Vor EU-Krisengipfel

Monti warnt: “Dann wird der Euro zur Hölle fahren”

Wirtschaft
28.06.2012 10:10
Wenige Stunden vor Beginn des EU-Krisengipfels in Brüssel haben am Donnerstag zwei wichtige europäische Staatschefs für Aufregung gesorgt: Während die deutsche Kanzlerin Angela Merkel das Papier von Ratspräsident Herman Van Rompuy zur Bewältigung der Krise ungewöhnlich scharf kritisierte, warnte Italiens Ministerpräsident Mario Monti vor einer möglichen "Katastrophe", sollte es bei dem Treffen zu keiner Einigung kommen. Wenn die Italiener entmutigt würden, könne das "politische Kräfte" freisetzen, die die europäische Integration und den Euro "zur Hölle fahren lassen", erklärte er.

Monti spielte dabei vor allem auf die derzeit hohen Zinsen für italienische Staatsanleihen an, die am Mittwoch auf den höchsten Wert seit Dezember geklettert waren - und das, obwohl Italien große Opfer gebracht und die Schulden unter Kontrolle bekommen habe, erklärte der Premier. Mit seinen Aussagen erhöhte er jedenfalls den Druck auf die anderen Staaten. Bereits vor dem Treffen erklärten EU-Diplomaten, dass es bei dem Gipfel auch um die Entlastung der beiden Krisenländer Italien und Spanien gehe, um die Euro-Zone kurzfristig abzusichern.

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Merkel geht auf Konfrontation
Bereits zuvor war die deutsche Kanzlerin Merkel ungewöhnlich scharf auf Konfrontationskurs zur EU-Spitze um Van Rompuy gegangen. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag äußerte sie am Mittwoch heftige Kritik am Papier zur Bewältigung der Schuldenkrise, das eine Gruppe um Van Rompuy als Grundlage für das zweitägige Treffen in Brüssel vorgelegt hatte. "Ich widerspreche entschieden der in dem Bericht niedergelegten Auffassung, dass vorrangig der Vergemeinschaftung das Wort geredet wird", sagte Merkel. Erst an zweiter Stelle würden Kontrolle und einklagbare Verpflichtungen genannt. "Somit stehen Haftung und Kontrolle in diesem Bericht in einem klaren Missverhältnis."

Ausdrücklich warnte sie vor "Scheinlösungen und Augenwischerei" auf dem Gipfel. Um das Vertrauen der Welt in Europa zurückzugewinnen, seien eine klare Haushaltskonsolidierung, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und intelligente Wachstumsimpulse nötig. Dies gehe nur in einem Prozess und nicht mit einem "Befreiungsschlag". Deutschland sende mit einer ernsthaften nationalen EU-Debatte und der bevorstehenden Ratifizierung des Fiskalpakts und des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM ein "starkes Signal nach innen und außen".

"Keine Euro-Bonds, solange ich lebe"
Bei einem Treffen am Abend mit Frankreichs Präsidenten Francois Hollande in Paris äußerte sich Merkel eher zurückhaltend. "Ich sage: Wir brauchen ein Mehr an Europa, und darin sind wir uns einig. Wir brauchen ein Europa, das funktioniert", sagte sie. "Und wir brauchen ein Europa, das sich gegenseitig hilft." Beide berichteten, dass es Fortschritte bei der Suche nach Auswegen aus der Euro-Krise gegeben habe. Hollande sprach von "Integration so viel wie nötig und Solidarität so viel wie möglich". "Wir wollen, der eine wie die andere, die Wirtschafts- und Währungsunion vertiefen - und morgen die politische", sagte er.

Das Treffen diente der Vorbereitung des Gipfels der Staats- und Regierungschefs Donnerstag und Freitag in Brüssel. Merkel und Hollande haben zum Teil unterschiedliche Positionen in der Krise. Der Staatspräsident sieht im Gegensatz zur Kanzlerin Euro-Bonds zumindest langfristig als geeignetes Mittel, um Spekulationsgeschäfte gegen Euro-Staaten zu unterbinden. Merkel hingegen sagte, Euro-Bonds werde es nicht geben - und zwar "solange ich lebe".

Vorschlag für Vergemeinschaftung der Schulden
An dem Einladungsschreiben zum Gipfel nach Brüssel hatten neben Van Rompuy auch Kommissionschef Jose Manuel Barroso, Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, mitgewirkt. Darin wird eine Diskussion um einen historischen Machtverzicht der nationalen Regierungen und Parlamente eröffnet.

Das Schreiben schlägt eine strikte Kontrolle der nationalen Haushalte, eine Kontrolle der Banken durch EU-Aufseher und mittelfristig eine Vergemeinschaftung der Schulden vor.

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