Causa Eurofighter

Insider skizziert möglichen Fluss der Bestechungsgelder

Österreich
27.11.2012 17:00
Die im Zuge des Eurofighter-Kaufs vereinbarten Gegengeschäfte sind in den vergangenen Wochen unter Verdacht geraten, ein wichtiger Teil der Schmiergeld-Causa rund um den umstrittenen Jet-Deal zu sein. "Ja, die Bestechung von Entscheidungsträgern im Fall Eurofighter wurde über die Gegengeschäfte abgewickelt", behauptet nun auch der Ex-Lobbyist eines großen Rüstungskonzerns im Gespräch mit der "Krone". Mit seinem Insiderwissen skizziert er den - bisher unbewiesenen - Transfer der Bestechungsgelder: "In unserer Branche macht das jeder so."

Stille im Besprechungsraum, dunkelbraune Ledersessel, zwei hohe Fenster mit Blick auf die Advent-Hektik im ersten Wiener Bezirk. Der Unternehmer kommt mit einem etwas dickeren Aktenordner unterm Arm ins Zimmer: "Diese Papiere hab' ich noch aus dem Tresor geholt. Keine Fotos, keine Tonbandaufzeichnungen. Bitte. Mit den Herrschaften von EADS und deren Freunden von der früheren DDR-Staatssicherheit will ich mich eigentlich nicht anlegen."

Er habe jetzt die neue Entwicklung bei der Aufarbeitung der Eurofighter-Gegengeschäfte beobachtet. "Einige Details sollte sich die Justiz dabei genau ansehen: Warum ist die gesamte Bundesregierung binnen weniger Stunden beim Ministerrat am 2. Juli 2002 plötzlich vom Eurofighter-Kauf überzeugt, obwohl man eigentlich die günstigeren Saab Gripen kaufen wollte? Was ist da in der Nacht passiert? Warum wurde dazu noch nie Wolfgang Schüssel von der Staatsanwaltschaft einvernommen?"

Und der Ex-Lobbyist wird konkreter: "Vielleicht hatte der Kanzler noch wichtigen Besuch am Abend vor dem Ministerrat – das müsste die Justiz doch interessieren."

Ermittler sehen keine Notwendigkeit für Schüssel-Befragung
Die Ermittler wollen den Ex-ÖVP-Chef aber derzeit nicht vorladen, teilte Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, auf Anfrage mit: "Für die Erhebungen sind jetzt nur die interessant, die operativ tätig waren. Wir sind dabei in Kontakt mit den Münchner Kollegen."

Zu diesen Ermittlungen in Deutschland und zum Auffliegen diverser Briefkastenfirmen meint der Unternehmer, der jahrelang für die Waffen- und Luftfahrtindustrie tätig war: "Die neuen Details zeigen, dass die Korruption von Entscheidungsträgern über die Gegengeschäfte gelaufen sein muss."

"Überzahlung bei Gegengeschäften"
Dazu skizziert der Unternehmer folgenden - mutmaßlichen - Ablauf des Geldtransfers: So hätte EADS für einen Auftrag bei einem der zahlreichen Gegenschäftspartner, etwa Firma X, wesentlich mehr überweisen können, als die Lieferung tatsächlich wert gewesen sei. Dann hätte Gegengeschäftspartner X in der Höhe der Überzahlung eine Überweisung an eine Briefkastenfirma veranlasst. Von dort wären Überweisungen an die Entscheidungsträger beim Eurofighter-Ankauf - Jahre nach Vertragsabschluss - unauffällig möglich.

Als einer der möglichen Masterminds dieses Netzes an Briefkastenfirmen gilt Gianfranco Lande: Die italienischen Zeitungen nennen den Millionen-Jongleur, der jetzt wegen Verdachts der Veruntreuung von Anlegergeldern in Haft sitzt, "Madoff von Parioli". Laut Staatsanwaltschaft München soll der charismatische Lande zumindest 49,5 Millionen Euro an diverse Gegengeschäftsvermittler weitergeleitet haben.

Vorwurf gegen Charity-Verein
Aber es soll noch eine zweite, bisher unbekannte Variante des Geldtransfers existieren. Der Insider in der Waffenindustrie deckt eine ganz neue Spur in diesem Wirtschaftskrimi auf: "Die Gegengeschäftspartner hätten das Geld auch an eine überaus bekannte Charity-Organisation spenden können." Ein Wohltätigkeits-Verein könne demnach weit unauffälliger die Gelder transferieren, auch auf Konten im Ausland.

Der Name dieser konkret verdächtigten Charity-Organisation ist der "Krone" bekannt. Und vielleicht nur ein Zufall: Zwei bei großen Korruptionsaffären bereits beschuldigte prominente Österreicher finden sich im Vorstand und im Beirat dieses Vereins. Die Staatsanwaltschaft wurde informiert.

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