800.000 $ pro Schuss

Zu teuer: US-Zerstörer wird zum zahnlosen Ungetüm

Ausland
12.11.2016 08:23

Sie ist der ganze Stolz der US-Marine, die USS Zumwalt. Der Name des Kapitäns: James Kirk. So wie bei seinem berühmten Namensvetter, dem Sternenflotten-Kapitän der USS Enterprise, verläuft aber auch bei der Zumwalt, die als größter Zerstörer der Welt seit den Zeiten des Zweiten Weltkriegs gilt, nicht immer alles nach Plan. Denn das futuristische Tarnkappen-Kriegsschiff wurde de facto bereits zum zahnlosen Monster degradiert. Die Hightech-Munition - ein einzelnes Geschoss der beiden Hauptgeschütze schlägt mit stolzen 800.000 US-Dollar zu Buche - fiel dem Sparstift des Pentagon zum Opfer.

Dank umfangreicher Automatisierung kommt die knapp 190 Meter lange und 30 Knoten schnelle USS Zumwalt mit einer Besatzung von nur 146 Mann aus - der kleinsten auf einem US-Zerstörer seit den 1930er-Jahren. 78 Megawatt Strom kann das Schiff, das so groß wie ein Schlachtschiff aus dem Zweiten Weltkrieg ist, mittels Gasturbinen erzeugen - genug, um eine kleine bis mittlere Stadt zu versorgen. Der Lenkwaffenzerstörer ist zudem mit einem modernen Tarnkappensystem ausgestattet und kann aus insgesamt 80 Rohren Marschflugkörper und Raketen abfeuern. Gebaut wurde das Schiff mit einer Verddrängung von 15.000 Tonnen an der US-Ostküste, soll aber künftig im Pazifik zum Einsatz kommen.

Admiral: "Hätte Batman ein Kriegsschiff, wäre es wie die Zumwalt"
"Hätte Batman ein Kriegsschiff, wäre es eins wie die USS Zumwalt", war Admiral Harry Harris bei der feierlichen Indienststellung der Zumwalt Mitte Oktober voll des Lobes. Entwicklungs- und Produktionskosten in der Höhe von 4,4 Milliarden US-Dollar hätten allerdings selbst Batman alias Milliardär Bruce Wayne den Schweiß auf die Stirn getrieben. "Solange der Präsident und das amerikanische Volk einen unersättlichen Appetit auf Sicherheit haben, habe ich einen unersättlichen Appetit auf Dinge, die diese Sicherheit garantieren", wischte Admiral Harris bei der Feier in Baltimore die gigantischen Kosten noch beiseite.

Schiff verfeuert 800.000 US-Dollar pro Schuss
Doch nur einen knappen Monat später wurde dem Kriegsschiff bereits von Washington eine folgenschwere Diät verordnet. Laut Insider-Informationen der Nachrichtenseite "Defense News" habe das Pentagon bei der Munition für die Hauptwaffen des Schiffes den Sparstift angesetzt. Ein einziger Schuss mit einer der 155-mm-Kanonen hätte demnach mit 800.000 US-Dollar zu Buche geschlagen. Das Abfeuern der beiden Hauptgeschütze - jeweils zehn Schüsse in 60 Sekunden - würde im Minutentakt 16 Millionen Dollar verschlingen, rechnete das Magazin vor. Das war dann selbst dem US-Militär zu teuer.

Bei den neuen Hauptgeschützen der USS Zumwalt handelt sich um ein mit Tarnkappentechnik ausgestattetes Advanced Gun System (AGS) des Rüstungskonzerns Lockheed Martin. Die Rohre verstecken sich in speziell geformten Türmen auf dem Vorderdeck des Schiffes, sie werden nur zum Feuer ausgefahren. Neben der weitgehenden Automatisierung der Kanonen - das Ausrichten und Laden erfolgt automatisch, was Soldaten einspart - sollte das System vor allem dank der nun zu kostspieligen Munition (Long Range Land-Attack Projectile, LRLAP) glänzen. Ein LRLAP-Geschoss, etwa 100 Kilogramm schwer und rund 2,2 Meter lang, reicht laut Lockheed Martin über 120 Kilometer weit - so weit fliegt kein anderes von einem US-Kriegsschiff abgefeuertes Geschoss.

Das geführte Lenkprojektil schlägt dabei extrem präzise ein, weil sich neben dem GPS-System zur Navigation auch eine sogenannte Inertiale Messeinheit (IMU - Inertial Measurement Unit) an Bord des Zerstörers befindet. Durch diese IMU-Einheit arbeitet das GPS präziser, sie werden auch in Marschflugkörpern verwendet. Stimmen die Zieldaten, könnte man vom Schiff aus sogar in Straßenkämpfe in küstennahen Städten eingreifen, so Entwickler Lockheed Martin.

"Wir haben ein Problem mit dem Preisschild"
Gegenüber "Defense News" erklärte eine namentlich nicht genannte, hochrangige Quelle der Navy: "Wir haben keine Probleme mit der Kanone und keine Probleme mit dem ganzen Schiff. Wir haben ein Problem mit dem Preisschild." Selbst die 800.000 Dollar seien demnach eine optimistische Annahme. Zum Vergleich: Eine im Einsatz langbewährte Tomahawk-Rakete mit bis zu 2500 Kilometern Reichweite kann laut Angaben der Navy ab knapp 600.000 US-Dollar produziert werden. Die hohen Produktionskosten der LRLAP-Geschosse seien vor allem auf das Schrumpfen der Zahl geplanter Schiffe der Zumwalt-Klasse zurückzuführen, so die Navy-Quelle gegenüber "Defense News".

Stückzahl der High-Tech-Zerstörer von 32 auf 3 verringert
Denn ursprünglich hatte das Pentagon geplant, gleich eine ganze Flotte der Tarnkappen-Zerstörer zu bauen. Doch weil sich schnell zeigte, dass die Kosten für die Technik gigantisch sind, werden statt ursprünglich 32 geplanten Schiffen letztlich nur drei der Zerstörer ausgeliefert werden. Und eben diese wesentlich geringere Stückzahl würde zu immens höheren Produktionskosten bei der Munition - bei gleichbleibenden Entwicklungskosten - führen.

Zumwalt muss mit alter Munition in See stechen
Dennoch wird der Zerstörer unter dem Kommando von Kapitän James Kirk künftig nicht unbewaffnet in See stechen müssen. Die Navy will als Ersatz für die LRLAP-Geschosse auf bereits existierende Entwicklungen setzen. Als eine mögliche Alternative habe etwa das bewährte Excalibur-System eine gute Chance, auf der USS Zumwalt zum Einsatz zu kommen. Bei diesem Geschoss liegen die Kosten derzeit bei vergleichsweise erschwinglichen 60.000 Dollar. Allerdings hat die Munition lediglich eine Reichweite von 50 Kilometern. Spekuliert wird auch über den Einsatz von Railguns, an deren Entwicklung die Navy schon länger arbeitet. Dabei erreichen Stahlprojektile durch elektromagnetische Impulse sehr hohe Geschwindigkeiten.

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