Härtere Strafen

Regierung verschärft das Sexualstrafrecht

Österreich
07.05.2008 21:50
Die Regierung hat am Mittwoch im Nationalrat, der sich mit der Inzest-Tragödie beschäftigte, ihre Absicht bekräftigt, ein umfassendes Maßnahmenpaket gegen sexuelle Gewalt mit 1. Jänner 2009 in Kraft treten zu lassen. Die Maßnahmen - Sexualstraftäterdatei, gerichtliche Aufsicht und Ausweitung von Tilgungsfristen - wurden schon im Jänner vereinbart, ein guter Teil ist bereits in Begutachtung. Neu ist auf Wunsch der ÖVP nur, dass bei besonders schweren Sexualdelikten die Tilgung ausgeschlossen ist. Außerdem soll sichergesellt werden, dass eine Adoption von Kindern für solche Personen künftig nicht mehr möglich ist. Der Nationalrat befasste sich am Mittwoch mit der Inzest-Tragödie von Amstetten.

Mit einer von SPÖ, ÖVP und Grünen unterstützten Entschließung stellten sich die Parlamentarier hinter die von der Regierung geplanten Maßnahmen. Öffentlich verkündet wurden sie von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) und Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) im Pressefoyer nach dem Ministerrat - und von Justizministerin Maria Berger (S) und Innenminister Günther Platter (V) im Nationalrat.

Berger und Platter zeigten sich in ihren Erklärungen vom Schicksal der Opfer des Inzest-Falles betroffen. Platter sprach vom "brutalsten und abscheulichsten Verbrechen, an das ich mich erinnern kann". Berger versicherte, alles zu tun, um einen "respektvollen Umgang" mit den Opfern sicherzustellen. In ihrem gemeinsamen Ministerratsvortrag hielten Berger und Platter fest, dass das Paket gegen sexuelle Gewalt keine "unausgegorene Ad-hoc-Gesetzgebung" in Folge des Amstettner Falles sei, sondern dass die Maßnahmen seit langem "wohl überlegt und fundiert ausgearbeitet" worden seien.

Berufsverbot und längere Tilgungsfrist
Berger hat schon in der Vorwoche das Zweite Gewaltschutzgesetz in Begutachtung gegeben. Dieses sieht eine gerichtliche Aufsicht für bedingt entlassene Sexualstraftäter vor: Das Gericht soll ihnen z.B. Therapien auftragen oder den Besuch bestimmter Orte, aber auch die Ausübung bestimmter Berufe verbieten können. In besonders schweren Fällen sollen Richter verpflichtet werden, ein Berufsverbot auszusprechen. Auch die Verlängerung der Tilgungsfristen bei rückfallsgefährdeten Tätern (aufs Doppelte) durch das Gericht ist in diesem Entwurf schon enthalten. Außerdem soll die Anzeigenpflicht etwa auf Schulärzte und Kindergärtner erweitert werden.

Das Gesetz soll, ebenso wie die Vorlage Platters für die Sexualstraftäterdatei noch vor dem Sommer durch den Ministerrat und dann im Herbst im Parlament beschlossen werden. Noch vor dem Sommer will Berger die Evaluierungsstudie zu den Strafhöhen im Sexualstrafrecht vorlegen; sie ist die Basis für die Diskussion über eine allfällige Erhöhung der Strafdrohungen.

Verschärfung des Adoptionsrechtes
Mit der ebenfalls seit langem geplanten umfassenden Reform des Adoptionsrechts sollen laut Berger Familiengerichte verpflichtet werden, bei Adoptionsanträgen künftig immer eine Strafregisterauskunft einzuholen. Dies ist für Gusenbauer wichtig: Es sei "völlig unvorstellbar", dass verurteilte Sexualstraftäter künftig noch Kinder adoptieren können, sagte er nach dem Ministerrat.

Kinderbeihilfe für die Opfer von Josef F.
Molterer teilte mit, dass die in Gefangenschaft gehaltenen Kinder von Josef F. rückwirkend die volle Kinderbeihilfe bekommen sollen. Nicht beschlossen wurde im Ministerrat vorerst die von Gusenbauer angekündigte Image-Kampagne angesichts der Berichterstattung in den internationalen Medien. Molterer sieht dazu derzeit keine Notwendigkeit.

Die Opposition deponierte ihre Kritik im Nationalrat; ihr gehen die Maßnahmen der Regierung - in verschiedene Richtungen - zu wenig weit. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sind Maßnahmen im Strafrecht allein zu wenig, er forderte mehr Prävention. Kindergärtner und Lehrer müssten sensibilisiert werden und insgesamt sei mehr Zivilcourage angebracht.

Radikale Forderung von Strache
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bekräftigte die Forderung nach lebenslanger Freiheitsstrafe für Sexualstraftäter und plädierte dafür, über die chemische Kastration nachzudenken. BZÖ-Chef Peter Westenthaler unterstrich seine kritische Haltung zu den Regierungsmaßnahmen - er vermisst z.B. eine vierteljährliche Untersuchung von Vorschulkindern auf Spuren von Gewalt - mit einem Misstrauensantrag gegen Berger. Dieser blieb erwartungsgemäß in der Minderheit.

Keine Image-Kampagne
Die zuletzt von Gusenbauer angekündigte Image-Kampagne angesichts der Berichterstattung in den internationalen Medien wurde zumindest vorerst nicht beschlossen. Molterer erklärte, er sehe dazu derzeit keine Notwendigkeit.

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