Wahlen 2006

“Krone”-Gastkommentar von Hans-Peter Martin

Österreich
29.07.2006 18:51
EU-Abgeordneter Hans-Peter Martin will bei der Nationalratswahl am 1. Oktober antreten. Das gab Martin Samstagnachmittag in einer schriftlichen Erklärung bekannt. Antreten wird der 49-Jährige mit der "Liste Dr. Martin - für Demokratie, Kontrolle, Gerechtigkeit". Martin bittet im folgenden Gastkommentar in der "Kronenzeitung" um Unterstützungserklärungen für seine Bürgerliste:

Es lebe die Bürger-Republik!
Über Verantwortung darf man nicht nur sprechen, man muss sie auch wahrnehmen. Als Volksvertreter in Brüssel war ich bislang darum bemüht. Diese Zeilen können jetzt zu meinem folgenreichsten politischen Artikel in Österreich werden.

Denn seit der EU-Wahl 2004 haben mir Tausende Landsleute geschrieben. Fast immer war damit die Bitte verbunden, auch in Österreich direkt aktiv zu werden. Das möchte ich hiermit verantwortungsvoll auf den Weg bringen durch eine unabhängige Bürgerliste Martin für Demokratie, Kontrolle, Gerechtigkeit. Damit sie bei den Nationalratswahlen am 1. Oktober kandidieren kann, sind bis zum 25. August österreichweit 2600 Unterschriften von wahlberechtigten Unterstützern nötig.

Eine solche Bürgerliste ist eine echte Alternative, denn es wären freie Bürger und keine Parteifunktionäre, die sich den Wählern stellen.

Es ist doch unerträglich geworden, wie empörend sich die herkömmlichen Parteien in Österreich benehmen. Es ist eines demokratischen Staates unwürdig, wie sehr noch immer Freunderlwirtschaft und Parteienfilz in den Alltag eingreifen. Und es ist beschämend, wie nicht Offenheit und Können, sondern vielerorts Parteifunktionäre und Günstlinge, Kammer- und andere Apparatschiks über berufliche und persönliche Existenzen von so vielen Menschen bestimmen. Und trotz aller Versprechungen würgt eine völlig überteuerte Bürokratie das Land. Gleichzeitig wird es für die Mehrheit der Österreicher immer schwieriger, trotz größerer Anstrengungen ein faires finanzielles Auslangen zu finden. Die Gerechtigkeitslücke wächst.

Es ist auch ein bedrückender Skandal, dass sich weiterhin Bürgerinnen und Bürger vor negativen Folgen fürchten müssen, wenn sie in aller Offenheit nur ihre Meinung sagen. Dazu passt, dass lediglich 15 Prozent der österreichischen Journalisten sich selbst als unabhängig einstufen. Und nur in Japan erhalten die politischen Parteien je Einwohner noch mehr Steuergelder als in Österreich. In unserer kleinen Republik sind es jährlich mehr als 150 Millionen Euro, dazu eine unerforschbare Summe an indirekten Zuwendungen und Spenden. Und in keinem anderen untersuchten Land der Welt gibt es so wenig Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Die skandinavischen Länder gelten dem anerkannten schwedischen Idea-Institut zufolge als vorbildlich, Deutschland landet im Mittelfeld, Österreich hingegen mit null von zwölf möglichen Punkten an letzter Stelle  hinter Bangladesch. Eher werden Österreichs Fußballer 2008 brillant Europameister, als dass Österreichs Parteien ihre Macht und Privilegien einschränken und sich endlich auf zukunftsfähige Lösungen konzentrieren. Die meisten Funktionäre sorgen sich allenfalls um sich und ihre Haberer, selbstlose Parteimitarbeiter wurden zur Ausnahme.

Das muss und kann sich ändern. Österreich kann doch viel mehr. Politikinteressierte Menschen kennen im Zeitalter des Internets oft viel bessere Sachlösungen als diese ewigen Sitzungsgremienhocker in herkömmlichen Parteien. Bereits 42 Prozent aller Österreicher wollen noch etwas anderes als nur ÖVPSPÖFPÖGRÜNEBZÖ. Krankenpfleger oder Ärztinnen ohne Sitzungsmarathondeformationen kennen die zu lösenden Probleme oft viel besser, ebenso wie Handwerker, Kleinunternehmer oder Software-Spezialisten, Studentinnen oder Lehrer. Engagierte Bürger eben. Solche verantwortungserprobten Menschen, welche Politik als Aufgabe und nicht als Selbstzweck sehen, gehören ins Parlament  auf Zeit. Eine solche neue Bürgerliste braucht feste Grundsätze: Dazu gehört neben einer begründeten EU-Kritik das Engagement für direkte Demokratie und regelmäßige Volksabstimmungen, nicht nur zur EU-Verfassung. Politikerprivilegien müssen endlich bekämpft werden, auch inakzeptable Geschenke. Die Verwendung jedes Steuer-Euro gehört offen gelegt: Wer erhält wie viel an Subventionen  und wofür. Und eine Liste Martin wird sich für sparsames, vernünftiges Wirtschaften engagieren. Denn als Bürger wissen wir, wie schwer es ist, dieses Geld überhaupt zu verdienen. Zu den Prioritäten gehören selbstverständlich auch eine bessere Ausbildung, das Eintreten für die Neutralität und echter Tier- und Umweltschutz.

Wer solch konsequenten Demokraten die Chance zur Kandidatur eröffnen will, muss freilich eine international beispiellose bürokratische Hürde überwinden: Unterstützungswillige sollten jetzt so schnell wie möglich während der Amtszeiten persönlich mit einem Ausweis auf das Gemeindeamt oder das Magistrat ihres Hauptwohnsitzes gehen. Dort kann man das Unterstützungsformular der Liste Martin anfordern oder ein schon mitgebrachtes Formular (abrufbar unter www.eti.info) vor dem Beamten unterschreiben, bestätigen lassen und dann ans Büro Martin, Böcklinstraße 90, 1020 Wien, senden. Eine Kandidatur wird erst sinnvoll, wenn aus allen Bundesländern ausreichend Unterstützer-Unterschriften einlangen.

So absurd dies klingt: Wenn wir mehr Freiheit, Unabhängigkeit und Fairness wollen, ist zuerst diese Schikane zu bewältigen. Hiermit möchte ich Sie von Herzen einladen, daran mitzuwirken, der bisherigen Parteienherrschaft etwas entgegenzusetzen. Es lebe die Bürger-Demokratie !

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