinn erzogen, würden wir nicht hier sitzen“, war der Anwalt überzeugt. Auch sein Kollege betonte, Islamophobie sei nicht Gegenstand der Verhandlung. Im Gegenzug hatte der Staatsanwalt in Hinblick auf den radikalen Glaubensverein zuvor betont, „der Staat hat viel zu lange weggeschaut, dass es solche Vereine gibt.“

Alle vier sind geständig, das Urteil der Schöffen wird am Dienstag erwartet.

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