Nachdem die heftig umstrittene deutsche Pkw-Maut am Freitagvormittag vom Bundesrat in Berlin endgültig durchgewunken wurde, ist Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) der Geduldsfaden gerissen: In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte er, man werde - wie bereits mehrmals zuvor angedroht - vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen das Projekt klagen. Die deutsche "Ausländermaut" sei eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit".
Das Gesetzespaket zur sogenannten Infrastrukturabgabe hatte am Freitagvormittag den deutschen Bundesrat passiert. Damit ist die letzte Hürde für die Pkw-Maut genommen. Die Maut-Gesetze, die ab 2019 exekutiert werden sollen, sehen vor, dass Autofahrer für die Benutzung deutscher Autobahnen Vignetten erwerben, deren Preise vom Hubraum und der Umweltfreundlichkeit des Autos abhängen. Fahrzeughalter aus Deutschland werden allerdings in mindestens gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet. Unterm Strich sollen die Ausländer dann jährlich gut 500 Millionen Euro für die Infrastruktur aufbringen.
"Vorgehen der EU-Kommission ist ein Skandal"
Für Leichtfried ist dies inakzeptabel und eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit". "Wir werden gegen die Maut klagen", sagte er in Wien. "Mein Europa ist ein Europa, in dem die Stärke des Rechts gilt und nicht das Recht des Stärkeren." Scharfe Kritik übte der Minister auch an der EU-Kommission, die sich mit Deutschland auf einen Kompromiss bei der Pkw-Maut geeinigt hatte: "Das Vorgehen der Europäischen Kommission ist ein Skandal."
Wann genau Österreich die Klage beim EuGH einbringen wird, ist derzeit noch offen. Die EU-Kommission müsse das Vertragsverletzungsverfahren niederlegen, dann sei die Klage möglich, so Leichtfried. Laut dem Verkehrsminister hat Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) die Maut-Causa bereits mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonisch besprochen.
Die EU-Kommission wollte am Freitag keine Bewertung der österreichischen Ankündigung einer Klage abgeben. Generell wurde darauf verwiesen, dass es das Recht jeden Landes sei, gegen Entscheidungen eines anderen Landes vor den EuGH zu gehen. Ein neues Gutachten des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer macht jedenfalls deutlich, dass die Pläne unserer Nachbarn diskriminierend sind und eine Klage dagegen gute Chancen hätte.
Die wichtigsten Bestimmungen zur Pkw-Maut
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.