"Diskriminierung"

Deutsche Maut fixiert: Österreich zieht vor EuGH

Österreich
31.03.2017 12:40

Nachdem die heftig umstrittene deutsche Pkw-Maut am Freitagvormittag vom Bundesrat in Berlin endgültig durchgewunken wurde, ist Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) der Geduldsfaden gerissen: In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte er, man werde - wie bereits mehrmals zuvor angedroht - vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen das Projekt klagen. Die deutsche "Ausländermaut" sei eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit".

Das Gesetzespaket zur sogenannten Infrastrukturabgabe hatte am Freitagvormittag den deutschen Bundesrat passiert. Damit ist die letzte Hürde für die Pkw-Maut genommen. Die Maut-Gesetze, die ab 2019 exekutiert werden sollen, sehen vor, dass Autofahrer für die Benutzung deutscher Autobahnen Vignetten erwerben, deren Preise vom Hubraum und der Umweltfreundlichkeit des Autos abhängen. Fahrzeughalter aus Deutschland werden allerdings in mindestens gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet. Unterm Strich sollen die Ausländer dann jährlich gut 500 Millionen Euro für die Infrastruktur aufbringen.

"Vorgehen der EU-Kommission ist ein Skandal"
Für Leichtfried ist dies inakzeptabel und eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit". "Wir werden gegen die Maut klagen", sagte er in Wien. "Mein Europa ist ein Europa, in dem die Stärke des Rechts gilt und nicht das Recht des Stärkeren." Scharfe Kritik übte der Minister auch an der EU-Kommission, die sich mit Deutschland auf einen Kompromiss bei der Pkw-Maut geeinigt hatte: "Das Vorgehen der Europäischen Kommission ist ein Skandal."

Wann genau Österreich die Klage beim EuGH einbringen wird, ist derzeit noch offen. Die EU-Kommission müsse das Vertragsverletzungsverfahren niederlegen, dann sei die Klage möglich, so Leichtfried. Laut dem Verkehrsminister hat Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) die Maut-Causa bereits mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonisch besprochen.

Die EU-Kommission wollte am Freitag keine Bewertung der österreichischen Ankündigung einer Klage abgeben. Generell wurde darauf verwiesen, dass es das Recht jeden Landes sei, gegen Entscheidungen eines anderen Landes vor den EuGH zu gehen. Ein neues Gutachten des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer macht jedenfalls deutlich, dass die Pläne unserer Nachbarn diskriminierend sind und eine Klage dagegen gute Chancen hätte.

Die wichtigsten Bestimmungen zur Pkw-Maut

  • Die Maut gilt für Autos und Wohnmobile, aber nicht für Motorräder oder Kleinlastwagen.
  • Sie gilt zwar theoretisch auf Autobahnen und Bundesstraßen, für ausländische Fahrzeughalter wird sie aber auf Bundesstraßen ausgesetzt, um den kleinen Grenzverkehr nicht zu belasten.
  • Die Gebühr wird über eine elektronische Vignette kassiert, es gibt also keine Aufkleber für die Windschutzscheibe. Dabei wird das Kennzeichen gespeichert und bei Kontrollen elektronisch überprüft. Die Daten dürfen nur für diesen Zweck erfasst und genutzt werden. Die Gebühr kann direkt von zu Hause über das Internet oder auch an Tankstellen bezahlt werden.
  • Fahrzeughalter aus Deutschland müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen, die für Bundesstraßen und Autobahnen gilt. Je nach Wagentyp und Schadstoffausstoß kann sie bis zu 130 Euro kosten. Allerdings werden die Halter über die Kfz-Steuer in mindestens gleicher Höhe wie der Maut-Beitrag wieder entlastet. Es zahlen unterm Strich also nur Ausländer.
  • Ausländer können statt der Jahresvignette auch Kurzzeitvignetten zwischen zehn Tagen und zwei Monaten kaufen. Für umweltfreundliche Kleinwagen kostet die günstigste Variante 2,50 Euro. Auch dies soll den Grenzverkehr erleichtern und war auf Druck der EU verankert worden. Der Schadstoffausstoß bei der Festlegung der Gebühr wurde stärker als ursprünglich geplant berücksichtigt.
  • Die Maut soll dem deutschen Staat nach Angaben von Verkehrs- und Finanzministerium jedes Jahr gut 500 Millionen Euro durch die Beiträge der Ausländer bringen. Zuvor müsse aber noch ein Einmal-Beitrag für den Aufbau des Erfassungssystems abgezogen werden. Experten halten die Berechnungen für zu optimistisch.
  • Der Aufbau des Systems sowie die Ausschreibung für den Betrieb werden Zeit kosten. Es wird daher damit gerechnet, dass die Maut frühestens ab 2019 kassiert werden kann.
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