Finanzskandal

Monika R. unter Tränen: “Habe alles für das Land getan”

Österreich
03.01.2013 21:05
Es hat sie viel Mut gekostet, sich öffentlich zu äußern. Ihr Name war binnen Stunden in ganz Österreich als "kriminelles Superhirn" gebrandmarkt worden. Sie soll das Bundesland mit Finanzgeschäften in die tiefste Krise seit 1945 gestoßen haben. Monika R. (im Bildvordergrund mit ihren Anwälten) spricht nun erstmals - unter Tränen - über ihre Sicht des Skandals: "Ich habe alles für das Land getan. Ich werde immer loyal sein."

Gefasst sitzt die aus der Nähe von Braunau stammende Monika R. (41) im zweiten Stock des Büros ihres Anwalts Herbert Hübel im hippen Salzburger Andräviertel. Um ihren Hals legt sich ein seidener Schal, ein schlichtes, goldenes Kreuz an einer Kette ziert ihr hochgeschlossenes Dekolleté, sie trägt dezentes Make-up und eine schwarz umrandete Brille.

Die Überwindung zu sprechen, aber gleichzeitig die Erleichterung darüber, ist ihr anzumerken. Höflich reicht sie die Hand, sie lächelt freundlich und kurz. Im Hintergrund stehen drei Geschwister und die Schwägerin: "Wir stehen Monika in diesen schweren Zeiten bei", sagen sie - R. nickt.

"Kein Wort ist wahr, das Geld ist da"
Dann geht es um die Vorwürfe der Salzburger Politik: Sie soll im Alleingang Millionen an den Börsen verspekuliert haben, noch dazu 445 weitere Millionen Euro, die für den Wohnbau bestimmt waren. "Kein Wort wahr, das Geld ist da! Schauen Sie, ich kann alles beweisen." Ruhig legt sie die Zahlen auf den Tisch, beantwortet und erklärt geduldig jede Frage und Ziffer aus dem Stegreif.

Beamte, Berater und Politiker schafften es bisher nicht, den Verbleib der 445 Millionen Euro zu klären. Am Mittwoch vermeldete Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, dass mit dem Geld Wertpapiere gekauft wurden, deren Werthaltigkeit aber nicht bekannt sei. "Ich bin fassungslos, was da gemutmaßt wird", sagt Monika R. Ihr zufolge war das Geld nie verschwunden, sondern stand offen im Budget.

Das Land Salzburg hatte sich 1,05 Milliarden bei der Bundesfinanzierungsagentur ausgeborgt. 605 Millionen gingen direkt an den Wohnbaufonds, der dafür Zinsen bezahlt. Die restlichen 445 Millionen habe das Land aufgenommen und sie - plus weitere zehn Millionen - zinsenfrei an den Fonds weitergegeben, so R. "Diese Zahlen stehen ganz offiziell in der Jahresbilanz des Fonds. Es wäre mir nie eingefallen, die Mittel aus Wien zu veranlagen - das ist verboten, das Land hätte Strafe zahlen müssen und keine günstigen Darlehen mehr bekommen. So etwas mache ich nicht."

"Ich bin so bitter enttäuscht"
Man merkt: Innerlich kocht die Frau, tief sitzen die Verleumdungen gegen ihre Person, die Hetzjagd ihrer Vorgesetzten, die eine Alleinschuldige für das unfassbare Salzburger Finanzdesaster suchten: "Ich habe alles für das Land getan. Und ich werde immer loyal sein. Ich bin so bitter enttäuscht, dass man mir nach 20 Jahren treuem Dienst so etwas antut."

Monika R. kann ihre Gefühle für kurze Zeit nicht mehr zurückhalten, Tränen der Wut und Ohnmacht schießen ihr in die Augen - wenige Sekunden später fängt sie sich wieder. "Ich habe immer geschaut, dass ich nichts im Alleingang mache. Auch bei den Fortbildungen nicht und bei meiner Zeit in Brüssel. Es war mir wichtig, dass auch ein Zweiter immer versteht, was wir machen", so R.

Verleumdungsklage gegen Burgstaller
Als Reaktion auf Burgstallers Vorwurf, mit den 445 Millionen Euro seien Wertpapiere angeschafft worden, kündigte Anwalt Hübel eine Klage gegen die Landeshauptfrau wegen Verleumdung und Kreditschädigung an. Burgstaller habe "eine unrichtige Äußerung zum Nachteil unserer Klientin" öffentlich abgegeben, welche "von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage" abweiche.

Abteilungsleiter Paulus suspendiert
Indes wurde am Donnerstag Finanz-Hofrat Eduard Paulus von seinem Amt suspendiert. Er stand seit Auffliegen der Affäre stets im Kreuzfeuer. Der Leiter der Finanzabteilung klagte bereits im September in internen E-Mails, dass wichtige Akten über Spekulationen nicht vollständig vorlagen. Die einzige Konsequenz, die der Milizoffizier bisher zog: Er stellte seine Funktion als Chef der Offiziersgesellschaft ruhend - aber in der Plattform für die Wehrpflicht arbeitete er weiter.

Nun holte ihn die Verantwortung im Salzburger Millionenskandal ein: "Wir haben neue Unterlagen und Protokolle von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller erhalten. Demnach war seit Februar 2009 bekannt, dass Salzburg gut 300 Millionen bei Spekulationsgeschäften verloren hatte - und Paulus wusste darüber Bescheid", hieß es im Büro des zuständigen Personal-Landesrates Sepp Eisl von der ÖVP. Er zog umgehend die Konsequenzen: Noch am Nachmittag wurde Paulus suspendiert. Eine Disziplinaruntersuchung, die gegen ihn schon läuft, soll in ein Disziplinarverfahren umgewandelt werden.

Paulus empört: "Ich bin das Bauernopfer"
Er habe erst am 26. November von Monika R. erfahren, dass sie Buchwerte versteckt habe, verteidigte sich Paulus am Donnerstag. Am 5. Dezember hätten seine Mitarbeiter von Urkunden erfahren, die R. gefälscht habe. "Ohne mich und meine Mitarbeiter wäre das heute noch unbekannt", sagte Paulus.

"Ich bin das Bauernopfer", empörte sich der suspendierte Hofrat. Er werde die Suspendierung vor Gericht bekämpfen, kündigte Paulus an. "Das ist ein charakterlich letztklassiges Verhalten unserer Spitzenpolitiker, das jeder sachlichen Grundlage entbehrt."

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