Rückwärts gelebt

“Der seltsame Fall des Benjamin Button”

Kino
30.01.2009 13:27
„The Curious Case of Benjamin Button – Der seltsame Fall des Benjamin Button“, so der Titel dieser ungewöhnlichen Verfilmung unter der Regie von David Fincher und mit den Leinwandsolitären Brad Pitt und Cate Blanchett in den Hauptrollen, basiert auf einer verrückten Kurzgeschichte, die F. Scott Fitzgerald in den 20er-Jahren schrieb. Letzterer hatte sich zu diesem launigen Behufe von einem Mark-Twain-Zitat inspirieren lassen, das da lautet: „Das Leben würde unendlich viel glücklicher verlaufen, wenn wir mit 80 geboren werden würden, um uns langsam auf jugendliche 18 zuzubewegen“...

Absurdität und deren Erklärung, wenngleich literarisch verbrieft, bedarf einfacher Worte, wie etwa: Er kam zur Welt und lebte trotzdem weiter. Oder aber: Am Tag seiner Geburt ließ er das Alter hinter sich, um immer jünger zu werden. Ein grotesker Gedanke, gleichermaßen faszinierend wie irritierend. Aber vielleicht beginnt ja alles mit der Sehnsucht nach der Menschwerdung – und die ist ja an kein Alter gebunden.

Wenn aber dem betagten Körper nicht die wissende Reife verflossener Jahre innewohnt und das Dasein erst wieder ein einziger Lernprozess ist, der uns schmerzlich formt, scheint ein rückwärts gelebtes Leben mit einem Mal nicht minder kompliziert. Doch vielleicht geht es ja nur darum, Glücksmomente zu sammeln, früher oder eben später, gibt es doch für alles die rechte Zeit. Auch in der Liebe.

Als Kind ins Altersheim abgeschoben
New Orleans, 1918. Es ist dies die Nacht, da der Weltkrieg zu Ende geht, als Benjamin Button seinen ersten Schrei tut – und seine Mutter ihren letzten. Ein Bub, der nicht willkommen scheint, von greisenhaftem Äußeren, den der entsetzte Vater vor einem Altersheim deponiert. Hier, unter lauter an Lebensjahren reichen Menschen, wächst Benjamin auf, schon früh konfrontiert mit den tief greifenden Aspekten des Todes. Sein eigener Alterungsprozess scheint sich jedoch nach und nach in jugendliche Vitalität zu verkehren. Das Kind im Mann lernt lesen und schreiben, begeistert sich für Shakespeare.

Irgendwann wird Benjamin ausbrechen, auf einem Schlepperboot anheuern und das Abenteuer atmen. Im russischen Hafen Murmansk erhält er seinen ersten Kuss – von einer einsamen Diplomatengattin (immer eine Offenbarung: Tilda Swinton). Doch die ihm bestimmte eine große Liebe schwebt indes als grazile Ballerina über New Yorks Bühnen. Es ist Daisy – Cate Blanchett –, die ihm schon als kleines Mädchen während ihrer Besuche bei ihrer Großmutter im Altersheim bis ins Herz sehen konnte. Irgendwann wird die Zeit für beide stillstehen. Es ist dies dieser eine selig machende Moment, der Menschen zu Paaren macht, wenn sich das Schicksal wie ein alter Hund zu unseren Füßen legt und sich ergibt – und wir uns mit ihm. Überglücklich.

Fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Pitt und Fincher
„Der seltsame Fall des Benjamin Button“ ist für Brad Pitt – nach „Sieben“ und „Fight Club“ – bereits die dritte Zusammenarbeit mit dem Kult-Filmemacher David Fincher, der Pitt abermals zu einer grandiosen, ja Oscar-reifen schauspielerischen Leistung anspornt. Und Brad Pitt beim Jüngerwerden zuzusehen, ganze 167 Minuten (!) lang, ist sowieso Kinovergnügen pur. Der sympathische Hollywoodstar und liebevolle Vollzeitvater von Angelina Jolies süßer Rasselbande, hat kein Problem mit seinem schrägen Filmleben gegen die Zeit: „Nur wer erwachsen wird und dabei ein Kind bleibt, ist ein Mensch.“

Von Christina Krisch, Kronen Zeitung

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