Kommissions-Pläne

EU-Staaten sollen mehr Flüchtlinge aufnehmen

Ausland
02.09.2009 15:18
Die EU-Staaten sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig mehr Flüchtlinge aufnehmen. Die Brüsseler Kommission will die Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus Nicht-EU-Staaten durch ein gemeinsames Programm zur Neuansiedlung vorantreiben. Ziel der Initiative sei es, künftig mehr EU-Staaten an entsprechenden Programmen zu beteiligen, den Aufgenommenen ordentlich Schutz zu gewähren und größere Solidarität mit Drittstaaten zu zeigen, heißt es in einem Entwurf, den der zuständige EU-Justizkommissar Jacques Barrot am Mittwoch in Brüssel vorlegte. Österreichs Innenministerin Maria Fekter zeigte Barrots Vorstoß die kalte Schulter.

Barrot wollte nicht über Zahlen der aufzunehmenden Flüchtlinge spekulieren, betonte aber: "Es ist auch Aufgabe der EU-Kommission, an die Pflicht zur Aufnahme von Flüchtlingen zu erinnern." Ein koordiniertes Vorgehen aller EU-Staaten auf freiwilliger Basis hätte den Vorteil, dass Expertenwissen geteilt werden könnte und die EU jährlich Prioritäten bei der Auswahl von Flüchtlingen vorlegen könnte. Außerdem wäre die gemeinsame Finanzierung solcher Programme besser zu gestalten. Bisher gebe es "einen Mangel an strukturierter Kooperation in der EU" in diesem Bereich, heißt es in dem Strategiepapier der Kommission.

Nur zehn EU-Staaten würden derzeit an jährlichen Programmen zur Neuansiedlung von Flüchtlingen teilnehmen, nämlich Schweden, Dänemark, Finnland, die Niederlande, Großbritannien, Irland, Portugal, Frankreich, Rumänien und Tschechien, kritisiert die Kommission. Andere Länder wie etwa Deutschland - unlängst bei der Aufnahme irakischer Flüchtlinge aus Syrien - würden sich ad hoc an solchen Programmen beteiligen.

Kommt das gemeinsame Ansiedlungsprogramm schon 2011?
Das gemeinsame Programm soll 2011 erstmals realisiert werden, sagte Barrot. Länder, die Flüchtlinge neu ansiedeln, sollen künftig extra Mittel aus dem mit 90 Millionen Euro dotierten EU-Flüchtlingsfonds erhalten, schlägt die Brüsseler Behörde vor. Nach Einschätzung des Flüchtlingshochkommissariats UNHCR gibt es weltweit zehn Millionen Flüchtlinge, 747.000 müssten neu angesiedelt werden, 203.000 allein im nächsten Jahr, betont die Kommission. 2008 wurden demnach 65.596 Flüchtlinge neu angesiedelt, davon 4.378 in einem EU-Land. Die Neuansiedlung ist neben freiwilliger Rückkehr und Asyl im Erstaufnahmeland eine dritte Lösung für Flüchtlinge in Not.

"Österreich wird sich nicht beteiligen"
"Österreich wird sich in absehbarer Zeit an keinen derartigen Programmen beteiligen", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Mit rund 13.000 Asylanträgen im Vorjahr gehöre Österreich nämlich nach wie vor zu den "am stärksten belasteten Mitgliedsstaaten". Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament und Ex-Innenminister Ernst Strasser nannte Barrots Vorstoß in einer Stellungnahme "weltfremd und eine vollkommen falsche Schwerpunktsetzung". Es sei vielmehr Aufgabe der Kommission, "dass innerhalb Europas eine gerechte Verteilung der Lasten und damit auch eine Entlastung Österreichs erfolgt".

Scharfe Kritik übte auch BZÖ-Europasprecher Ewald Stadler: "Wenn Kommissar Barrot allen Ernstes das Ziel hat, die Zunahme der illegalen Asylwerber dadurch zu bekämpfen, dass man diese legal ins Land holt, dann ist er endgültig rücktrittsreif." Auch Andreas Mölzer, FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, sprach sich gegen die Pläne aus, er befürchtet einen "dramatischen Anstieg der Massenzuwanderung aus der Dritten Welt". Europa brauche mehr Solidarität und mehr gemeinsames Vorgehen im Asylsystem, meinte hingegen die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

Malta wird derzeit "überflutet"
Parallel zu seinem Programm will Barrot auch die EU-interne Lastenverteilung bei der Flüchtlingsaufnahme vorantreiben. Malta könne als Land mit 400.000 Einwohnern keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen, appellierte er an die Solidarität der anderen EU-Staaten. Frankreich habe sich bereits zur Aufnahme von mehr als 90 Personen bereiterklärt. Beim nächsten Treffen der EU-Innenminister Ende September wolle er das Pilotprojekt zu Malta diskutieren, sagte Barrot. "Wenn es keine Solidarität gibt, wenn ein Mitgliedsland überflutet wird, werde ich wirklich sauer."

Kampf gegen illegale Einwanderung
Zugleich bekräftigte Barrot, er wolle im Kampf gegen die illegale Einwanderung mit der Türkei und Libyen enger zusammenarbeiten, da dies große Transitländer in die EU seien. Der EU-Vizekommissionschef kündigte dazu noch im September einen Besuch in Ankara an. Gemeinsam mit dem UNHCR will Barrot für beide Länder sicherstellen, wie Asylbewerber von illegalen Einwanderern unterschieden werden könnten.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt